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nos endlich wie<strong>de</strong>r Leben. Wie<strong>de</strong>r was spüren. Wer kann<br />
es ihnen ver<strong>de</strong>nken? Ich glaube, es geht wie<strong>de</strong>r was los,<br />
Leute. Und wer Murat Tepeli ist, was <strong>de</strong>r so macht, was<br />
er liebt, was seine größten Wünsche, Hoffnungen und<br />
Ängste sind, das habe ich spätestens bei <strong>de</strong>r nächsten<br />
Veröffentlichung auch herausgefun<strong>de</strong>n, so viel sei schon<br />
mal versprochen.<br />
Lea Raminuwicz<br />
Jens Rachut<br />
Der Seuchenprinz Teil II. Joe<br />
Nobistor / Indigo<br />
»Der Seuchenprinz Teil II« ist <strong>de</strong>r zweite<br />
Teil von Jens Rachuts Hörspieltrilogie,<br />
wobei <strong>de</strong>r erste als »Teil III« und <strong>de</strong>r dritte<br />
als »Teil IV« firmiert (Letzterer erscheint<br />
ebenfalls dieser Tage). »Teil I« wur<strong>de</strong> nicht vergeben. Volumezahlenmystik,<br />
als könne die allgemeine Unübersichtlichkeit<br />
nur noch durch launige Gegen-Unübersichtlichkeit<br />
erzählt wer<strong>de</strong>n. Dabei ist das Storyboard doch<br />
vergleichsweise klar: Nicht näher spezifizierte Außerirdische<br />
schaffen in einer Art Abschlussarbeit im Rahmen<br />
einer nicht näher spezifizierten Ausbildungssituation<br />
die Er<strong>de</strong> inkl. Leben und Formenvielfalt. Heißt: Der<br />
Schöpfungsakt vollzieht sich nicht mehr im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
alten Männerfantasie »Gott«, <strong>de</strong>r als Mischung aus Albert<br />
Speer und Jackson Pollock sein Werk in sechs Arbeitstagen<br />
ganz aus sich selbst heraus hingeschlonzt<br />
haben soll. Vielmehr ist ein unüber- und -durchschaubares<br />
Unternehmen am Werk, an <strong>de</strong>m min<strong>de</strong>stens genauso<br />
vieles unklar, vage und unbestimmt bleibt wie an<br />
und in je<strong>de</strong>m beliebigen kontrollgesellschaftlichen Unternehmen<br />
circa <strong>de</strong>r Gegenwart. »Der Seuchenprinz«<br />
aktualisiert damit die uralte und kernpatriarchalische<br />
Vorstellung von Gott als Frühkapitalisten und erstem<br />
FDP-Wähler in genau <strong>de</strong>r Weise, wie klassische Expropriateur-zentrierte<br />
Vorstellungen vom Kapitalismus und<br />
von Kapitalist und Kapitalistin zumin<strong>de</strong>st oberflächlich<br />
obsolet gewor<strong>de</strong>n sind. Im Rahmen dieser Schöpfungsmaßnahme<br />
geht dann natürlich etwas spannungsstiftend<br />
schief, wegen trial and error und weil Lehrjahre ja<br />
schließlich keine Herrenjahre sein können, was sich im<br />
Rahmen <strong>de</strong>s zweiten Teils (<strong>de</strong>r vierte und letzte ist soeben<br />
erschienen, liegt mir aber genauso wenig vor wie<br />
<strong>de</strong>r dritte) allerdings nicht vollständig erschließt. Diese<br />
I<strong>de</strong>e wür<strong>de</strong> sich vielleicht als OberschülerInnen-Geistesblitz<br />
dahinschleppen, lieferte sie nicht eine weitere und<br />
zum überwiegen<strong>de</strong>n Teil gut geeignete Folie für jenen<br />
spezifischen Weltekel, wie ihn Rachut bereits auf zahllosen<br />
Platten mit Angeschissen, Blumen Am Arsch Der<br />
Hölle, Dackelblut, Kommando Sonne-Nmilch und Oma<br />
Hans kultiviert hat: In <strong>de</strong>r Welt zu sein heißt, grob gesagt,<br />
sich durch zahlreich zur Verfügung stehen<strong>de</strong>, aber<br />
stets unpraktikable I<strong>de</strong>en von Wür<strong>de</strong> und Humanität zu<br />
scheitern. An<strong>de</strong>rs aber als die meisten serienmäßigen<br />
Camus’schen Ekelpakete – zum Beispiel aus <strong>de</strong>m Umkreis<br />
<strong>de</strong>r Social-Beat-Literatur – verliert Rachuts Horror<br />
so gut wie nie die Ursache-Wirkungs-Verstrickungen<br />
eines solchen Scheiterns aus <strong>de</strong>m Blick. Er verteidigt<br />
damit die nicht immer einfache und selten ein<strong>de</strong>utige<br />
Einsicht, dass die spezifische Wi<strong>de</strong>rwärtigkeit und Unerträglichkeit<br />
<strong>de</strong>r Lebensweisen wie <strong>de</strong>r Beziehungen<br />
und Beziehungsformen Produkte einer bestimmten gesellschaftlichen<br />
Praxis sind. Sie sind eben keine ontologische<br />
Konstante im Sinne eines allgemeinmenschlichen<br />
überhistorischen Schicksals – Vorstellungen, die<br />
