Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal
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k. Schnittstelle intra- und extramurale Versorgung<br />
In wohl keinem Bereich der Medizin ist für eine optimale Versorgung der PatientInnen das gedeihliche<br />
Zusammenwirken zwischen intra- und extramuralen Bereich so notwendig, wie auf dem Gebiet<br />
der Psychiatrie. Was „drinnen“ an Leistungsangebot und Versorgungsstrukturen nicht geboten<br />
wird, muss „draussen“ kompensiert werden und umgekehrt. Kommt es zu keiner Kompensation,<br />
treten Unterversorgung und Fehlbehandlungen auf. Es ist daher unumgänglich, zur Beurteilung<br />
der <strong>Wiener</strong> Psychiatrie neben der stationären Versorgung auch den größten Leistungsanbieter<br />
im extramuralen Bereich – den Psycho-Sozialen-Dienst (PSD) – in die Arbeit der Untersuchungskommission<br />
mit einzubeziehen. Von fachlicher Seite, gibt es zu dieser Notwendigkeit auch keine<br />
gegenteilige Meinung. Allerdings ging es der Mehrheitsfraktion in der Untersuchungskommission<br />
zu keinem Zeitpunkt um Erkenntnisgewinn. Das einzige und ausschließliche Interesse war, den<br />
politisch Verantwortlichen den Rücken frei zu halten. Aus diesem Grund hat sie sowohl die Einvernahme<br />
des Chefarztes des PSD Dr. Rudas als Zeuge in Bezug auf die ambulante Versorgung<br />
als auch die Einvernahme der Leiterin des Amtes für Jugend und Familie (MAG 11) Dr. in Balic-<br />
Benzing verhindert.<br />
Dr. Rudas durfte lediglich als sachverständiger Zeuge Auskunft geben und die Geschichte der<br />
<strong>Wiener</strong> Psychiatrie und die Grundsätze der <strong>Wiener</strong> Psychiatriereform erläutern. Nicht befragt<br />
werden durfte Rudas zur aktuellen Arbeit des PSD, obwohl diese genug Anlass zu Fragen geben<br />
würde:<br />
• PatientInnen und Personal des PSD berichten immer wieder über unzulängliche und ungerechte<br />
Versorgung. Auch soll lt. Angehörige schwierigen PatientInnen der Zugang zu<br />
den Versorgungseinrichtungen erschwert werden.<br />
• Das Kontrollamt kritisierte in einem Bericht, dass die Übergangspflege nicht im ausreichenden<br />
Maß vom PSD angeboten wird.<br />
• Die Infrastruktur des PSD ist vollkommen veraltet, es gibt trotz jahrelanger Ankündigung<br />
seitens der Stadträtin, keine EDV Vernetzung der Ambulatorien.<br />
• Die Jahresberichte an den Vorstand sind nicht aussagekräftig<br />
• Die Evaluation des Versorgungsangebots wurde seitens der Opposition immer wieder<br />
eingefordert, von der politischen Führung und von Chefarzt Rudas aber stets abgelehnt.<br />
• Groß angekündigte Reformmaßnahmen beinhalten so gut wie nie eine inhaltliche Evaluierung<br />
und Weiterentwicklung der PatientInnenversorgung, sondern beschränken sich auf<br />
geringfügige organisatorische Veränderungen.<br />
Zu all dem durfte Rudas nicht befragt werden, da sich die Mehrheitsfraktion auf den Standpunkt<br />
gestellt hat, dass der PSD als Fonds eine juristische Person mit eigener Rechtpersönlichkeit ist<br />
und dieser damit formal nicht dem Einflussbereich der Gemeinde Wien unterliegt. Besonders<br />
aufklärungsbedürftig ist diese Rechtsauffassung, da die GesundheitsstadträtInnen immer auch<br />
gleichzeitig PräsidentInnen des PSD sind. Die Stadträtin hatte sicher gute Gründe dafür, eine<br />
Prüfung der Arbeit des PSD durch die Untersuchungskommission auf gar keinen Fall zuzulassen.<br />
Die folgenden Zitate belegen die verbesserungswürdige Arbeit des PSD deutlich:<br />
Leth (17.7.08S. 17): „Es ist eigentlich ein Jammer, wenn wir zuschauen müssen, wie PatientInnen<br />
von uns nach 14 Tagen eigentlicher oder nach einem Monat ganz gut entlassen werden und<br />
wir wissen, wir haben keine Nachbetreuung. [...] Ich denke mir, wir müssen bei vielen PatientInnen<br />
zuschauen, wie die verkommen.“<br />
Leth (17.7.08, S. 23): „Was wir merken ist, dass der PSD in unserer Region eigentlich keine ta<br />
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