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Magazin 197403

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00HonnlTe~ unFoll", HilFe 0<br />

RR Prof. Dr.<br />

Bernhard Maurer<br />

JUH-Freiburg mit<br />

daran beteiligt<br />

Zweiundzwanzig Mädchen und<br />

siebzehn Jungen haben in Freiburg<br />

im Breisgau an einem sozialpädagogischen<br />

Modellversuch teilgenommen,<br />

der im Herbst 1970<br />

begonnen wurde und über zwei Jahre<br />

gedauert hat.<br />

I. Ziel des Modellversuchs:<br />

Junge Menschen sollten Gelegenheit<br />

finden, in überschaubaren Bereichen<br />

1.1 . aufgrund einer gewissen<br />

Anleitung konkret helfen zu können<br />

und die Auswirkungen des eigenen<br />

Helfens bewu6t zu erfahren,<br />

1.2. in der Begegnung mit kranken und<br />

alten Menschen sich den Sinnfragen<br />

des Lebens neu zu stellen und durch<br />

die Begegnung in der eigenen Reifung<br />

zu wachsen und die Antworten des<br />

christlichen Glaubens besser zu<br />

verstehen.<br />

1.3. zu lernen, nach den Ursachen von<br />

Krankheit und Not zu fragen und die<br />

Bedeutung der persönlichen und<br />

sozialen Hygiene zu erkennen;<br />

1.4. Aufgaben und Probleme des<br />

(rankenhausbetriebes in der<br />

nodernen Gesellschaft kennen­<br />

:ulernen ;<br />

.5. in der Frage nach der eigenen<br />

lerufsfindung Entscheidungen fällen<br />

u können.<br />

~. Begründung des<br />

Modellversuchs:<br />

.1. Die neuen Bildungskonzepte für<br />

en Unterricht in der Sekundarstufe<br />

,hen im Rahmen gesellschaftsezogenen<br />

Lernens das Fach Arbeitshre<br />

vor, das in die moderne Arbeitseit<br />

einführen und durch unterrichtsegleitende<br />

Block- oder Tagespraktika<br />

1 Betrieben technischer,<br />

ommerzieller und sozialer Art ergänzt<br />

werden solt. Der Schüler soll<br />

Kenntnisse gewinnen sowie<br />

Erfahrungen sammeln und reflektieren<br />

lernen, die ihm die Familie in der<br />

Industriegesellschaft im allgemeinen<br />

nicht mehr vermitteln kann.<br />

Besondere Schwierigkeiten entstehen<br />

aber bei der Begegnung mit<br />

Problemen wie sozialer Not, Krankheit,<br />

Leid und Tod, zu denen der Schüler<br />

UrT) seiner persönlichen Reifung willen<br />

eine Einstellung finden muß, die aber<br />

in der Industriegesellschaft verdrängt<br />

zu werden drohen und pädagogisch<br />

ungleich schwerer zu vermitteln sind<br />

als die leichter rationalisierbaren<br />

Probleme technischer und ökonomischpolitischer<br />

Art; freilich ist auch hier die<br />

Gefahr der Ideologisierung nicht<br />

ausgeschlossen.<br />

Das Fach Arbeitslehre droht in den<br />

Sog der unternehmerischen Interessen<br />

einerseits, der linken Kapitalismuskritik<br />

andererseits zu geraten und<br />

keine sachgemäßen pädagogischen<br />

Grundlagen für die notwendigen<br />

Erfahrungen und Lernprozesse zu<br />

schaffen. Das sozialpädagogische<br />

Praktikum soll helfen, diese Gefahren<br />

zu erkennen und zu vermeiden.<br />

2.2. Das Praktikum soll im Relig ionsunterricht<br />

als Projekt angeregt,<br />

reflektiert und ausgewertet, es soll<br />

dabei aber auch mit anderen Fächern<br />

zusammengearbeitet werden (Arbeits·<br />

lehre, Biologie, Gemeinschaftskunde,<br />

Geschichte). Auf diese Weise könnten<br />

in einem Alter, in dem der traditionelle<br />

