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Die Endungen der 3. Person Präsens im Slavischen 9<br />
sischen slavischen Dialekten (Miller 1988, Abschnitt 4, 9-16), einen Bericht über<br />
die wichtigsten Ergebnisse der Forschung zu unserer Fragestellung (Miller 1988,<br />
Abschnitt 5, 16-19), eine eigene Hypothese zur Entstehung der Endungen der 3.<br />
Person des Präsens (Miller 1988, Abschnitt 6, 19-24) und einen Exkurs über die<br />
von Bjørnflaten behandelte Frage der Entstehung der Nullendung im Ostslavischen<br />
(Miller 1988, Abschnitt 7, 25-29). Im Ergebnis kommt Miller zu einer Ansicht, die<br />
der von Bjørnflaten vertretenen Meinung entgegensteht. Er hält die konsequente<br />
Nullendung in den nordwestgroßrussischen Dialekten für sehr alt (Miller 1988, 23,<br />
25 ff.). Miller kennt die Ergebnisse der Analysen der Novgoroder Birkenrindentexte<br />
und die von Zaliznjak hierzu vertretene Ansicht (s. 1.). Zaliznjaks Ansicht ist mit<br />
den Ergebnissen von Millers Rekonstruktion der Entwicklung (s.u.) kompatibel,<br />
auf konzeptioneller Ebene jedoch klaffen Welten zwischen Zaliznjak und Miller.<br />
Ausgehend von den Verhältnissen in den indogermanischen Sprachen, den<br />
slavischen Dialekten und in den alten Handschriften – hier gewinnt Miller seine<br />
sprachlichen Daten –, modelliert Miller vier Etappen der Entstehung der heutigen<br />
Endungsvielfalt. Er ordnet die gesamte Entwicklung der gemeinslavischen Periode<br />
zu. Er arbeitet mit morphologischen Größen, nämlich den Endungen der aus<br />
dem Indogermanischen ererbten athematischen und der thematischen Verbklassen<br />
(Miller 1988, 20) sowie den Endungen der nicht aus dem Indogermanischen ererbten,<br />
von ihm „2. slavische Konjugation“ genannten Klasse der i-Verben (Miller 1988,<br />
21). Durch dreimaliges Neuordnen der angenommenen Ausgangskonstellation<br />
gewinnt er eine viergliedrige, räumlich angeordnete Konstellation, aus der man die<br />
heutige areale Sprachmakrosituation herauslesen kann (Miller 1988, 23). Diese war<br />
nach Miller gegen Ende der gemeinslavischen Periode erreicht (ebd.). In einem<br />
entscheidenden Punkt deckt Millers Modell jedoch die Wirklichkeit nicht ab: die<br />
konsequente Dentalendung ist im Modell nur für den nordöstlichen Quadranten<br />
vorgesehen, auf der Ebene der Realität aber in den makedonischen Dialekten<br />
um Ohrid sehr vital und vor allem schon in den ältesten altkirchenslavischen<br />
Denkmälern des 11. Jahrhunderts als schriftlich fixierter Normalzustand belegt.<br />
Diese Denkmäler werden von der gesamten Fachwelt unstrittig dem slavischen<br />
Süden zugeordnet. Auch scheint es unvorstellbar, daß der Ausdruck einer im<br />
Usus häufig vorkommenden grammatischen Kategorie mehreren sprunghaften<br />
Veränderungen unterworfen gewesen sein soll. Das von Miller erarbeitete Modell<br />
läßt nicht nur die Frage nach der Entstehung der altkirchenslavischen harten<br />
Dentalendungen offen. Es ist grundsätzlich nicht geeignet, die Lösung irgendeiner<br />
Problemstellung zu befördern. Wenn Miller schon annimmt, die Endungsvielfalt<br />
sei alt und auf einen gemeinsamen Entstehungszeitraum zurückzuführen, läge es<br />
auch nahe, zu versuchen, den Ursprung der Endungsvielfalt auf eine gemeinsame<br />
Ursache zurückzuführen. Dies geschieht jedoch – wie auch schon bei Bjørnflaten –<br />
ganz und gar nicht.<br />
Millers Ansatz ist als spezieller Lösungsansatz der Indogermanistik einzuordnen.<br />
Ihre traditionellen Lösungsansätze operieren mit Daten der lautlichen Ebene.<br />
Auch unsere Frage nach der Entstehung der Endungsvielfalt der Formen für die