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64 Aleksandar Flaker<br />
„Ideale“ wie Kranjčevićs Moses „in Zweifel ziehen“. Er kam aus dem dalmatinischen<br />
Hinterland, das der oralen Epik bis heute treu geblieben ist und sich immer wieder<br />
an den Quellen der štokavischen Mundart der Karstregion nähren kann. Aber<br />
Begović verließ bald das Heimatliche zugunsten des Allgemeineuropäischen. Erst<br />
in späteren Prosawerken und besonders in dem Libretto zu der Oper Ero s onoga<br />
svijeta (Musik: Jakov Gotovac, 1935) konnte man seine Ursprünge erkennen.<br />
Nach dem Schulbesuch in Split, einer Stadt, die unter der österreichischen<br />
Verwaltung Dalmatiens durch die Bevorzugung der italienischen Sprache und<br />
Kultur geprägt war, weilte Begović später in Wien, wo er Romanistik und Slavistik<br />
studierte. Seit 1894 veröffentlichte er Theaterstücke, die meistens, besonders die<br />
1903–1920 geschriebenen Male komedije, unter dem Einfluß der Wiener Moderne<br />
entstanden waren (Batušić 2001, 253–261), aber in seiner lyrischen Dichtung<br />
lehnt er sich meistens an italienische und französische Vorbilder an. Das Theater<br />
wählte Begović zu seinem Beruf: Seit 1910 arbeitete er am Hamburger Deutschen<br />
Schauspielhaus und seit 1912 an der Neuen Wiener Bühne. Damit erklärt sich<br />
seine Bindung an die deutsche Literatur und Kultur. Demnach wurde Begović zu<br />
einem wahren Europäer der kroatischcen Wort- und Theaterkunst.<br />
In der früheren Phase seiner Dichtung gehörte Begović zu den Autoren, die<br />
„literarische Gegenwelten“ (Književni protusvjetovi ist der Titel eines Buches<br />
zur Geschichte der kroatischen Moderne, s. Batušić, Kravar, Žmegač 2001) der<br />
sozialen und nationalen Gegenwart entgegenstellten. Das wichtigste Buch Begovićs<br />
war damals Knjiga Boccadoro (1900), im Grunde genommen eine „intertextuelle<br />
Übertragung der Vergangenheit in die Gegenwart“, die dem „formellen Inventar der<br />
altitalienischen Dichtung“ folgte und auch die lyrischen Gattungen der romanischen<br />
Dichtung übernahm (Batušić, Kravar, Žmegač, 2001, 157, 202).<br />
Das Buch Boccadoro besteht aus mehreren Gedichtzyklen. Der Zyklus Soneti<br />
godišnjih doba ist nach den Jahreszeiten gegliedert und folgt somit den Schemata<br />
musikalischer Kompositionen (Vivaldi, Haydn) oder der bildenden Kunst des<br />
französischen Barock und Klassizismus (Poussin, Maillol). Idilički intermezzo zeigt<br />
verschiedene Gattungen der galanten Dichtung (Pastourelle, Romanca, Ballata),<br />
und in Muzika versucht Begović die Maler (fra Beato Angelico, Carlo Dolce, Rafael<br />
d’Urbino) mit der Musik zu verbinden und ihre Bilder mit der Wortkunst zu<br />
verknüpfen (vgl. Flaker 1995, 18–26). Das Prinzip der Zyklisierung entspricht<br />
einem Canzoniere, und Begović darf sich selbst auf die Tradition der kroatischen<br />
Renaissance, besonders auf Hanibal Lucić (vgl. Begović 2002, 357), berufen. Wir<br />
wissen: Petrarca wirkte ja nicht nur während der kroatischen Renaissance, sondern<br />
wurde auch von den kroatischen Romantikern (Vraz) als Vorbild betrachtet. Begović<br />
entfernt sich von dem petrarkistischen Kanon, kostümiert das lyrische Subjekt<br />
als Xerex de la Maraja, einen spanischen Ritter, und zu seiner Geliebten wählt<br />
er eine Marquise: Zoé Boccadoro. Das bekannteste Gedicht der Sammlung wird<br />
seit 1933 als Menuet Boccherini betitelt und weist deutlich auf die Epoche des<br />
Rokoko hin. Dabei versteht Begović sich selbst als einen Dichter des befreiten Eros:<br />
Manches, so behauptet er, sei „ein absichtlicher Protest gegen die Prüderie, die