Zum Inhalt Als PDF downloaden - Evangelische Kirche in Deutschland
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„Me<strong>in</strong> Sprachgesell“ – Paul Gerhardt 1607-2007 – PRAXIS<br />
IMPULSE<br />
schen Quartsprung, fast als habe Crüger die Melodie für die Schlussstrophe komponiert,<br />
wird im kollektiven Aufschwung zu e<strong>in</strong>em wunderschönen Ende des Liedes<br />
geführt. Dazu braucht die Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz. Bei Orgelbegleitung<br />
schöpft man während des Liedes die reichen Differenzierungsmöglichkeiten des<br />
Instruments aus, das aus dem Ende des Liedes, <strong>in</strong>sbesondere aus dem Wechsel von<br />
der Solostimme <strong>in</strong> das Tutti der Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong> großes F<strong>in</strong>ale machen kann.<br />
In alledem wird sich nirgendwo das Gefühl e<strong>in</strong>stellen, zehn zusammenhängende<br />
Strophen seien zu viel. Die zahlreichen Strophen der Gerhardtlieder schrecken ja<br />
sonst ab. Vielleicht muss aber ke<strong>in</strong> anderer Liederdichter des Gesangbuchs unter<br />
solch gedankenloser Strophenauswahl leiden, wie gerade Paul Gerhardt.<br />
V.Wiee<strong>in</strong>eLandschaft...<br />
Es dürfte e<strong>in</strong>e typisch protestantische Befürchtung se<strong>in</strong>, hier müssten doch zuerst<br />
e<strong>in</strong>e Unmenge Erklärungen gegeben werden, bevor man mit dem S<strong>in</strong>gen beg<strong>in</strong>nen<br />
kann. Nach me<strong>in</strong>er Erfahrung tritt die Selbstevidenz e<strong>in</strong>es theatralen Verständnisses<br />
von „Wie soll ich dich empfangen“ im Ereignis der Aufführung e<strong>in</strong>. Das Lied ereignet<br />
sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Aufführung durch die Geme<strong>in</strong>de. Was geschieht, kann nicht<br />
schriftlich oder verbal vorweggenommen werden. Dar<strong>in</strong> erweist sich die Theatralität<br />
nicht nur des Liedes, sondern auch des S<strong>in</strong>gens der Geme<strong>in</strong>de. Wer dabei agiert und<br />
wer rezipiert, wer also Akteur und wer Publikum ist, wird nicht <strong>in</strong> liturgischen bzw.<br />
hymnologischen Handbüchern oder Agenden, nicht e<strong>in</strong>mal durch Ansagen des liturgischen<br />
Personals festgelegt, die hier natürlich <strong>in</strong> geeigneter Prägnanz und Kürze<br />
unumgänglich s<strong>in</strong>d, sondern von den körperlich anwesenden Menschen selbst. Vielleicht<br />
verläuft die Grenze zwischen Akteur und Zuschauer bzw. Zuhörer sogar mitten<br />
durch die Menschen selbst, dann nämlich, wenn sie sich selbst zuhören können.<br />
Das gel<strong>in</strong>gt am besten, wenn man das Lied auswendig kann und es damit e<strong>in</strong>e Landschaft<br />
bildet, <strong>in</strong> der die s<strong>in</strong>gende Person über sich h<strong>in</strong>auskommt.<br />
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