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Harald Schroeter-Wittke: Vier Variationen zu „O Haupt voll Blut und Wunden“
2. My brothers are all others,
Forever hand in hand,
Where chimes the bell of freedom,
There is my native land.
My brothers' fears are my fears,
Yellow, white or brown,
My brothers' tears are my tears,
The whole wide world around.
3. Let every voice be thunder,
Let every heart be strong,
Until all tyrants perish,
Our work will not be done.
Let every pain be taken,
The lost years shall be found,
Let slavery's chains be broken,
The whole wide world around.
IMPULSE
Möglicherweise ist diese Hoffnung eine Utopie. Gerade deshalb ist die Komposition
des Jazz-Pianisten Fred Hersch bemerkenswert, mit der er sich im Februar 2002
nach eigenen Angaben mit dem 11. September 2001 auseinandersetzt: „24 Variations
on a Bach Chorale“ (Edition Schott). Grundlage seiner Variationen ist der Bachsatz
aus der Matthäuspassion „Wenn ich einmal soll scheiden“. Hersch erinnert
damit aber das Lied von Tom Glazer, welches er eine „secular English version“ mit
dem Titel „The Peace Chorale“ nennt. Hier werden die beiden größten deutschen
Komponisten zitiert: Beethoven mit dem Text (9. Symphonie: Alle Menschen werden
Brüder), Bach mit dem Choralsatz (O Haupt voll Blut und Wunden). In seinen
Variationen integriert Hersch eine Vielzahl unterschiedlicher Kulturen: Romantik,
Pop, Jazz, Kompositionstechniken der E-Musik des 20. Jh., brasilianische Rhythmen,
Tango und führt diesen Choral von „delicately“ (Var. 1) bis „ecstatically“
(Var. 24) durch 24 verschiedene menschliche Gefühle und Stimmungen, wie die
jeweiligen Überschriften der Variationen zeigen.
Die (nicht nur) musikalische Kraft dieses Chorals Paul Gerhardts scheint ungebrochen.
Gegenüber religiösen und kulturellen Ehrencodices, die z.Zt. in allen Religionen
Zulauf erhalten, stellt diese Frömmigkeitstradition den heilvollen Sachverhalt
ins Zentrum, dass wir das Allerheiligste des Christentums, nämlich ihre zentrale
Person Jesus Christus, die vor aller Welt öffentlich und umfassend geschändet wurde,
nicht zu rächen brauchen. Wenn dies also schon für das Allerheiligste gilt, um
wieviel mehr ist dies dann auch in vorletzten Fragen angeraten. 11 Wenn die Lieder
des streitbaren Orthodoxen Paul Gerhardt diesem Anliegen zur Gestalt verhelfen
können, dann dienen sie zu unseren Freuden und tun uns herzlich wohl (Strophe 7).
11 Vgl. dazu Harald Schroeter-Wittke: Frömmigkeit und Blasphemie – das geht zu z/weit. 24 Thesen;
in: www.theomag.de Heft 41 (2006).
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