Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal
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nicht nur, denke ich. Es gab kein strukturiertes Kennenlernen, keine Meetings zwischen AssistentInnen<br />
und Direktion.“<br />
Bis zum heutigen Tag besteht für das Personal des psychiatrischen Zentrums das<br />
Risiko der Übernahmefahrlässigkeit<br />
Die Folgen der personellen Mangelsituation sind für das Personal und die PatientInnen gravierend.<br />
Das Schreiben von sieben dienstplanerstellenden ÄrztInnen im Psychiatrischen Zentrum vom<br />
31. Oktober 2008 an Frau Direktorin Kalousek und über den Dienstweg an Direktorin Herbek und<br />
Generaldirektor Marhold könnte nicht deutlicher sein (der Brief in Auszügen):<br />
„Es haben in den letzten 2,5 Jahren 20 Fachärzte das Haus verlassen, geschätzte 12 Facharztposten<br />
sind derzeit nicht bzw. mit Turnusärzten besetzt“.<br />
„Die bisherige Kompensation dieses Personalmangels mit allen Folgen - Nichtbesetzbarkeit von<br />
Dienstlisten, mangelnde Tagespräsenz, Doppelversorgung von Primariaten, Defizite in der Ausbildungsqualität,<br />
vermehrte Erschöpfung der Dienstmannschaften, Burn out, Krankenstände etc.-<br />
lag ausschließlich bei den Fach- und OberärztInnen des psychiatrischen Zentrums, (die auf Basis<br />
ständiger Mehrleistungen, die zum Teil dem Arbeitszeitgesetz zuwiderlaufen bzw. nach u.E. einer<br />
Übernahmefahrlässigkeit unter den gegebenen personellen und räumlich-lokalen Besonderheiten<br />
des OWS entsprechen), die Aufrechterhaltung des Versorgungsauftrages des psychiatrischen<br />
Zentrums zu gewährleistet haben.<br />
Wir haben wiederholt auch schriftlich darauf hingewiesen, dass wir nicht mehr in der Lage sind,<br />
solche Mehrleistungen zu erbringen.<br />
Herr Prof. Kopetzki (Uni Wien/Medizinrecht) rät dem Personal, diese Mangel- und Überlastungssituation,<br />
die für die ÄrztInnen die Gefahr der Übernahmefahrlässigkeit birgt, dem Träger schriftlich<br />
und immer wieder zu melden.<br />
Kopetzki (11.12.08, S. 15) „...Wenn ich ein Personal wäre, würde ich eigentlich in extremen Unsicherheiten<br />
meinen Dienstgeber dazu zwingen, mir eine Weisung zu geben...“<br />
„Ich würde vor allem den Umstand, dass ich im Grunde mit den Mitteln die ich habe, nicht hundertprozentig<br />
in der Lage bin, das zu tun, was eigentlich gefordert ist, permanent zu meinem Träger<br />
kommunizieren. Dann schließt das nämlich aus, dass man sagt, „na ja, wieso hast du nicht und<br />
wieso hättest du nicht?“ Wenn ich das kommuniziert habe, dann hafte ich auf keinen Fall mehr<br />
persönlich, abgesehen von der Amtshaftung, weil wenn ich die Mittel nicht habe, die kann der<br />
Primarius oder das Personal nicht herzaubern. Wenn ich die Mittel nicht habe, dann habe ich sie<br />
nicht. Zuständig für die Mittelaufstellung ist der Träger und dessen Grenzen gibt es auch irgendwo.<br />
Auf die Art kriegt man den Ball weg, auch wenn man unter Umständen als gelernter Praktiker<br />
weiß, dass das auch zu nichts führt. Aber man hat die Verantwortung dann an der richtigen Stelle<br />
deponiert und verhindert, dass es dann vom Rechtsträger her heißt „wieso hast nichts gesagt?<br />
Wir hätten dir selbstverständlich sofort“ -<br />
Während die Untersuchungskommission tagte, war gegen zwei Ärztnnen des Psychiatrischen<br />
Zentrums ein Gerichtsverfahren wegen eines Todesfalles anhängig.<br />
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