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„Me<strong>in</strong> Sprachgesell“ – Paul Gerhardt 1607-2007<br />

THEMA<br />

religiöse Denken der Aufklärung andererseits bereiteten der Gattung dann im frühen<br />

18. Jahrhundert e<strong>in</strong> rasches Ende.<br />

Die folgende Betrachtung des Gerhardtschen „Leich-Sermons“ auf Joachim Schröder<br />

geht von e<strong>in</strong>er Analyse der Form aus, gibt sodann e<strong>in</strong>en Überblick über den <strong>Inhalt</strong><br />

der Predigt und weist e<strong>in</strong>ige der sprachlichen Mittel auf, mit denen Gerhardt arbeitet.<br />

Unter dem ersten Gesichtspunkt muss die Zugehörigkeit zu der Gattung Leichenpredigt<br />

gezeigt werden, unter dem zweiten ist nach ihrer Besonderheit zu fragen, die sie<br />

als Text Paul Gerhardts kenntlich macht.<br />

2. Form<br />

Auf den ersten Blick ersche<strong>in</strong>t der „Leich-Sermon“ auf Joachim Schröder als e<strong>in</strong><br />

allenfalls mustergültiges Exemplar der Gattung, deren formale Gepflogenheiten er<br />

genau erfüllt. Um mit ganz Äußerlichem zu beg<strong>in</strong>nen: Der Sermon hat mit 31 Seiten<br />

(Quart) e<strong>in</strong>en beträchtlichen Umfang und folgt e<strong>in</strong>em Aufbauschema, das im übrigen<br />

auch für die normalen Sonntagspredigten galt: E<strong>in</strong>em ersten Exordium (generale),<br />

also e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>leitung, <strong>in</strong> der sich, ausgehend von e<strong>in</strong>em Bibeltext (der<br />

nicht Predigttext ist) erste Angaben über den Verstorbenen f<strong>in</strong>den, 8 folgen der Predigttext<br />

und e<strong>in</strong> zweites, zu dessen Auslegung h<strong>in</strong>führendes Exordium (speciale). Es<br />

mündet <strong>in</strong> die Festlegung der aus dem Text gewonnenen Predigtthemen <strong>in</strong> mehreren<br />

Teilen, die Dispositio oder Partitio. Erst dann beg<strong>in</strong>nt die eigentliche Auslegung.<br />

Deren e<strong>in</strong>zelne Teile holen sehr weit aus und bieten Raum für die Anführung des<br />

gesamten biblischen und außerbiblischen Beispielmaterials zu e<strong>in</strong>em Thema, Ketten<br />

von Bibelsprüchen und die Ausbreitung aller relevanten Argumente. Den nicht weiter<br />

gekennzeichneten Schluss bilden wiederum persönliche Bemerkungen etwa der Art,<br />

dass das <strong>in</strong> der Predigt Gesagte auf den Verstorbenen zutrifft. Der Leichsermon will<br />

belehren, Gott loben, trösten und ermahnen – all das s<strong>in</strong>d auch die Aufgaben jeder<br />

anderen Predigt. In der Widmungsvorrede zum Druck der Schröder-Predigt nennt<br />

Gerhardt nicht e<strong>in</strong>mal ausdrücklich den Trost als se<strong>in</strong>e „Intention“, sondern wünscht<br />

von Herzen, das, was er über den von dem Verstorbenen ausgesuchten „Leich-Text“<br />

„e<strong>in</strong>fältig geprediget“ hat, möge „GOTT im Himmel zuförderst zu se<strong>in</strong>es heiligen<br />

Namens Ehre / dem seligverstorbenen Herrn Amptschreiber zum langwierigen rühmlichen<br />

Andencken / den lieben Se<strong>in</strong>igen aber zu ihrer ... Gemühter Vergnügung gereichen<br />

und gedeihen.“ 9<br />

8 Die Personalia, auch „Ehrengedächtnis” genannt, bilden den zweiten Teil des Begräbnisaktes, ebenfalls<br />

vom Prediger ausgeführt. Dieser Teil enthielt Angaben über die Geburt, über die Familie bis h<strong>in</strong> zu den<br />

Großeltern, über die alsbaldige Taufe (Wiedergeburt!), musste dann die sorgfältige religiöse Erziehung<br />

des Verstorbenen erwähnen sowie se<strong>in</strong>e lebenslange religiöse Praxis, g<strong>in</strong>g evtl. kurz auf Heirat und<br />

K<strong>in</strong>der sowie auf das ‚Amt’ und die gesellschaftliche Bedeutung e<strong>in</strong> und schloss mit e<strong>in</strong>em ausführlichen<br />

Bericht über die tödliche Krankheit und zitierte die letzten Worte als Ausweis der Beständigkeit<br />

im Glauben bis zum letzten Atemzug. E<strong>in</strong> solches vorbildliches, „seliges” Sterben galt als Begründung<br />

der Zuversicht, dass der Entschlafene sich nun <strong>in</strong> der ewigen Herrlichkeit bef<strong>in</strong>de.<br />

9 Widmungsvorrede, bei Cranach-Sichart nicht abgedruckt. – „Vergnügung“ hat hier den S<strong>in</strong>n von Sichgenügen-Lassen,<br />

zur Ruhe Kommen und <strong>in</strong>sofern Trost f<strong>in</strong>den.<br />

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