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Musik 043<br />

Musik für genau diesen Moment zu schreiben. Ich mache<br />

das, und es gibt mir sehr viel. Und es ist atemberaubend,<br />

diese ersten Sekun<strong>de</strong>n, die du geschrieben hast, dann zu<br />

hören. Es ist das Beste, wirklich.<br />

Wie wichtig o<strong>de</strong>r wegbereitend ist <strong>de</strong>nn diese Soloarbeit<br />

für Radiohead? Sie ist wichtig, <strong>de</strong>nn sie hat uns die<br />

Angst genommen, Streicher o<strong>de</strong>r überhaupt viele Instrumente<br />

zu nutzen. Es hat uns ermutigt, viele Musiker zu beschäftigen,<br />

ihnen aufzuschreiben, was sie spielen sollen,<br />

und im Vorfeld eine einigermaßen konkrete Ahnung davon<br />

zu haben, wie das Ganze klingen wird. Es gibt ja ein<br />

traditionelles Verhältnis zwischen Orchester und Band.<br />

Entwe<strong>de</strong>r man misstraut sich, zumin<strong>de</strong>st zunächst, o<strong>de</strong>r<br />

die Band verlässt sich zu sehr auf die klassischen Fertigkeiten<br />

<strong>de</strong>s Orchesters. So haben wir die Möglichkeit gehabt,<br />

bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle über die<br />

Zusammenarbeit zu behalten. Wir haben es genossen. Es<br />

gibt nichts Besseres, als einen leeren Raum mit Stühlen<br />

und vielen Mikrofonen vorzubereiten, <strong>de</strong>n das Orchester<br />

füllt und darin zu spielen beginnt, und es klappt, <strong>de</strong>r große,<br />

aufwendige Aufbau haut hin. Das ist aufregend, das<br />

ist für uns ein großer Event.<br />

Ihr habt euch ja zuletzt auch in Bezug auf die Klimakatastrophe<br />

positioniert. Es gab Statements von Thom<br />

auf eurer Webseite, und ihr wolltet nicht, dass Journalisten<br />

zu <strong>de</strong>n Interviews per Flugzeug anreisen. Habt ihr<br />

euch zu diesen Schritten in eurer Position als einflussreiche<br />

Band verpflichtet gefühlt, o<strong>de</strong>r war es eher eine<br />

Art persönliches, emotionales Bedürfnis? Das Thema hat<br />

schon eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung für uns persönlich. Es<br />

war keinesfalls so, dass wir meinten, etwas zu <strong>de</strong>m Thema<br />

sagen zu müssen. Thom hat einfach gesagt, was ihm<br />

auf <strong>de</strong>m Herzen lag. Wir haben versucht herauszuarbeiten,<br />

wie wir das, was wir tun, durchführen können, ohne<br />

grotesk verschwen<strong>de</strong>risch zu sein.<br />

<strong>Als</strong> Prince diese I<strong>de</strong>e umsetzte, je<strong>de</strong>r Tageszeitung ein<br />

Exemplar seiner neuen CD beizulegen, hat sich das für uns<br />

wie eine große Verschwendung angefühlt, schließlich sind<br />

die meisten <strong>de</strong>r CDs einfach weggeworfen wor<strong>de</strong>n. So etwas<br />

ist besorgniserregend. Aber wenn du Musik machst<br />

und sie verbreiten möchtest und wenn du beson<strong>de</strong>re Konzerte<br />

spielen willst, dann ist das in Hinsicht auf einen sparsamen<br />

Umgang mit <strong>de</strong>n Ressourcen ein schwieriger Grad.<br />

Du verursachst sowieso eine große Verschwendung, du<br />

kannst dich nur darum bemühen, es so wenig falsch wie<br />

möglich zu machen. Das ist eine Sache, die uns Sorgen gemacht<br />

hat: Wenn du dich bemühst, das in dieser Hinsicht<br />

Richtige zu machen, erzeugst du eine Aufmerksamkeit, die<br />

dich auch auf <strong>de</strong>ine Wi<strong>de</strong>rsprüche hinweist, die vielleicht<br />

