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Zum Inhalt Als PDF downloaden - Evangelische Kirche in Deutschland

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„Me<strong>in</strong> Sprachgesell“ – Paul Gerhardt 1607-2007 – PRAXIS<br />

IMPULSE<br />

zung e<strong>in</strong>er Vorlage auf der Basis ästhetischer Kulturtechniken und -praktiken geht, 6<br />

c) die Korporalität macht bewusst, dass S<strong>in</strong>n und Zweck e<strong>in</strong>er Aufführung sich <strong>in</strong><br />

agierenden und rezipierenden Körpern selbst zeigt und dass die „körperliche Kopräsenz“<br />

von Agierenden und Zuschauern gegeben se<strong>in</strong> muss, um von e<strong>in</strong>em theatralen<br />

Ereignis sprechen zu können, und schließlich wird <strong>in</strong> d) der Wahrnehmung e<strong>in</strong>es<br />

Publikums, das aber nicht immer von der Gruppe der Akteure abgrenzbar ist, e<strong>in</strong><br />

theatrales Ereignis erst vollständig. Matthias Warstat fasst das Phänomen prägnant<br />

zusammen: „Die Th. (= Theatralität [B.L.]) e<strong>in</strong>es konkreten kulturellen Prozesses ist<br />

demnach <strong>in</strong> den wechselnden Konstellationen der vier aufe<strong>in</strong>ander bezogenen Aspekte<br />

Performance, Inszenierung, Korporalität und Wahrnehmung aufzusuchen.“ 7<br />

Öffentliches Verhalten im Gottesdienst ist Rollenverhalten. E<strong>in</strong> entscheidender Teil<br />

des liturgischen Verhaltens der Geme<strong>in</strong>de, der e<strong>in</strong> gewisses emotionales Engagement<br />

verlangt, und deshalb immer wieder Hemmungen oder Blockaden, aber auch<br />

Lust und Freude auslöst, ist das S<strong>in</strong>gen. Ich will im Folgenden aus gegebenem Geburtstags-Anlass<br />

e<strong>in</strong> Lied Paul Gerhardts als Rollentext der Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong>terpretieren<br />

und H<strong>in</strong>weise für etwaige Inszenierungsmöglichkeiten geben. Doch zunächst versuche<br />

ich noch die Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>em klassischen Begriff der Liturgiewissenschaft.<br />

2. Anamnese<br />

Der zentrale Begriff, mit dem die Gestaltung spezifisch gottesdienstlicher Zeit benannt<br />

wird, ist der der Anamnese. „Hier kommt der Ursprung <strong>in</strong> die Gegenwart, die<br />

Geme<strong>in</strong>de tritt <strong>in</strong> die Ursprungszeit e<strong>in</strong>. Dieses Gedenken (hebräisch: zikkaron)<br />

geschieht nicht <strong>in</strong>nerlich, sondern ‚mittels fester Objektivationen’ (Re<strong>in</strong>hard Meßner),<br />

d.h. mittels nichtalltäglicher, symbolisch-ritueller Kommunikation ‚durch rituelle<br />

Inszenierung des Ursprungsgeschehens’.“ 8 Die klassische liturgische Station<br />

dafür ist üblicherweise das Eucharistische Gebet. Dieses vergleichzeitigende E<strong>in</strong>treten<br />

der Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Ursprungszeiten geschieht aber auch im S<strong>in</strong>gen. Das württembergische<br />

Gottesdienstbuch von 2004 enthält dazu e<strong>in</strong>ige erhellende Formulierungen:<br />

„Gottes Wort und auch die Musik s<strong>in</strong>d sowohl situationsbezogen, als auch<br />

situationsüberlegen. Diese Präsenz der ganzen <strong>Kirche</strong> zeigt sich <strong>in</strong> der pr<strong>in</strong>zipiellen<br />

Gleichzeitigkeit der Zeiten im Gottesdienst. Dies wird auch erfahrbar <strong>in</strong> der pr<strong>in</strong>zipiellen<br />

Gleichzeitigkeit der Musik aller Zeiten <strong>in</strong> den Gottesdiensten e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de.<br />

So verb<strong>in</strong>det sich die Geme<strong>in</strong>de im S<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>es altkirchlichen Hymnus mit der<br />

frühen <strong>Kirche</strong>, e<strong>in</strong>es Liedes von Paul Gerhardt mit der <strong>Kirche</strong> aus der Zeit des<br />

6 Vgl. ebd.<br />

7 Warstat: Theatralität 363.<br />

8 Bernhard Leube: Zur Geschichte der Messe, <strong>in</strong>: Ergänzungsband zum Gottesdienstbuch für die<br />

<strong>Evangelische</strong> Landeskirche <strong>in</strong> Württemberg, hg. v. <strong>Evangelische</strong>n Oberkirchenrat Stuttgart, Stuttgart<br />

2005, 30, mit Formulierungen aus: Re<strong>in</strong>hard Messner: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Liturgiewissenschaft, Paderborn<br />

2001, 160ff.<br />

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