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Zum Inhalt Als PDF downloaden - Evangelische Kirche in Deutschland

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Britta Mart<strong>in</strong>i: Am Morgen und am Abend...<br />

bis zum Ende des <strong>Kirche</strong>njahres. Zwischen Paul Gerhardts sämtlichen Liedern und<br />

Gedichten begegneten mir se<strong>in</strong>e vertrauten Gesangbuchlieder, e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> den<br />

Kontext se<strong>in</strong>er mir größtenteils unbekannten weiteren Poesie, unter neuen Vorzeichen.<br />

Die Entdeckungen <strong>in</strong> Paul Gerhardts Liedern und Gedichten, die ich hier mitteilen<br />

möchte, beschränken sich also nicht auf se<strong>in</strong>e Lieder im <strong>Evangelische</strong>n Gesangbuch.<br />

Aber vielleicht können diese Entdeckungen e<strong>in</strong> anderes Licht auf die bekannten<br />

Paul Gerhardt-Gesangbuchlieder werfen.<br />

THEMA<br />

B<strong>in</strong> de<strong>in</strong>, und doch betrübet – Glaubenszweifel<br />

Am allerwenigsten habe ich erwartet, so viele Passagen über Glaubenszweifel und<br />

Anfechtung bei Paul Gerhardt zu f<strong>in</strong>den. Ich wusste, dass Paul Gerhardt e<strong>in</strong>er war,<br />

der sich Zeit se<strong>in</strong>es Lebens auf se<strong>in</strong> Sterben vorbereitet hat, auch se<strong>in</strong>e <strong>in</strong> das <strong>Evangelische</strong><br />

Gesangbuch aufgenommenen Lieder behandeln bzw. berühren – mit wenigen<br />

Ausnahmen – dieses Thema, allerd<strong>in</strong>gs unter e<strong>in</strong>em überwiegend tröstlichen,<br />

zuversichtlichen, zuweilen von Vorfreude geprägten Aspekt. Das Ausmaß, <strong>in</strong> dem<br />

Gerhardt auch se<strong>in</strong>e Glaubensnöte und Ängste zugelassen und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Gedichten<br />

verarbeitet hat, überraschte und bee<strong>in</strong>druckte mich tief. Paul Gerhardt, den ich bisher<br />

als glaubensfesten Dichter von Liedern der Zuversicht kannte, schreibt Sätze wie:<br />

Ich liebe dich, doch nicht so viel, / als ich dich gerne lieben will (134,11)<br />

B<strong>in</strong> ich gleich Sünd und Laster voll, / hab ich gelebt nicht, wie ich soll (134,16)<br />

Me<strong>in</strong> Herz ist hart, kalt und betört / von allem, was zur Welt gehört (92,3)<br />

Wenn me<strong>in</strong>e Sünd 4 und Missetat / will größer se<strong>in</strong> als Gottes Gnad, / und wenn mir me<strong>in</strong>en<br />

Glauben / me<strong>in</strong> eigen Herz will rauben (3,14) 5<br />

Daß ich dich, so gut ich kann, / wiederum umf<strong>in</strong>g und liebe (121,12)<br />

Ach! lieber Vater, wie so schwer / ist's der Vernunft, zu gläuben (2,6)<br />

Wenn ich und du / ihn nicht mehr spüren (31,9)<br />

B<strong>in</strong> de<strong>in</strong>, und doch betrübet (105,6)<br />

Diese Zeilen f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> kunstvoll gearbeiteten Gedichten, sie stellen nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

e<strong>in</strong>e genaue Abbildung biographischer Erlebnisse dar. Dennoch zeugen sie von<br />

eigener Erfahrung, s<strong>in</strong>d gerade <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>fachheit und Klarheit poetisch und berühren<br />

durch treffende und persönliche Formulierungen. B<strong>in</strong> ich gleich Sünd und Laster<br />

voll mag noch barock-konventionell und nach pauschalem Schuldbekenntnis kl<strong>in</strong>gen,<br />

die Worte hab ich gelebt nicht, wie ich soll kommen mir da schon erheblich näher,<br />

als mir lieb ist. Der kle<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schub so gut ich kann <strong>in</strong> der Bitte daß ich dich […]<br />

wiederum umf<strong>in</strong>g und liebe gibt ihr e<strong>in</strong>en persönlichen, menschlichen Ton. Dazu<br />

gehört auch Paul Gerhardts E<strong>in</strong>geständnis Ich liebe dich, doch nicht so viel, / als ich<br />

dich gerne lieben will. Durch solche Sätze aufmerksam geworden, entdecke ich, dass<br />

die guten Vorsätze <strong>in</strong> den letzten Strophen se<strong>in</strong>es Passionsliedes O Welt, sieh hier<br />

de<strong>in</strong> Leben (EG 84,12) ebenfalls mit der E<strong>in</strong>schränkung so viel mir immer möglich<br />

ist verbunden und abgeschlossen s<strong>in</strong>d. Auch die zweite Strophe von Wie soll ich dich<br />

4 Bei v. Cranach-Sichart sowie bei Mawick: „Schuld“.<br />

5 Bei Mawick steht falsch, und theologisch uns<strong>in</strong>nig: „will größer se<strong>in</strong> aus Gottes Gnad“.<br />

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