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Aspekte der Verfremdung 291<br />

Krležas Romanfigur (und mit ihr, wie wir aus anderen, nichtfiktionalen Texten<br />

wissen, auch der Autor) schwankt zwischen einer geschichtlichen und einer ontologischen<br />

Sicht. Im genannten Kapitel ist im Hinblick auf das Aussehen der<br />

Passanten ganz allgemein vom „Leben in den westeuropäischen Städten in der<br />

Abenddämmerung einer alten Zivilisation“ die Rede. Doch diese Aussage wird von<br />

verfremdenden Verallgemeinerungen wesentlich relativiert. Die historische Spätzeit<br />

ist, wie so oft bei Krleža, eines der eindringlichsten Symbole der conditio humana.<br />

Die bei dem kroatischen Autor von Nietzsche und Schopenhauer beeinflußte<br />

Anschauung, daß das geschichtliche Tun der Hände stets auch transhistorische<br />

Züge offenbare, kann als Bestätigung unserer dritten Kategorie gelten. Diesmal<br />

ist der Wesensunterschied radikal. Hatten wir es in den vorigen Beispielen mit<br />

Darstellungsformen zu tun, die von konkreter Gesellschafts- und Sprachkritik bis<br />

zu humoristischer Persiflage reichten, führt Filips Zeiten und Räume verbindende<br />

Vision in die Bereiche existenzieller Problematik, wo das Disparate der Realität<br />

nicht mehr einheitlich gedeutet werden kann und sämtliche eingeschliffenen<br />

Wahrnehmungsformen in Frage gestellt werden. Es ist allerdings fraglich, ob die<br />

herkömmliche, wenn man so will: die klassische Auffassung von Verfremdung hier<br />

noch anwendbar ist. Wer von Brechts Poetik herkommt, wird die Kluft sicherlich<br />

als unüberbrückbar bezeichnen. Im Hinblick auf Šklovskijs Theorie dürfte die<br />

Antwort wohl weniger apodiktisch ausfallen.

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