Liste der Bischöfe und Domherren des Bistums Chur - Burgenverein ...
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Die zunehmenden Schwierigkeiten <strong>der</strong> bischöflichen Herrschaft offenbaren<br />
sich auch in <strong>der</strong> lange dauernden Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>des</strong> Bischofs mit <strong>der</strong><br />
Stadt <strong>Chur</strong> wegen <strong>der</strong> Reichsvogtei, in <strong>der</strong>en Verlauf die Stadt dank<br />
kaiserlicher Hilfe eine weitgehend selbständige Stellung errang. Dann führte<br />
<strong>der</strong> Schwabenkrieg zu einer wesentlichen Stärkung <strong>des</strong> Gotteshausb<strong>und</strong>es. Der<br />
Bischof begab sich nach vorübergehen<strong>der</strong> Gefangenschaft nach Innsbruck, in<br />
<strong>Chur</strong> wurde eine Regentschaft bestellt. Das Vertrauen zwischen Bischof <strong>und</strong><br />
Gotteshausb<strong>und</strong> war schwer erschüttert, Bischof Heinrich kehrte nie mehr nach<br />
<strong>Chur</strong> zurück, aber auch <strong>der</strong> Wechsel auf dem bischöflichen Stuhl vermochte an<br />
<strong>der</strong> gespannten Situation nichts mehr zu än<strong>der</strong>n.<br />
Als nach 1520 von den eidgenössischen Orten <strong>und</strong> später auch von Italien her<br />
die reformatorische Glaubensrichtung sich in Bünden allmählich verbreitete,<br />
traf sie auf ein Bistum, das zufolge <strong>der</strong> Spannungen während <strong>des</strong><br />
Schwabenkrieges in politischer Hinsicht sehr geschwächt war, denn in ihrer<br />
Opposition gegen die weltliche Stellung <strong>des</strong> Bischofs waren <strong>und</strong> blieben die<br />
Gemeinden einig. Bischof Paul Ziegler, <strong>des</strong>sen Lebensführung den<br />
Neugläubigen ohnehin Angriffspunkte bot, war vor allem ein Mann<br />
Österreichs: 1524 weigerte er sich, das Bündnis zu siegeln, <strong>und</strong> <strong>der</strong> bereits in<br />
österreichischem Gebiet residierende Prälat verlor je<strong>des</strong> Vertrauen <strong>der</strong> III<br />
Bünde, als 1528 ruchbar wurde, er wolle auf das Bistum zugunsten <strong>des</strong> Gian<br />
Angelo de Medici resignieren, war jener doch ein Bru<strong>der</strong> <strong>des</strong> Castellans von<br />
Musso, <strong>der</strong> den III Bünden im Kriege von 1525 schweren Abbruch getan hatte.<br />
Die Bündner Reformation unterscheidet sich gr<strong>und</strong>sätzlich von <strong>der</strong>jenigen in<br />
den eidgenössischen Orten. Es fehlte an einer starken Obrigkeit, welche die<br />
Interessen <strong>des</strong> Gesamtstaates hätte wahren können. Die Ordnungsmacht,<br />
welche im Bischof als dem Haupt <strong>des</strong> Gotteshausb<strong>und</strong>es, seinen Beamten <strong>und</strong><br />
seinem Gericht gegeben war, wurde vorweg aus dem politischen Bereich<br />
verdrängt, ohne dass sich etwa in <strong>der</strong> Stadt <strong>Chur</strong> ein entsprechen<strong>der</strong>, neuer<br />
Schwerpunkt hätte bilden können. Das bäuerlich-partikularistische Element<br />
ging aus <strong>der</strong> Umwälzung als Sieger hervor. Soweit sie erfassbar ist, spielte die<br />
religiöse Erneuerung eine sek<strong>und</strong>äre Rolle, <strong>und</strong> sie vollzog sich weit langsamer<br />
als die politische <strong>und</strong> wirtschaftliche Revolution, die in den Ilanzer<br />
Artikelbriefen von 1524 <strong>und</strong> 1526 programmatischen Ausdruck fand. Diese<br />
Ilanzer Artikel sind in Verbindung mit den Bauern<br />
Seite 453:<br />
artikeln Deutschlands <strong>und</strong> <strong>der</strong> Schweiz zu sehen, mit dem entscheidenden<br />
Unterschied, dass die For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Bündner Bauern, obwohl teilweise<br />
radikaler, weitgehend verwirklicht worden sind: Die Zinsen wurden mit Erfolg<br />
verweigert, die Zehnten systematisch ausgekauft, reduziert o<strong>der</strong> aufgehoben<br />
<strong>und</strong> meistens an die Gemeinde übertragen. Jahrzeiten <strong>und</strong> Kaplaneistiftungen<br />
wurden den Stiftern o<strong>der</strong> ihren Erben zurückerstattet. Zahlreiche Kaplaneien<br />
<strong>und</strong> Filialkirchen wurden zudem von den bisherigen Pfarreien getrennt. Alte<br />
<strong>und</strong> neue Kirche waren so <strong>der</strong> wirtschaftlichen Substanz beraubt <strong>und</strong> in die<br />
Abhängigkeit <strong>der</strong> (politischen) Gemeinden geraten. Auch die katholischen<br />
Kirchgenossen beanspruchten hinfort die Vergebung <strong>der</strong> nun in ihren Händen<br />
befindlichen Pfründen als etwas Selbstverständliches. Das Indigenatsprinzip<br />
verunmöglichte <strong>der</strong> Kurie eine selbständige Personalpolitik, namentlich<br />
mussten die <strong>Domherren</strong> von nun an Lan<strong>des</strong>kin<strong>der</strong> sein (so nach Oskar<br />
VASELLAS neuen Forschungen).<br />
Die religiöse <strong>und</strong> politische Entwicklung verlief allerdings sehr verschieden,<br />
zeitlich <strong>und</strong> dem Grade nach, je nach den von manchen Einflüssen abhängigen<br />
Beschlüssen <strong>der</strong> einzelnen Gemeinden. Schon um 1535 zeichnete sich im Pass-<br />
Staat die Scheidung in eine spanisch-österreichische, meist katholische, <strong>und</strong><br />
eine französische, meist reformierte, Partei ab.