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Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal

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Ein Kind ist jetzt vor kurzem in einer Brandenburgischen Einrichtung gelandet, weil – und es wäre<br />

so einfach, aber es gibt keine Langzeittherapiestation und keine Langzeitunterbringungsmöglichkeit<br />

für diese Kinder.“<br />

Univ. Prof. Dr. Friedrich (6.6.08, S. 8) „Die Frage der MA 11 brennt unter den Nägeln. Wir haben<br />

immer und immer wieder PatientInnen über Monate. Eine Durchschnittsaufenthaltsdauer sollte<br />

eigentlich 30 Tage im Durchschnitt nicht überschreiten, eher sollten wir bei 24 Tagen liegen, diese<br />

Zahl war auch früher so, jetzt haben wir PatientInnen die zum Teil 6 Monate bis ein Jahr auf der<br />

Klinik liegen. (...) Die Tageskliniken, die wir haben, sind ein Tropfen auf dem heißen Stein. (...)<br />

Das muss man sich vorstellen, was es heißt, wenn das Bett nach der Statistik im AKH 1.000 EUR<br />

pro Tag kostet, jemand über Monate einfach nicht abzuholen weil es heißt, es gibt kein Bett, keine<br />

Unterbringung.“<br />

Primar Dr. Gössler Neuropsychiatrisches Zentrum Rosenhügel (12.6.08,S. 5) „Wien steht vor<br />

einer Situation oder hat eine Situation, wo der extramurale Bereich nur sehr rudimentär vorhanden<br />

ist. Das sind nicht nur die nicht vorhandenen niedergelassenen FachärztInnen, sondern es<br />

ist auch so, dass niederschwellige Einrichtungen, Ambulanzen, in einem sehr geringen Ausmaß<br />

zur Verfügung stehen. Von einer Vollversorgung, dass man sagt, wir können jetzt alle kinder- und<br />

jugendpsychiatrischen PatientInnen hundertprozentig versorgen, glaube ich, kann nicht die Rede<br />

sein.“<br />

Den Weg Julius Tandlers „Wer Kindern Paläste baut, reißt Kerkermauern nieder” hat die Mehrheitsfraktion<br />

bereits vor Jahrzehnten verlassen.<br />

FAZIT:<br />

In wohl keinem Bereich der Medizin ist für eine optimale Versorgung der PatientInnen das<br />

gedeihliche Zusammenwirken zwischen intra- und extramuralem Bereich so notwendig, wie<br />

auf dem Gebiet der Psychiatrie. Was „drinnen“ an Leistungsangebot und Versorgungsstrukturen<br />

nicht geboten wird, muss „draußen“ kompensiert werden und umgekehrt. Kommt es<br />

zu keiner Kompensation, treten Unterversorgung und Fehlbehandlungen auf. Es ist daher<br />

unumgänglich, zur Beurteilung der <strong>Wiener</strong> Psychiatrie neben der stationären Versorgung<br />

auch den größten Leistungsanbieter im extramuralen Bereich – den Psycho-Sozialen-Dienst<br />

(PSD) – in die Arbeit der Untersuchungskommission mit einzubeziehen. Von fachlicher Seite<br />

gibt es zu dieser Notwendigkeit auch keine gegenteilige Meinung. Allerdings ging es der<br />

Mehrheitsfraktion in der Untersuchungskommission zu keinem Zeitpunkt um Erkenntnisgewinn.<br />

Das einzige und ausschließliche Interesse war, den politisch Verantwortlichen den<br />

Rücken frei zu halten. Die fehlende Möglichkeit, den Chefarzt des PSD Dr. Rudas als Zeuge<br />

in Bezug auf die ambulante Versorgung einzuvernehmen - der PSD unterliegt als ausgegliederter<br />

Rechtskörper nicht dem Untersuchungsrecht der <strong>Kommission</strong> - ist ein gravierender<br />

rechtspolitischer Mangel, den die SPÖ-Mehrheit gerne in Kauf nahm. Auch um den Preis,<br />

dass die Beurteilung der ambulanten Versorgung nicht in die Aufklärung der Missstände in<br />

der <strong>Wiener</strong> Psychiatrie einfließen konnte.<br />

Die Aussage von Dr. in Balic-Benzing in der Untersuchungskommission wurde mit der Begründung<br />

verhindert, dass lt. Magistratsdirektion, der Bereich der Jugendwohlfahrt Landesmaterie<br />

ist und somit nicht in die Zuständigkeit der Untersuchungskommission fällt, wiewohl die<br />

budgetäre Ausstattung der Jugendwohlfahrt sowie die Dienstpostenausstattung durchaus<br />

Angelegenheiten der Gemeinde sind und nicht des Landes. Die rechtlichen Möglichkeiten<br />

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