Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig ...

Digitale Bibliothek Braunschweig
P. J. MEIER
sprungliche Stadtbefestigung, das Plankenwerk oder den Hagen, beziehen,
dass sie also etwas ähnliches bezeichnen, wie der häufige Name Mauerstrasse,
der, wie wir sahen, in der Tat iri Stralsund an die Stelle der veralteten Reperund
Flachshagen getreten ist, und es ist weiter klar, dass, wenn z. B. in Hildesheim
die äusserste Strasse der Altstadt im Westen Langer Hagen heisst 1 ),
oder die entsprechende Strasse in Hornburg Hagenstrasse J ), daraus auf den
Charakter der ursprünglichen Befestigung an diesen Stellen ein Schluss gezogen
werden muss. Besonders wichtig aber ist der Strassenname Tünkenhagen
in Lübeck, weil er ein weiteres Zeugnis dafür ist, dass die Stadt ursprünglich
einen engeren Umriss besass, der im Osten in der beiderseitigen
'y' Fortsetzung der oben genannten Strasse, im Westen in den verschiedenen
'\ Dwasstrassen und ihren Fortsetzungen noch jetzt erkennbar ist.
Und wie steht es nun mit dem Braunschweiger Hagen?
Es ist seltsamerweise noch niemals 3 ) darauf geachtet worden, dass die Reimchronik
ganz bestimmte Angaben über die ursprüngliche Befestigung des
Hagens macht. Wir lesen V. 2678 ff.') in unmittelbarem Anschluss an die
Verse, die von der Ausgabe des Bleks durch Heinrich den Löwen erzählen:
und heyz mit howe und mit slage
iz buwen unte vesten,
daz iz vor argen gesten
sicher were osten, westen 6 ).
So deutlich, wie wir es nur wünschen könnten, wird also auch hier ein
Plankenwerk bezeugt, und wir brauchen nur darüber eine Entscheidung zu
treffen, ob wir es ausschliesslich mit einem hölzernen Verhau hier zu tun
haben, wie er uns in der Iivländischen Reimchronik überliefert wird, oder
mit einem aus Pallisaden, Wall und Graben bestehenden Werk. Ich möchte
mich, wie schon angedeutet ist, für die zweite Annahme entschliessen, ja man
könnte sogar vermuten, dass dafür ein bestimmtes Zeugnis bei Albert von
Stade vorliegt. Dieser berichtet nämlich zum Jahre 1 166: urbem fossa et
vallo circumdedi( 6 ). In der Regel versteht man hier unter urbs die Burg
I) Der dortige Kurze Hagen führt nicht an der Mauer entlang, sondern auf diese zu. Doch
trat uns ein ähnlicher Fall schon in Gandersheim entgegen, und es gibt auch Mauerstrassen
und Wallstrassen, von denen dasselbe gilt. ') Die dortige Knickstrasse ist nach dem Knick,
den sie bildet, genannt. Hornburg hat nur ein kurzes Stück Mauer besessen. ") So auch
nicht von Rietschel, Histor. Zeitschrift 3. Folge VI 2')6. 4) MG. D. ehr. 11. 6) Die
Westseite, wo Altstadt, Burg und Neustadt jenseits des Flusses lagen, brauchte freilich nicht
befestigt zu werden. Aber dass es sich hier nur um eine bequeme, für den Reim brauchbare
Redensart handelt, zeigt schon der Umstand, dass besonders der Norden ganz übergangen
wird. ") VYenn es sich auch um eine feste Mauer gehandelt hätte, wäre diese als der
kostspieligere Teil der Befestigung sicher ausdrücklich erwähnt worden.
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