Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal
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Einsatz. Im westlichen, europäischen Ausland sind sie so gut wie unbekannt und auf internationalen<br />
Fachtagungen sind sie kein Thema. Außer in Österreich werden Netzbetten in der Tschechischen<br />
Republik, in der Slowakei, in Luxemburg und in Malta eingesetzt (Prof. Steinert am<br />
29.5.08). In der Untersuchungskommission waren sie immer wieder Thema und ihr Einsatz wurde<br />
von der Mehrheitsfraktion verteidigt. Dieser Umstand ist um so unverständlicher, da es gravierende<br />
fachliche Kritik am Gebrauch von Netzbetten gibt und das Anti-Folter Komitee des Europarats<br />
den Gebrauch von Netzbetten als menschenunwürdig klassifiziert hat. In den österreichischen<br />
Justizanstalten wurden sie daraufhin abgeschafft.<br />
<strong>Der</strong> überwiegende Teil der ExpertInnen außerhalb Wiens spricht sich gegen Netzbetten aus und<br />
hat diese auch noch nie im Einsatz gesehen. Die PatientInnen beschreiben diese Erfahrung<br />
als „in einen Käfig gesperrt zu werden“. Das damit verbundene Stigma wird als äußerst negativ<br />
empfunden.<br />
Univ. Prof. in Hummer – Med.-Uni. Innsbruck (21.5.08, S. 11,12) „Zunächst zu den Netzbetten.<br />
Aus den Gründen die ich vorhin genannt habe, dass eine PatientIn, die in ihrer Freiheit eingeschränkt<br />
ist, ein besonderes Monitoring braucht, kann ich mir nicht vorstellen, wie dieses Monitoring<br />
in einem Netzbett gesichert wird. ... Da ist dann die Diskussion im Unterbringungsbereich<br />
ja oder nein. Unterbringungsbereich sagt eigentlich, dass ein großer oder mehrere Räume vorhanden<br />
sein müssen, wo sich PatientInnen im Unterbringungsbereich auch frei bewegen können<br />
und dann ist kein Monitoring erforderlich.<br />
Ich habe jetzt immer eine Psychiatrie ohne Netzbetten erlebt. Jetzt weiß ich auch nicht, was die<br />
Indikation für ein Netzbett sein kann. Wenn es eine Fixierung erfordert, ist ein Netzbett keine Hilfe,<br />
weil die PatientIn natürlich auch im Netzbett Bewegungsfreiheit hat und wenn eine PatientIn<br />
wirklich versucht gegen Wände zu springen, hat er/sie diese Möglichkeit natürlich auch im Netzbett<br />
und ich muss fixieren. Mir persönlich liegt die Vorstellung näher, mich in mehreren Räumen<br />
bewegen zu können.<br />
Internationaler Standard. Wie kann man vom internationalen Standard sprechen? Es klar, dass<br />
es Fixierungen und Isolierungen braucht. Wie weit verbreitet Netzbetten international sind, kann<br />
ich Ihnen nicht beantworten. Ich kann Ihnen nur sagen, mit den internationalen KollegInnen,<br />
mit denen ich das Thema im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen diskutiert habe, war das<br />
Netzbett nicht üblich.“<br />
Eine state-of-the-art-Versorgung von fixierten PatientInnen war im OWS zu<br />
keinem Zeitpunkt gegeben<br />
PatientInnen, die stark sediert, mechanisch fixiert und/oder im Netzbett untergebracht sind, sind<br />
ihrer Umgebung vollkommen ausgeliefert. Ihre besondere Schutzbedürftigkeit ist absolut prioritär<br />
zu reihen und die gesamte Organisation muss diese in das Zentrum ihrer Arbeit stellen. Die<br />
Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie hat unter dem Titel „Prävention<br />
und Management von psychiatrischen Notfällen im stationären Bereich“ ein Konsensdokument<br />
erstellt, in dem der Umgang mit fixierten und isolierten PatientInnen geregelt wird:<br />
Umgang mit fixierten oder isolierten Patienten<br />
• Falls es im Vorfeld zu tätlichen Handlungen gekommen ist, muss der Patient auf eventuelle<br />
Verletzungen untersucht werden. Diese sind dementsprechend zu versorgen und zu<br />
dokumentieren<br />
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