sogar spitzfindig ist. Da können Vorwürfe wie »ihr macht<br />

Oliver Frank (u. a. Management<br />

Blumfeld) zu Radiohead:<br />

Kein Geschäftsmo<strong>de</strong>ll. <strong>Als</strong> die Beatles<br />

auf einem Dach gespielt haben, war<br />

das ja auch nicht gleich ein Geschäftsmo<strong>de</strong>ll,<br />

son<strong>de</strong>rn ein Konzert auf<br />

einem Dach. <strong>Als</strong>o eher ein gelungener<br />

Marketingtrick einer Band, die gute<br />

Platten gemacht hat und die einen<br />

Teil ihres Erfolges auch Plattenfirmen<br />

zu verdanken hat, die in sie investiert<br />

haben. Beim Buhlen um Aufmerksamkeit<br />

(nichts an<strong>de</strong>res ist das heutige<br />

Popgeschäft) haben die zumal auch<br />

weltweit operieren<strong>de</strong>n Radiohead also<br />

schon enorme Standortvorteile. Wenn<br />

das nun alle machen wür<strong>de</strong>n und<br />

Radiohead öfter Alben rausbringen<br />

wür<strong>de</strong>n, dann wür<strong>de</strong>n sich diese tollen<br />

Zahlen sehr schnell relativieren bzw.<br />

mehr Leute null Pfund anklicken.<br />

Allgemein bin ich für alles, was<br />

es Bands ermöglicht, ihre Musik zu<br />

verkaufen, von mir aus also auch direkt<br />

von ihrer Homepage. Trotz<strong>de</strong>m braucht<br />

man auf lange Sicht auch Instanzen<br />

wie Onlinevertriebe und Downloadshops,<br />

die für <strong>de</strong>n Konsumenten vorselektierte<br />

Strukturen anbieten wie ehe<strong>de</strong>m<br />

Plattenlä<strong>de</strong>n. Es sei <strong>de</strong>nn, man<br />

hat seinen Status noch im glanzvollen<br />

physischen Tonträger-Zeitalter aufgebaut,<br />

siehe Radiohead, Prince und<br />

an<strong>de</strong>re Schlaumeier-Milliardäre. Es<br />

ist aber verwun<strong>de</strong>rlich, wie wenig über<br />

<strong>de</strong>n klanglichen Verlust gesprochen<br />

wird. Das erste Mal in <strong>de</strong>r Geschichte<br />

<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne wird ein schlechteres<br />

Produkt (MP3) als zukunftsweisen<strong>de</strong>s<br />

Heilmittel gepriesen. Es klingt einfach<br />

schlechter als je<strong>de</strong> Vinyl-Platte aus <strong>de</strong>r<br />

Zeit <strong>de</strong>r Kompaktanlagen. So o<strong>de</strong>r so,<br />

das Einzige, was uns alle umbringt, ist<br />

diese Scheiß-Brennerei.<br />

ja nun doch eine richtige CD« kommen. Was wir machen,<br />

sind Versuche. Du kannst einfach nur ausprobieren, dich<br />

so richtig wie möglich zu verhalten.<br />

Wir müssen Schluss machen, <strong>de</strong>shalb eine letzte Frage,<br />

vielleicht keine typische letzte Frage: Es ist wahrscheinlich<br />

nicht ganz falsch, euch als gegenwärtig be<strong>de</strong>utendste<br />

Band <strong>de</strong>r Welt zu beschreiben. Im Zuge <strong>de</strong>ssen ist auch<br />

eure Verantwortung angewachsen, die Verantwortung<br />

über die Tragweite eurer Aussagen. Gab es irgen<strong>de</strong>twas,<br />

das ihr, vielleicht schmerzlich, lernen musstet, was euch<br />

eure Verantwortung <strong>de</strong>utlich gemacht hat? Generell kann<br />

ich dazu nur sagen, dass ich Verantwortung nur gegenüber<br />

Thom und <strong>de</strong>n Songs, die wir schreiben, empfin<strong>de</strong>.<br />

Es geht darum, <strong>de</strong>m großen Potenzial unseres Materials<br />

gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Nimm zum Beispiel die Geschichte von<br />

»Nu<strong>de</strong>«, <strong>de</strong>m einzigen alten Song auf <strong>de</strong>r Platte: Wir hatten<br />

diesen Song die ganze Zeit und haben uns ständig gefragt,<br />

warum wir diesen Song nicht angemessen aufnehmen<br />

können, warum wir das nicht schaffen. Diese Hür<strong>de</strong><br />

endlich genommen zu haben, diesen Song aufgenommen<br />

und ihn veröffentlicht zu haben war eine riesige Befreiung,<br />

kaum zu beschreiben. Wir haben eine großartige Version<br />

<strong>de</strong>s Songs geschaffen. Wir sind damit fertig, wir müssen<br />

es nicht noch mal tun. Und es gibt noch einige Stücke, bei<br />

<strong>de</strong>nen es ähnlich ist, Songs, die wir einfach noch fertigstellen<br />

müssen! Das ist es, was uns in <strong>de</strong>n Köpfen herumschwirrt.<br />

Aber das ist wohl auch das Beste an Radiohead:<br />

Uns fallen die schwierigen Aufgaben ziemlich leicht: Wir<br />

schreiben ständig großartige Songs. Das klingt vielleicht<br />

eingebil<strong>de</strong>t, aber so ist es. Es gab nie ein Problem, Songs<br />

zu schreiben, wir hatten nie eine Blocka<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r traditionelle<br />

Probleme wie z. B. die Frage, worüber wir schreiben<br />

sollen. Die Schwierigkeit für uns liegt darin, was wir<br />

mit <strong>de</strong>m Rohmaterial anfangen sollen. Ständig fragen wir<br />

uns, wie wir aufnehmen sollen, was funktionieren könnte,<br />

was richtig ist für <strong>de</strong>n Song. Das wird immer schwieriger.<br />

Es gibt sicher Bands, die einen unserer Songs hören und<br />

sagen wür<strong>de</strong>n: »Ja, das ist ein toller Song! Lasst ihn uns<br />

aufnehmen!« Und sie wür<strong>de</strong>n in kürzester Zeit eine wahrscheinlich<br />

tolle Version machen. Aber wir scheitern daran<br />

immer wie<strong>de</strong>r. An<strong>de</strong>ren Bands fällt es vielleicht schwer,<br />

überhaupt gute Songs zu schreiben. Aber es ist unsere Verantwortlichkeit,<br />

unseren Songs gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Das<br />

klingt vielleicht ziemlich blasiert, aber so ist es.<br />

Auf Tour am 22.+23.06. und 08.07.<br />

Radiohead<br />

In Rainbows<br />

CD // XL Recordings / Beggars

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