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138 Katerina Kroucheva<br />
anekdotenhaften, meist um die zehn Zeilen kurzen Texten besteht, die bestimmten<br />
Themen zugeordnet sind, etwa ‚Несколько историй, случившихся с Мухиным<br />
во время тушения пожаров‘ ( ’ Einige Begebnisse, die Muchin beim Feuerlöschen<br />
widerfuhren‘), ‚Некоторые встречи Мухина с людьми, ему неизвестными, но,<br />
возможно, имеющими преступные намерения‘ ( ’ Einige Begegnungen Muchins<br />
mit ihm unbekannten, möglicherweise jedoch verbrecherische Absichten hegenden<br />
Personen‘) oder ‚Чуть-чуть о поведении Мухина в дороге‘ ( ’ Ein wenig über<br />
Muchins Verhalten auf Reisen‘). Darin werden Variationen von Ereignissen aneinandergereiht,<br />
von denen manche vollkommen banal, andere wiederum von<br />
existenzieller Tragweite sind. Elemente „klassischen“ Erzählens wie die schlüssige<br />
Handlung oder die psychologische Charakterzeichnung mit unterstützender<br />
Naturbeschreibung und realistischem Dialog werden dabei mit großer Präzision<br />
vorgeführt und demontiert.<br />
Das Geschehen entzieht sich einer gängigen Logik. So steht eines schönen<br />
Sommertages Kuz’ma Stepanovič Koromyslov, der Bruder von Muchins Freund Ivan<br />
Stepanovič Koromyslov, unterwegs zur Heumahd, auf der Brücke über dem Fluß<br />
Makar’evka und bemerkt dabei einen Hecht im Wasser. Da er ein leidenschaftlicher<br />
Angler ist, zieht er instinktiv am Griff der Sense, die über seine Schulter hängt, und<br />
schlägt sich dabei versehentlich den Kopf ab. Seitdem liegt er ohne Kopf auf dem<br />
Friedhof, der Kopf ist fortgeschwommen, keiner weiß wohin. Koromyslovs Bruder<br />
war, kommentiert der Erzähler, kein schlechter Mensch, jedoch unbeherrscht. In<br />
einer späteren Geschichte steht Koromyslovs Bruder, unterwegs zur Heumahd, auf<br />
der Brücke über der Makar’evka, bemerkt dabei einen Hecht im Wasser und zieht,<br />
da er ein leidenschaftlicher Angler ist, instinktiv am Griff der Sense, die über seine<br />
Schulter hängt, verletzt sich jedoch glücklicherweise nicht, sondern schneidet nur<br />
einige Haare am Scheitel ab. Später ertrinkt er – so heißt es am Ende des Berichts<br />
über diesen Vorfall – doch das ist ein anderes Mal passiert.<br />
Weitere Figuren kommen nur bedingt in Muchins Leben vor. Fedor Vorob’ev<br />
ist ein Kindheitsfreund Muchins, der mal als Kind, mal als Jugendlicher tödlich<br />
verunglückt, mal ist er gar Muchins Mörder. Muchin hat einen Onkel, den er seit<br />
seiner Kindheit nicht getroffen hat und zu dem er mehrmals nach Moskau zu<br />
Besuch fährt, doch leider ist dieser jedesmal gerade verreist oder kürzlich verzogen.<br />
Ein einziges Mal trifft Muchin seinen Onkel tatsächlich, er findet ihn in seiner<br />
eigenen Wohnung vor, dazu ist er mit einer Zigarette in der Hand eingeschlafen und<br />
muß mit schweren Verbrennungen ins Krankenhaus gebracht werden. Ansonsten<br />
trifft Muchin auf zahlreiche unbekannte Männer, die als potentielle Opfer oder<br />
Verbrecher beschrieben werden. Sie erscheinen urplötzlich, nur um gleich wieder<br />
zu verschwinden, meistens wird die Endgültigkeit ihres Verschwindens jedoch relativiert,<br />
denn immer wieder findet, wie im Fall des Onkels, eine weitere Begegnung<br />
doch noch statt, als dies bereits vollkommen aussichtslos geworden ist.<br />
Bartovs Figuren sind ohne faßbare Eigenschaften und grundsätzlich gegeneinander<br />
austauschbar. Über Muchins Charakter, sein Aussehen, sein Alter oder<br />
seinen Beruf fehlt lange jede Information, auch sein vollständiger Name ist un-