07.10.2013 Aufrufe

Link - Oapen

Link - Oapen

Link - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Moltke über Polen 153<br />

seine Aufmerksamkeit gleich zu Anfang und dann immer wieder auf den Adel.<br />

Dieser „war im ausschließlichen Besitz aller politischen Rechte, er allein bildete den<br />

Staat“ (S. 5/S. 66), es „wohnte die eigentliche Souverainetät in dem Gesamtkörper<br />

des Adels“ (S. 12/S. 73). Eine Wurzel des Untergangs des polnischen Staates<br />

erblickt Moltke in dem „Recht des unbedingten Nein! (des liberum veto)“ (S. 67),<br />

das „in seinem Misbrauch so verderblich“ (S. 7/ 67) gewesen sei. Es ist für ihn<br />

eines der „Hauptübel, an welchem die Republik verblutete“ (S. 23/S. 86).<br />

„Eine der hauptsächlichen Ursachen des Verfalles der Republik war ferner die<br />

fortgesetzte Verminderung der königlichen Gewalt im Staate“ (S. 19/S. 80). „Das<br />

Uebergewicht des Adels blieb im beständigen Steigen“ (S. 23/S. 85), und das auf<br />

diese Weise entstandene Unheil wurde noch vermehrt durch die Glaubensspaltungen.<br />

„Die Dissidenten wurden eine gefährliche Wunde des Staates“ (S. 29/S. 91),<br />

und zwar deshalb, weil „sie nachmals einen verderblichen Vorwand und Stützpunct<br />

für die Einmischungen des Auslands“ (S. 29/S. 91) abgaben.<br />

Bei der Suche nach „den Gründen, welche den Untergang der Republik verbreiteten“<br />

(S. 29/S. 91), richtet Moltke sodann seinen Blick auf die Lage der Bauern.<br />

Deren „glücklicher Zustand“ „endete, als mit dem Aussterben der Jagellonen der<br />

Adel seinen immer mächtiger werdenden Einfluß auf Kosten der Krone und des<br />

Bauernstands erweiterte“ (S. 32/S. 94). „Jeder Edelmann war unumschränkter<br />

Alleinherrscher auf seinem Gut“ (S. 33/S. 95), und aus dieser Situation absoluter<br />

Rechtlosigkeit erklären sich „die furchtbaren Bauernaufstände, deren Androhung<br />

schon den Adel erzittern machte. Daher aber auch der tiefe Verfall des Grundeigenthums<br />

und das Versiegen der Quellen, aus welchen die Nation ihren Wohlstand<br />

und ihre Kraft schöpfen sollte“ (S. 33/S. 95).<br />

Außer dem Adel und den Bauern sind als letzte Schicht noch die Juden zu<br />

berücksichtigen, denen man das „Wenige, was in Polen noch vom Handel übrig<br />

blieb“ (S. 38/S. 100), zu verdanken gehabt habe und die „nächst dem Adel die<br />

angesehenste und mächtigste Körperschaft im Lande“ (S. 42/S. 105) gebildet<br />

hätten.<br />

Die Darlegungen des ersten Teils münden in folgendes Resümee: „Wir haben<br />

jetzt die widerstrebenden Elemente betrachtet, welche in ihrer Verbindung den<br />

Staat bildeten. Einen kraftlosen König, einen übermächtigen democratischen Adel,<br />

der in seinen Interessen und religiösen Meinungen unter sich zerfallen war, einen<br />

Mittelstand, welcher im Staate wucherte ohne dem Staate anzugehören, und den die<br />

Masse der Nation bildenden Landmann ohne politische fast ohne Menschenrechte<br />

ins tiefste Elend versunken“ (S. 44/S.k 107).<br />

Auf den eher statischen ersten Teil folgt eine Beschreibung und Analyse der<br />

Ereignisse, die im 18. Jahrhundert das Ende der staatlichen Selbständigkeit Polens<br />

herbeiführen sollten. Diese Ereignisse stellen sich Moltke als Paradoxon dar: Als<br />

sich endlich Männer fanden, die nach „einer Verbesserung des geselligen Zustands<br />

ihres Vaterlands“ (S. 48/S. 111) strebten, indem sie sich an die Aufgabe machten,<br />

„die alten Grundsäulen zu zertrümmern und neue unterzuschieben“ (S. 50/S. 113),<br />

da waren es „eben diese Versuche, eine bessere Ordnung der Dinge herbei zu führen“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!