Schulbelrieb auf die Schüler weithin<br />

frustrierend wirkt, Fragen der<br />

Einstellung zu Gesundheit, Krankheit<br />

und Sterben, ethische und religiöse<br />

Dimensionen des Lebens, persönliche<br />

und gesellschaftliche Aufgaben der<br />

Gesundheitspflege, der Sozialarbeit,<br />

des Umwelt- und Seuchenschutzes,<br />

der kostendeckenden Pflegesätze,<br />

der Versicherungs- und Sozialpolitik<br />

sowie der kirchlichen<br />

Diakonie in für den Schüler<br />

verständlicher Weise konkretisiert<br />

werden.<br />

J. Träger:<br />

Träger des Versuches war die<br />

Freiburger Gruppe der Johanniter­<br />

Unfall-Hilfe (JUH). Sie versteht sich<br />

dabei nicht nur als Organisator von<br />

Erste-Hilfe-Kursen, sondern als eine<br />

Hilfsorganisation, die mit dem<br />

Diakonischen Werk der Kirche<br />

verbunden ist und im außerschulischen<br />

Feld mit der Schule einerseits, mit<br />

kirchl ichen und sozialen Institutionen<br />

in der Gesellschaft andererseits<br />

zusammenarbeiten will.<br />

4. Planung und Durchführung:<br />

Der Modellversuch wurde von der<br />

JUH in Verbindung mit Pädagogen<br />

und Theologen der Pädagogischen<br />

Hochschule Freiburg, der<br />

Evangelischen Fachhochschule für<br />

Sozialwesen, Gemeindediakonie und<br />

Religionspädagogik Freiburg, dem<br />

Oberschulamt und Freiburger Kliniken<br />

geplant und von der JUH Freiburg<br />

unter Leitung von Harold v. der Hardt<br />

und Hanna Schulz durchgeführt. Die<br />

Finanzierung erfolgte mit Mitteln der<br />

Johanniter-Ordenswerke und des<br />

Diakonischen Werkes der<br />

Evangelischen Landeskirche. Die<br />

beteiligten Schüler des 9. und 10.<br />

Schuljahres kamen aus je einer<br />

Fre iburger Hauptschule, Realschule<br />

und Gymnasium. Dazu stießen einige<br />

berufstätige Jugendliche aus zwei<br />

Freiburger kirchlichen Jugendgruppen.<br />

Die Jugendlichen im Alter zwischen<br />

15 und 17 Jahren haben an Abenden<br />

und Wochenenden eine theoretische<br />

Schwesternhelferinnen-Ausbildung<br />

erhalten und dann wiederum in ihrer<br />

Freizeit und an Wochenenden ein<br />

100stündiges pflegerisches Praktikum<br />

in Freiburger Kliniken abgeleistet.<br />

Ein Teil der Jugendlichen hat sich den<br />

aktiven Gruppen der Johanniter­<br />

Schwesternhelferinnen und der<br />

Johanniter-Unfall-Hilfe angeschlossen.<br />

14 Unfallhelferinnen und -helfer<br />

haben freiwillig eine zusätzliche<br />

Schulung als Hilfsausbilder für Erste­<br />

Hilfe-Kurse absolviert, von denen sich<br />

bereits einige als Hilfsausbilder in der<br />

Praxis bewährt haben. 8 aus dieser<br />

Gruppe erhielten im Herbst 1973 die<br />

Ausbildung zum " Vollausbilder"; sie<br />

können in Schulen, Gemeinden und<br />

Betrieben selbständig Erste-Hilfe­<br />

Kurse durchführen.<br />

s. Auswertung des Versuchs:<br />

Die Auswertung erfolgte in EinzeIund<br />

Gruppengesprächen und mit Hilfe<br />

von Fragebogen. Die Erste-Hilfe­<br />

Kurse erwiesen sich als Motivationshilfe<br />

zur weiteren Au sbi ldung , zum<br />

praktischen Helfen , auch als<br />

pädagogisches Medium zur Vermittlung<br />

von Einsichten und zur<br />

Veränderung von Einstellungen in der<br />

sozialen Gruppe. Die Mehrzahl der<br />

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