Magazin 197403
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verbänden - erfaßt. Die im Lager<br />
unterzubringenden 150 Personen<br />
waren besonders gekennzeichnet.<br />
Zwei Verwaltungsangestellte<br />
übernahmen diese Personalien inner·<br />
halb von 90 Minuten auf neu entwickelte<br />
provisorische Lagerausweise,<br />
die Durchschriften dienten als<br />
Lagerkarteikarten.<br />
Dieser Teilaspekt zeigt, daß auch der<br />
organisatorische Ablauf der<br />
Registrierung eingehend durchdacht<br />
sein muß. Schon aus psychologischen<br />
Gründen und zur zweckmäßigen<br />
Nutzung der Zeit der vorübergehenden<br />
Unterbringung sollte die Registrierung<br />
in der Sammelstelle stattfinden. Hier<br />
können noch alle Obdachlosen erfaßt<br />
werden, so daß man einen Überblick<br />
über alle evakuierten Personen<br />
erlangen kann.<br />
Eine umgehend maschinell erstellte<br />
Namensliste kann dem Einsatzpersonal<br />
die Aufgabenerledigung am Schadensort<br />
(Bergung, Weitersuche nach<br />
Verletzten und Toten) wesentlich<br />
erleichtern und der Verwaltung einen<br />
schnellen Überblick über die einzuleitenden<br />
Aufgaben geben. Die vom<br />
Deutschen Roten Kreuz für den<br />
Suchdienst entwickelten Formulare<br />
bieten bei der Registrierung einen<br />
guten Anhalt. Nach Einführung des<br />
bundeseinheitlichen Personenkennzeichens<br />
sollten sie entsprechend<br />
ergänzt werden.<br />
Die Raumzuweisung sollte in jedem<br />
Fall erst in der Unterkunft stattfinden ;<br />
denn es hat sich erwiesen, daß viele<br />
Obdachlose sich bis zuletzt bemühen,<br />
bei Verwandten, Bekannten oder in<br />
Hotels unterzukommen.<br />
Die Zimmerbelegung sollte entsprechend<br />
den vorgebrachten<br />
Wünschen gestaltet werden.<br />
Für die Unterbringung sind zusätzlich<br />
je Stockwerk Sozialarbeiter als<br />
Einweisungs- und Betreuungskräfte<br />
einzusetzen. Eine Hausordnung ist<br />
vorweg festzulegen und bei Belegung<br />
bekanntzugeben. In ihr sollten die<br />
wichtigsten zentralen Räume -<br />
Lagerleitung, Sanitäts-, Koch- und<br />
Aufenthaltsräume - angegeben<br />
werden.<br />
Am ersten Tag Schulausflug<br />
Da die übung in den Ferien stattfand,<br />
war keine Verlegung des Schulunterrichts<br />
erforderlich. Dieses<br />
Problem wurde jedoch in einer Planbesprechung<br />
erörtert: Schulaufsicht<br />
und Schulleitung hätten bei der in der<br />
Übung dargestellten Lage am ersten<br />
Tag einen Schulausflug vorgesehen<br />
und vom zweiten Tag an Schichtunterricht<br />
in einer nahegelegenen<br />
anderen Schule durchgeführt. Auch<br />
24<br />
bei langfristiger Belegung der Schule<br />
wäre der Unterricht keineswegs<br />
ersatzlos ausgefallen. Bei nur teilweiser<br />
Inanspruchnahme der Schu le<br />
kann auch die Weiterführung des<br />
Unterrichts in einem Schultrakt oder<br />
einem Stockwerk in Betracht gezogen<br />
werden.<br />
Während der Übung wurde das aus<br />
dan Klassenzimmern geräumte<br />
Mobiliar auf den Fluren abgestellt.<br />
Das ist auf längere Dauer nicht<br />
zulässig, da die Fluchtwege beeinträchtigt<br />
werden und sich die<br />
Verletzungsgefahr erhöht. Das<br />
Mobiliar sollte daher in einer zweiten<br />
Phase der Einrichtung der Unterkunft<br />
entweder auf dem freiwerdenden<br />
Dachboden oder geschützt auf dem<br />
Schulhof gelagert werden.<br />
Die von den eingesetzten Kräften und<br />
von den Obdachlosen mitgeführten<br />
Fahrzeuge dürfen nicht unmittelbar<br />
vor den Fenstern der Schulgebäude<br />
geparkt werden und damit die<br />
Rettungswege versperren. Die<br />
Transportwege müssen gegen Unfallgefahren<br />
gesichert, die Feuerschutztüren<br />
nach Beendigung der<br />
Umräumungsarbeiten geschlossen<br />
werden.<br />
An den aufgetretenen Mängeln zeigte<br />
