Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal
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. Versagen von Führung und Dienstaufsicht<br />
Die Kollegiale Führung im OWS hat bei der Dienstaufsicht und der Wahrnehmung der damit verbundenen<br />
Führung für das Psychiatrische Zentrum – OWS versagt. Es gab keine regelmäßigen<br />
Kontrollen. Nur im Anlassfall, wenn z.B. PatientInnen / Personal zu Schaden kam oder Sachschaden<br />
entstand (z.B. durch Brände) wurde die Kollegiale Führung informiert und evtl. tätig.<br />
Umgang der Führung mit „besonderen Ereignissen“<br />
Bei „besonderen Ereignissen“ wurde im allgemeinen der Dienstweg eingehalten, also Meldung<br />
„nach oben“ erstattet. In der Untersuchungskommission hat die Kollegiale Führung oder das KAV-<br />
Management zu keinem einzigen der bekannt gewordenen „besonderen Ereignisse“ (z.B. Suizid,<br />
körperliche Schädigung durch Eigen- oder Fremdverschulden, unklarer Todesfall, Brandlegung)<br />
darlegen können, dass darauf durch die Führungsebene mit einer strukturierten und standardisierten<br />
Analyse des Vorfalles reagiert wurde. Trotz wiederholtem Auftretens derart gravierender<br />
Vorkommnisse wurden keine Konzepte, Maßnahmen, medizinisch-pflegerische Leit- oder Richtlinien<br />
entwickelt, die geeignet gewesen wären, derartigen Ereignissen im gesamten Psychiatrischen<br />
Zentrum vorzubeugen.<br />
Das „besondere Ereignis“ wurde von der Führungsebene lediglich unter dem Blickwinkel der<br />
psychiatrischen Krankheit der/des Betroffenen bzw. als „in der Psychiatrie eben unvermeidbar“<br />
interpretiert.<br />
Obwohl die großen strukturellen Probleme, die Unterdotierung der Psychiatrie, die völlig veraltete<br />
Infrastruktur und der gravierende Personalmangel sowohl bei den Primarärztesitzungen als auch<br />
den Sitzungen der Kollegialen Führung seit Jahren Thema waren, wurden die sich wiederholenden<br />
- Suizide, körperliche Schädigungen durch Eigen- oder Fremdverschulden, unklaren Todesfälle,<br />
Brandlegungen – nicht damit in Verbindung gebracht. Die Führungsebene wollte den klaren<br />
Zusammenhang zwischen chronischem Mangel und Organisationsverschulden nicht zur Kenntnis<br />
nehmen. Dementsprechend blieben Konsequenzen in Richtung Organisationsverbesserung<br />
und verantwortlicher Wahrnehmung der Dienstaufsicht aus.<br />
Diese Feststellungen werden durch folgende Aussagen bestätigt:<br />
Sprecher der Staatsanwaltschaft Mag. Jarosch (18.9.08, S. 6) „Strukturelle Mängel, Personalmängel,<br />
Dinge in organisatorischen Abläufen, all das kann ein Organisationsverschulden<br />
sein. All das ergibt sich immer aus einem Zusammenspiel verschiedener handelnder Personen.<br />
Entscheidungsträger einerseits, aber auch nur MitarbeiterInnen, die alle zusammen ein Umfeld<br />
entstehen lassen, in dem es zu Unglücksfällen kommen kann. Das wird allgemein als Organisationsverschulden<br />
angesehen. Es ist nicht klar festmachbar: <strong>Der</strong> ist Schuld, der hat es gemacht:<br />
So einfach ist eben nicht.“<br />
Mittelbauvertreterin im OWS Dr. in Leth (17.7.08, S.6) „Dass das Thema, dass Personalmangel<br />
besteht, thematisiert wurde, weiß ich. ..... Es gibt z.B. diesen § 3, wo man in einer gefährlichen<br />
Situation als Angestellter auch darauf schauen muss, dass man sich selber in Sicherheit bringt<br />
und ich eigentlich nicht weiß, wie reagiere ich jetzt als diensthabende OberärztIn. Ich kann nicht<br />
einfach, um mich zu schützen, gehen und das Team da stehen lassen, die anderen PatientInnen<br />
stehen lassen. Wir haben diese Dinge immer wieder in Form von Protokollen thematisiert, auch<br />
an die Kollegiale Führung weitergeleitet.“<br />
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