fast immer aus <strong>de</strong>r kulturkonservativen, sprich: rechten<br />
Ecke kamen (o<strong>de</strong>r an sie anschlussfähig waren). Sie halfen,<br />
die eigene gesellschaftliche Praxis zu <strong>de</strong>cken (meistens<br />
stammten ihre ApologetInnen aus <strong>de</strong>m Umfeld<br />
<strong>de</strong>r gesellschaftlichen Oberschicht) und zu verklären<br />
qua Verdrehung <strong>de</strong>r Tatsachen ins Menschlich-Allzumenschliche.<br />
Rachut setzt gegen erkenntnisfaule Lebensekel-<br />
und Weltverachtungsroutine die Frage, wie<br />
sich die Verhältnisse in <strong>de</strong>n in ihnen produzierten Lebensweisen<br />
wi<strong>de</strong>rspiegeln, selbst wo konkrete Lebensweise<br />
und die Allgemeinheit <strong>de</strong>r sie umschließen<strong>de</strong>n Verhältnisse<br />
es hinkriegen, unauflöslich zu erscheinen. Und<br />
das funktioniert hiermit also auch in Form eines Sci-<br />
Fi-Trash-Hörspiels, das sich allerdings als postmo<strong>de</strong>rnes<br />
Durchschnittshörspiel präsentiert, sich nämlich erstaunlich<br />
treuherzig und bie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Hörspiel-Stateof-the-Art<br />
einreiht: <strong>de</strong>n FM-Einheits-Brei. Dafür ist die<br />
außerirdische Unternehmenshymne, die irgendwo ca.<br />
hörspielmittig gesungen wird, ein ein<strong>de</strong>utiger Fall für die<br />
Jahrescharts 2007. Na, bisschen spät jetzt schon ...<br />
Frank Apunkt Schnei<strong>de</strong>r<br />
Vic Ruggiero<br />
Something In My Blindspot<br />
Moanin / Al!ve<br />
Wie das schon losgeht. Eine Indie-Country-Version<br />
von Bachman Turner Overdrive,<br />
o<strong>de</strong>r was? »Taking Care Of Business«<br />
klampft und frohlockt ein Steel-Guitar-Sound-A-Like.<br />
Ist das ein Witz, ein Versehen, eine<br />
Persiflage? Nee, das einfach nur grundsympathisch. Vic<br />
Ruggerio war in einem früheren Leben Sänger <strong>de</strong>r New<br />
Yorker The Slackers. Jetzt zieht er als Part-Time-Berliner<br />
an<strong>de</strong>re Saiten auf. Lebensbejahen<strong>de</strong> Lagerfeuermusik,<br />
humorvoller Anit-Folk – alles super auf <strong>de</strong>n Punkt und<br />
trotz<strong>de</strong>m leicht daneben. Eine schillernd skurrile Platte,<br />
die Spaß macht. So einfach ist das.<br />
Helmar Becker<br />
Sons And Daughters<br />
This Gift<br />
Domino / Indigo<br />
Aus <strong>de</strong>m Bandlager <strong>de</strong>r so herrlich grimmigen<br />
Schotten hörte man im Vorfeld<br />
Schreckliches: Man wolle ein Pop-Album<br />
aufnehmen. Und man habe einen neuen<br />
Produzenten für dieses Vorhaben: Ex-Sue<strong>de</strong> Bernard<br />
Butler. Da hatte man das Endprodukt schon im<br />
Ohr: Streichsalbengitarren, Sängerin A<strong>de</strong>le Bethel als<br />
Säuselöse, und Scott Paterson, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r frühen Single<br />
»Johnny Cash« genau wie ebendieser in jungen Tagen<br />
klingen wollte, wird zum Duettbediener <strong>de</strong>gradiert.<br />
»This Gift«, das zweite Album <strong>de</strong>r Glasgow-Combo, erteilt<br />
diesen Befürchtungen allerdings schnell eine Abfuhr<br />
und stellt schon im Opener klar, was man gera<strong>de</strong><br />
fühlen sollte: einen »Gilt Complex«. Es mag richtig sein,<br />
dass die Catchiness Einzug gehalten hat in diese zwölf<br />
Songs, dass man oft »Nananana«-Chöre im Hintergrund<br />
hört, aber die morbi<strong>de</strong> Grundstimmung <strong>de</strong>r Songs, die<br />
bluesdramatischen Lyrics und die hörbaren Americanaund<br />
60s-Einflüsse sind ihnen geblieben. Scheint also,<br />
als hätten Butler und Band einen guten Mittelweg gefun<strong>de</strong>n.<br />
Dabei zeigen die Sons And Daugthers ein Hitpotenzial,<br />
das man ihnen gar nicht so recht zugetraut<br />
hätte. »Gilt Complex«, »Rebel With A Ghost«, »Flags«,<br />
»Chains« – allesamt Singlekandidaten. So bleibt als einziges<br />
Manko, dass Paterson nur noch selten ans Mikro<br />
darf – und das ist scha<strong>de</strong>, war es doch gera<strong>de</strong> das vokale<br />
Zusammenspiel <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n, das die Sons And Daughters<br />
so beson<strong>de</strong>rs machte. Anyway, auch als Daughters<br />
And Sons schlagen sie sich mehr als gut.<br />
Daniel Koch<br />
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