sich , daß bei einer Belegung auch an<br />
offenbar belanglos erscheinende<br />
Dinge gedacht werden muß. Wie<br />
leicht kann z. B. ein unbedachter<br />
Verstoß gegen ein Rauchverbot in<br />
einem dicht belegten Lager zu neuen<br />
Gefahrensituationen führen!<br />
Informationen für die<br />
Betroffenen<br />
In der abschließenden Planbesprechung<br />
der Führungskräfte<br />
wurden weitere Probleme erörtert, die<br />
sich bei einer Evakuierung ergeben.<br />
Die Beteiligten kamen zu folgenden<br />
Lösungen :<br />
Die evakuierten Personen werden<br />
über die Wiederbezugsfähigkeit ihrer<br />
Wohnungen durch Fernsehen, Rundfunk<br />
und Presse sowie durch<br />
Aushang am VVohngebäude und im<br />
Unterbringungslager unterrichtet. Eine<br />
persönliche Information aller<br />
Betroffenen durch das Bezirksamt ist<br />
nicht notwendig. Die Bewohner der<br />
Obdachlosenunterkunft werden mit<br />
Bussen zu ihren Wohnungen zurückgebracht.<br />
Für Personen, die ihre Wohnung nicht<br />
wieder beziehen können, bieten sich<br />
als Ersatz-Unterbringungsmöglichkeiten<br />
Altenheime, Hotels, Ersatzwohnungen<br />
und ggf. bestehende<br />
Obdachloseneinrichtungen an.<br />
Für Auskünfte über die allgemeine<br />
Schadenslage wird im Rathaus des<br />
Bezirks eine Auskunftsstelle eingerichtet,<br />
weil dort die besten fernmeldetechnischen<br />
Voraussetzungen<br />
gegeben sind.<br />
Für die Information der Bevölkerung<br />
über Schadenslagen stehen in erster<br />
Linie Lautsprecherwagen der Polizei<br />
und anderer Einrichtungen zur<br />
Verfügung. Rundfunk und Fernsehen<br />
können ebenfalls herangezogen<br />
werden (Unterbrechung des laufenden<br />
Programms, Einblendung von Untertiteln).<br />
Bei der Warnung der<br />
Bevölkerung sind die in der Stadt<br />
lebenden Ausländer sowie diejenigen<br />
Personenkreise besonders zu<br />
berücksichtigen, die durch Rundfunkund<br />
Lautsprecherdurchsagen nicht<br />
erreicht werden können , z. B.<br />
Gehörlose und Schwerhörige. Die<br />
Nachbarn sollten in den Durchsagen<br />
aufgefordert werden, diese Personen<br />
zu unterrichten. Bei akuten Gefahrensituationen<br />
sind die Möglichkeiten<br />
für eine persönliche Warnung auszuschöpfen,<br />
ggf. kann eine zentral<br />
geführte Kartei der Gehörlosen hierfür<br />
herangezogen werden.<br />
Wohin mit den Haustierenf<br />
Bei einer Evakuierung ist auch damit<br />
zu rechnen, daß Haustiere von den<br />
Wohnungsinhabern mitgenommen<br />
werden. Die Auswertung einer<br />
Repräsentativstatistik ergab, daß im<br />
Falle einer Evakuierung von 600<br />
Bürgern etwa 91 Haustiere - davon<br />
48 Sing- und Ziervögel sowie 18 Hunde<br />
und 6 Katzen - zu versorgen wären.<br />
Voraussichtlich können alle Kleintiere<br />
(Vögel, Meerschweinchen,<br />
Schildkröten usw.) sowie eine<br />
begrenzte Anzahl von Hunden und<br />
Katzen im Veterinäramt oder in<br />
Tierheimen untergebracht werden.<br />
Bei einer größeren Anzahl von<br />
Hunden und Katzen ist daran zu<br />
denken, Verschläge auf dem Dachboden<br />
der Schule, stillgelegte Ställe<br />
oder die Diensthundezwinger der<br />
Polizei zu nutzen. In Einzelfällen ist<br />
auch die Mitnahme von Haustieren<br />
in die Klassenzimmer statthaft, es sei<br />
denn, andere Mitbewohner fühlen sich<br />
dadurch belästigt.<br />
Sowohl bei der Vorbereitung als auch<br />
beim Ablauf der Übung hat sich ei ne<br />
Fülle von Detailfragen ergeben. Viele<br />
Probleme müßten bei akuten<br />
Schadensereignissen ad hoc gelöst<br />
werden. Es empfiehlt sich jedoch,<br />
erkannte schwerwiegende 5achprobleme<br />
schon jetzt zu regeln und<br />
leichter lösbare Probleme in ihren<br />
Lösungsansätzen festzuhalten, um<br />
darauf aufbauend im Schadensfall<br />
improvisatorische Maßnahmen<br />
ergreifen zu können.