Minderheitsbericht U-Kommission - Der Wiener Psychiatrieskandal
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Missstände: Schön färben, verharmlosen, verschweigen, ignorieren:<br />
Zu den bedauernswerten Opfern und BeschwerdeführerInnen der Missstände im Psychiatrischen<br />
Zentrum im OWS fällt der Stadträtin – gemäß des SPÖ-Mottos: ein Missstand ist nur das, was wir<br />
dazu erklären – kein Wort des Bedauerns ein. Wehsely musste zugeben, dass sie im Rahmen<br />
einer Dringlichen Anfrage im Gemeinderat die beiden Brandunfälle, die PatientInnen widerfahren<br />
sind, die unter Obhut des OWS, als gerichtlich untergebrachte PatientInnen zu Schaden gekommen<br />
sind, verschwiegen hatte. Dies offensichtlich mit dem Ziel, Missstände nicht anerkennen zu<br />
müssen und vor der Öffentlichkeit geheim halten zu können. In der Diktion Wehselys waren die<br />
Folgen des schweren Brandunfalles einer jungen Patientin, die zu 30% verbrannte und ihr Leben<br />
lang an den dadurch entstandenen schmerzhaften Auswirkungen leiden wird, keine Schädigungen,<br />
sondern lediglich Beeinträchtigungen:<br />
Wehsely (22.1.09, S. 19) „Frau Gemeinderätin, ich habe schon gesagt und ich stehe nicht an zu<br />
sagen, ich hätte Ihre Formulierung verwenden sollen. Sie haben hier in der Frage mich auch nicht<br />
gefragt: „Hat es schwere Brandunfälle gegeben?“ Sie haben mich gefragt, ob es zu körperlichen<br />
Schädigungen von PatientInnen gekommen ist. Ich hätte darauf antworten sollen: „Ja, es ist zu<br />
körperlichen Schädigungen statt zu körperlichen Beeinträchtigungen gekommen.“<br />
Mit der Herabqualifizierung einer schwersten Verletzung zu einer „körperlichen Beeinträchtigung“<br />
kann fast jeder Missstand verharmlost werden. Gemäß dieser Haltung wurden die Brandunfälle<br />
von Wehsely als Vorfälle eingestuft:<br />
Wehsely (22.1.09), S. 25) „<strong>Der</strong> wesentliche Unterschied zwischen einem Unfall und einem Vorfall<br />
ist, ist dass sozusagen ein Unfall etwas ist, wenn zum Beispiel ein Ereignis eintritt, das so gelagert<br />
ist, es auf Grund dessen, dass Dinge nicht beachtet worden sind, passiert. Zum Beispiel es<br />
wird ein Gaskonvektor nicht gewartet, dann explodiert er, dann fängt es zum Brennen an. Das ist<br />
ein Unfall. Ein Vorfall ist, wenn alles, was dort passiert ist und ich sage noch einmal, weil die MitarbeiterInnen<br />
hervorragende Arbeit leisten, dort genauso passiert, wie es auf Grund dessen, was<br />
ÄrztInnen anordnen, passieren soll und muss. Und dann passiert ein Ereignis mit dem niemand<br />
rechnet. Das ist dann ein Vorfall und in diesem Fall war es ein Vorfall.“<br />
Zur Erinnerung:<br />
• Im Dezember 2003 wurde ein im Netzbett untergebrachter Patient und zwei weitere Patienten<br />
von einem Mitpatienten angezündet. <strong>Der</strong> im Netzbett untergebrachte Patient erlitt<br />
dabei schwere Brandverletzungen. Das Feuer wurde erst gelöscht, nachdem der Brandverursacher<br />
am Pflegestützpunkt das Personal über die Brandlegung verständigt hatte.<br />
• Die im April 2005 zu 30% verbrannte Patientin war wegen Suizidalität gerichtlich im OWS<br />
untergebracht und während ihres Aufenthaltes immer wieder mechanisch fixiert. Während<br />
der Fixierung war sie weder videoüberwacht, noch gab es eine Sitzwache für sie, die Rufanlage<br />
war für sie nicht erreichbar und für BesucherInnen und MitpatientInnen war sie<br />
frei zugänglich. Wie sie das Feuerzeug, mit dem sie sich selbst in Brand setzte, erreichen<br />
konnte, ist bis heute ungeklärt. Klar ist allerdings, dass diese Brandunfälle niemals hätten<br />
geschehen können, wenn der KAV in allen seinen psychiatrischen Einrichtungen, die Anforderungen<br />
des Konsensdokumentes der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie<br />
und Psychotherapie „Prävention und Management von psychiatrischen Notfällen im stationären<br />
Bereich“ erfüllen würde:<br />
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