07.10.2013 Aufrufe

Link - Oapen

Link - Oapen

Link - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Endungen der 3. Person Präsens im Slavischen 7<br />

zu haben. Es ist nach Bjørnflaten nicht mehr anzuzweifeln, daß es im großrussischen<br />

Sprachraum Dialekte gibt, die in der 3. Person des Präsens konsequent die<br />

Nullendung aufweisen.<br />

Zum zweiten unternimmt Bjørnflaten den Versuch, eine Chronologie der Entstehung<br />

dieser konsequenten Nullendung am Rande des großrussischen Sprachgebietes<br />

aufzustellen. Er gelangt zu dem Ergebnis, daß es sich hierbei um eine verhältnismäßig<br />

junge Innovation handele, die in die Zeit nach dem 16. Jahrhundert zu datieren<br />

sei (Bjørnflaten 2003, 55). Das Schlüsselargument für diese Ansicht besteht darin,<br />

daß die Fixierung der reflexiven Partikel -ся auf die Position am Ende des russischen<br />

Verbs zeitlich ins 17. Jahrhundert falle und daß die agglutinierte reflexive<br />

Partikel in der 3. Person des Präsens im ostslavischen Sprachgebiet ausschließlich<br />

an Dentalendungen (also -тся oder -ться) vorkomme. Der Schwund des -т bzw.<br />

des -ть und damit die Entstehung der Nullendung könne also erst nach diesem<br />

Zeitpunkt eingetreten sein.<br />

Diese von Bjørnflaten entwickelte relative Chronologie der Entstehung der<br />

Nullendung im Gdover Gebiet und ihre Datierung ins 17. Jahrhundert ist allerdings<br />

vor dem Hintergrund der einschlägigen Daten aus den seit 1951 gefundenen<br />

Birkenrindentexten als geschwächt anzusehen. Zwar widerlegen die Daten<br />

aus den Birkenrindentexten Bjørnflatens Datierung nicht unmittelbar, weil kein<br />

einziger individueller Birkenrindentext Präsensformen mit konsequenter Nullendung<br />

im Singular und im Plural aufweist, wie es die von Bjørnflaten erhobenen<br />

Gdover Dialekttexte laut Auswertung durch seinen Schüler Honselaar tun (Bjørnflaten<br />

2003, 53; Хонселаар 2001, 18). Bei einer Gesamtbetrachtung der Belege<br />

(Янин, Зализняк 1986, 143; Зализняк 1995, 119; Зализняк 2004, 137) kommen<br />

die Birkenrindentexte dem Befund in Bjørnflatens Gdover Dialekttexten jedoch<br />

schon sehr nahe: es gibt zwar sowohl Dentalendungen als auch Nullendungen, aber<br />

die Nullendungen unterliegen keinerlei Beschränkung auf den Singular oder den<br />

Plural und weiter auch keinerlei Beschränkung auf die e-Verben oder die i-Verben,<br />

wie man es in den meisten zeitgenössischen großrussischen Dialekten beobachten<br />

kann (vgl. Гецова 1963, 107 ff.; Bjørnflaten 2003, 50; Касаткин 2005, 151 f.).<br />

Auch der Befund für die Verbformen mit agglutinierten reflexiven Partikeln im<br />

Birkenrindentextkorpus schwächt Bjørnflatens Datierung. Für das gesamte Birkenrindentextkorpus<br />

gilt die Regel, daß Verbformen der 3. Person Präsens, denen ein<br />

enklitisches Pronomen folgt – hierzu gehört auch die Partikel -ся – zwingend eine<br />

Dentalendung, niemals jedoch eine Nullendung, aufweisen (vgl. Янин, Зализняк<br />

1986, 143; unter Berücksichtigung weiterer Textfunde genauso: Зализняк 1995,<br />

120; Зализняк 2004, 138). Gerade dieser Teilbefund aus den Birkenrindentexten<br />

fehlt in der Argumentation Bjørnflatens – dieser referiert nach Kiparsky (Kiparsky<br />

1967, 197) eine Arbeit von Gunnarsson aus dem Jahre 1935, die also entstanden<br />

ist, als die Birkenrindentexte noch unentdeckt waren. Durch den Ausweis der<br />

Sprachdaten der Birkenrindentexte ist die Voraussetzung für Bjørnflatens relative<br />

Chronologie und damit auch für die Datierung der Entstehung der Nullendung auf<br />

einen relativ späten Zeitpunkt geschwächt. Die Daten aus den Birkenrindentexten

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!