Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal
Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal
Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2. Mangelhafte Infrastruktur<br />
Die Möglichkeit PatientInnen zu Ihrer Sicherheit mit Video zu überwachen gab es nur an wenigen<br />
Stationen. Versperrbare Einzelzimmer sind die Ausnahme, so dass die fixierten bzw. im Netzbett<br />
untergebrachten PatientInnen für die MitpatientInnen und BesucherInnen frei zugänglich sind.<br />
Die Architektur der z.T. baufälligen Pavillions, mit Zimmern, die weit vom Stützpunkt entfernt liegen,<br />
ist für eine sichere Versorgung der PatientInnen völlig ungeeignet.<br />
Erst durch die öffentliche Diskussion zu den mangelnden Standards im Psychiatrischen Zentrum<br />
wurde mit der Einrichtung von Überwachungszimmern in Stützpunktnähe, mit dem Ausbau der<br />
Videoüberwachung und mit der Installierung von PatientInnenrufanlagen für ALLE Betten begonnen.<br />
Meisermann (11.9.08, S. 6) „Z.B. ist das Problem, dass diese sedierten PatientInnen auf manchen<br />
Stationen wirklich weit fernab von den Schwesternstützpunkten ihre Betten stehen haben.“<br />
Sicherheit für das Personal<br />
Dass die Strukturen, die die Sicherheit des Personals gewährleisten, im Psychiatrischen Zentrum<br />
- OWS brüchig sind, hat sich im Zuge der Untersuchungskommission leider bestätigt. Bereits im<br />
Jahr 2007 haben PflegerInnen und Ärzte in zahlreichen Schreiben an Spitalsführung und Krankenanstaltenverbund<br />
hinsichtlich der Personalsicherheit auf einen „untragbaren Zustand“ hingewiesen:<br />
Bei „gefährlichen und potenziell gewalttätigen Patienten“ würden die MitarbeiterInnen im<br />
Haus ihre „Gesundheit und auch ihr Leben in Gefahr bringen“, schrieben Ärzte-VertreterInnen<br />
beispielsweise am 27.11.07.<br />
ZeugInnen der Untersuchungskommission bestätigten ebenfalls eine erhebliche Zunahme von<br />
PatientInnengewalt gegen MitarbeiterInnen des Psychiatrischen Zentrums - OWS: Die Leiterin<br />
der Stabsstelle für besondere administrative Angelegenheiten und Sofortmaßnahmen im KAV,<br />
Dr. in Susanne Drapalik, sagte im Rahmen der Untersuchungskommission (22.8.08, S. 27) aus:<br />
„Das ist leider ein Kapitel, das vermehrt vorkommt oder uns vermehrt gemeldet wird (...)“. Eine<br />
Einschätzung, die auch die Mittelbauvertreterin am OWS, Jutta Leth, teilt: „(...) die Verletzungen<br />
haben zugenommen, das ist evident, es gibt auch Aufzeichnungen darüber“ (17.7.08, S. 3). Laut<br />
Verletzungsstatistik wurden im Jahr 2007 41 Beschäftigte des OWS in der Ausübung ihres Dienstes<br />
durch PatientInnen verletzt. Laut dem Personalvertreter am OWS (FSG-Fraktion) Werner<br />
Binder (6.11.08, S. 11) haben vor allem schwere Verletzungen zugenommen: „Um die schweren<br />
Verletzungen mache ich mir schon Sorgen, weil wir haben jetzt in den letzten zwei Jahren vier<br />
schwerverletzte Bedienstete gehabt und die Jahre zuvor glaube ich, in den letzten 10, 15, was ich<br />
mich erinnern kann, eine einzige.“<br />
Erst muss etwas passieren, damit etwas passiert!<br />
In der regulären Psychiatrie gab es bis ins Jahr 2008 keinen Sicherheitsdienst. Lediglich in der<br />
Abteilung für forensische Psychiatrie und Alkoholkranke stellte das Justizministerium einen Beamten<br />
zur Bewachung ab: dies jedoch nur werktags während der Amtsstunden – ein untragbarer<br />
Zustand und schwelendes Sicherheitsrisiko für das medizinische und pflegerische Personal.<br />
MitarbeiterInnen waren bei gewalttätigen Übergriffen seitens der PatientInnen bis 2008 völlig auf<br />
sich allein gestellt. Wie eine anonyme Pflegerin im Psychiatrischen Zentrum - OWS Ende 2007<br />
in der <strong>Wiener</strong> Zeitung berichtete, waren die Pavillons zu dieser Zeit in der Nacht lediglich mit je-<br />
69