Das System der öffentlichen Haushalte - Wiki
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Zu beachten ist, dass es sich nicht um ein objektiv unvorhersehbares Bedürfnis handeln muss. Der<br />
Begriff „unvorhergesehen“ geht von einem subjektiven Maßstab aus, d.h. nur die Beteiligten - sei es<br />
auch irrtümlich - brauchen das Bedürfnis nicht vorhergesehen zu haben, auch wenn es bei richtiger<br />
Prognose vorhersehbar gewesen wäre.<br />
- unabweisbares Bedürfnis<br />
Dazu das BVerfG:<br />
„Nur wenn eine Ausgabe ohne Beeinträchtigung schwerwiegen<strong>der</strong> politischer, wirtschaftlicher o<strong>der</strong><br />
sozialer Staatsinteressen nicht mehr zeitlich aufgeschoben werden kann, besteht für sie ein unabweisbares<br />
Bedürfnis. Diese Schranke für die Kompetenz des Bundesministers <strong>der</strong> Finanzen bedeutet:<br />
Erst wenn eine Mehrausgabe so eilbedürftig ist, dass die Einbringung eines Nachtragshaushaltsplans<br />
o<strong>der</strong> eines Ergänzungshaushaltsplans o<strong>der</strong> schließlich ihre Verschiebung bis zum nächsten regelmäßigen<br />
Haushalt bei vernünftiger Beurteilung <strong>der</strong> jeweiligen Lage als nicht mehr vertretbar anerkannt<br />
werden kann, liegt ein Fall <strong>der</strong> Unabweisbarkeit vor.“<br />
Die Ausgabe muss also sachlich unbedingt notwendig und zeitlich unaufschiebbar sein.<br />
Bestehen Zweifel, ob <strong>der</strong> Haushaltsgesetzgeber rechtzeitig eine gesetzliche Bewilligung erteilen kann, so<br />
hat nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts <strong>der</strong> Bundesminister <strong>der</strong> Finanzen vor einer<br />
Entscheidung nach Art. 112 GG mit dem Haushaltsgesetzgeber Kontakt aufzunehmen. In § 37 Abs. 1<br />
Satz 4 BHO ist geregelt, dass es eines Nachtragshaushaltsgesetzes nicht bedarf, wenn die Mehrausgabe<br />
im Einzelfall einen im HG festzulegenden Betrag nicht überschreitet o<strong>der</strong> wenn Rechtsverpflichtungen zu<br />
erfüllen sind. In § 4 Abs.1 S. 1 HG 2008 ist <strong>der</strong> Betrag nach § 37 Abs. 1 Satz 4 BHO auf fünf Mio. € festgesetzt.<br />
Des Weiteren regelt § 4 Abs. 1 S.2 HG 2008 das sog. Konsultationsverfahren. Danach ist bei üpl. und<br />
apl. Ausgaben, die den Betrag von fünf Mio. €, im Falle <strong>der</strong> Erfüllung von Rechtsverpflichtungen einen<br />
Betrag von 50 Mio. € überschreiten, vor Einwilligung des BMF <strong>der</strong> Haushaltsausschuss zu informieren.<br />
Ausnahmen sind nur aus zwingenden Gründen möglich. Hierdurch wurde die Beteiligung des Parlaments<br />
gestärkt. Der Haushaltsausschuss ist auf diese Weise in die Entscheidung einbezogen, ob ein<br />
Nachtragshaushaltsverfahren - unberührt von § 37 Abs. 1 Satz 4 BHO - einzuleiten ist.<br />
Gemäß § 37 Abs. 4 BHO sind üpl. /apl. Ausgaben dem Bundestag und dem Bundesrat darüber hinaus<br />
vierteljährlich, in Fällen von grundsätzlicher o<strong>der</strong> erheblicher finanzieller Bedeutung unverzüglich<br />
mitzuteilen. Eine üpl. o<strong>der</strong> apl. Ausgabe von „grundsätzlicher Bedeutung“ wird in <strong>der</strong> Praxis<br />
angenommen, wenn die Mehrausgabe eine über den Einzelfall hinausgehende Auswirkung auf die<br />
Haushaltsentwicklung hat und die künftige Haushaltsgesetzgebung maßgeblich präjudizieren würde. Als<br />
ein Fall von „erheblicher finanzieller Bedeutung“ wird eine üpl. o<strong>der</strong> apl. Ausgabe dann eingestuft, wenn<br />
die Mehrausgabe im Einzelfall mehr als fünf Mio. € beträgt.<br />
Durch diese Mitteilungen wird die laufende parlamentarische Kontrolle <strong>der</strong> Anwendung des Art. 112 GG<br />
sichergestellt. Die Mitteilungen eröffnen den gesetzgebenden Körperschaften die Möglichkeit, zu<br />
Entscheidungen nach Art. 112 GG Stellung zu nehmen und ggf. die Regierung zu mahnen, in Zukunft<br />
restriktiver zu verfahren.<br />
3.2 Überplan- und außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen<br />
Die verfassungsrechtlichen Regelungen <strong>der</strong> Art. 110 ff. GG befassen sich nur mit den Ausgaben, nicht<br />
aber mit den Verpflichtungsermächtigungen (VE). <strong>Das</strong> GG räumt deshalb dem Bundesminister <strong>der</strong><br />
Finanzen mit Art. 112 auch nur für üpl. und apl. Ausgaben ein verfassungsrechtlich garantiertes<br />
Notermächtigungsrecht ein. Die Ermächtigung zur Erteilung von üpl. und apl. VE ist demgegenüber<br />
lediglich einfachgesetzlich in § 38 Abs. 1 Satz 2 BHO geregelt. Diese Vorschrift stellt jedoch klar, dass die<br />
Bewilligung einer üpl. o<strong>der</strong> apl. VE nur unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie für üpl./apl.<br />
Ausgaben gelten (unvorhergesehener und unabweisbarer Bedarf), möglich ist.<br />
Eines Nachtragshaushaltsgesetzes bedarf es nicht, wenn im Einzelfall <strong>der</strong> Gesamtbetrag <strong>der</strong> überplanmäßigen<br />
o<strong>der</strong> außerplanmäßigen VE einen im Haushaltsgesetz festzulegenden Betrag nicht überschreitet<br />
o<strong>der</strong> wenn Rechtsverpflichtungen zu erfüllen sind. In § 4 Abs. 2 HG 2008 ist <strong>der</strong> Betrag auf zehn<br />
Mio. €, für überplanmäßige o<strong>der</strong> außerplanmäßige VE, bei denen die Ausgaben nur in einem<br />
Haushaltsjahr fällig werden, auf fünf Mio. € festgesetzt.<br />
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