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032 Musik<br />
Wur<strong>de</strong> von KLFs Bill Drummond ins Leben<br />
gerufen. In seinem Manifest auf <strong>de</strong>r Internetseite<br />
www.nomusicday.com for<strong>de</strong>rt<br />
er die Briten auf, einen Tag lang völlig auf<br />
Musik zu verzichten, die iPods zu Hause<br />
zu lassen und die Stereoanlage auszustöpseln,<br />
um über <strong>de</strong>n Wert von Musik im<br />
Zeitalter totaler Bedu<strong>de</strong>lung nachzu<strong>de</strong>nken.<br />
Zumin<strong>de</strong>st die BBC Scotland hat sich<br />
2007 dran gehalten und am 21. November<br />
24 Stun<strong>de</strong>n lang keine Musik gespielt.<br />
Hot Chip DJ-Top-5<br />
Joe<br />
Sound Stream »Love Jam«<br />
Chic »I Want Your Love<br />
(Todd Terje Edit)«<br />
Sticky »Ina De Dancehall«<br />
Wookie »Scrappy«<br />
Radio Slave »Screaming Hands<br />
(Josh Wink Remix)«<br />
Al<br />
Minimow »Where’s My Pill?«<br />
Audiojack »3 By 4«<br />
Tijana T »This Ain’t Your Momma’s<br />
Minimal!«<br />
Jeff Samuel »I Think They Are Trying<br />
To Say Something«<br />
Marc Romboy vs. Stephan Bodzin<br />
»The Alchemist«<br />
Felix<br />
Gabriel Ananda & Dominik Eulberg<br />
»Supernova«<br />
Riley Reinhold »Lights In My Eyes«<br />
Joel Mull »Harmonautic String«<br />
Detmann / Klock »Places Like This«<br />
Daso »Meine I<strong>de</strong>e«<br />
D<br />
er graue Himmel hängt wie Asche über <strong>de</strong>r<br />
englischen Hauptstadt an diesem mil<strong>de</strong>n<br />
Novembertag. Dunkle Wolken sind in London<br />
natürlich nichts Außergewöhnliches.<br />
Aber irgendwie ist heute alles noch eine Spur grauer als<br />
sonst, und das liegt nicht nur am Himmel: Gestern Abend<br />
hat die englische Fußballnationalmannschaft die Teilnahme<br />
an <strong>de</strong>r Europameisterschaft vergeigt durch ein 2:3 gegen<br />
Kroatien; und das, wo obendrein auch noch No Music<br />
No Music Day<br />
Day war. Da schießt Mla<strong>de</strong>n Petric die Briten mit seinem<br />
Siegtor in <strong>de</strong>n Ha<strong>de</strong>s, und <strong>de</strong>r Stadion-DJ darf nicht mal<br />
das ewig trösten<strong>de</strong> »You’ll Never Walk Alone« spielen, weil<br />
Bill Drummond es ihm verboten hat. Kein Wun<strong>de</strong>r, dass<br />
man da als Fußballrowdy mit Barhockern um sich wirft.<br />
Man kann nur hoffen, dass die Lage sich bis heute<br />
Abend entspannt haben wird, wenn Hot Chip im Cam<strong>de</strong>ner<br />
Club Electric Ballroom ihr neues Album »Ma<strong>de</strong> In The<br />
Dark« präsentieren. Der Titel passt je<strong>de</strong>nfalls zur Stimmung<br />
wie die berühmte Faust <strong>de</strong>s englischen Hooligans<br />
auf das Auge <strong>de</strong>s EM-Teilnehmers; obwohl man sich in<br />
Cam<strong>de</strong>n Town eher weniger Sorgen um Hooligans machen<br />
muss. Hier gibt es vorwiegend Gothics, Punks, kleine<br />
Teenager-Hipster und umherstreunen<strong>de</strong> Touristen.<br />
Und je<strong>de</strong> Menge Drogenverkäufer. Fast je<strong>de</strong>r Zweite auf<br />
<strong>de</strong>r High Street (!) bietet irgendwas aus seinem Bauchla<strong>de</strong>n<br />
feil. Meistens Marihuana o<strong>de</strong>r Mushrooms. Ich lehne<br />
dankend ab. Einer <strong>de</strong>r Dealer wirkt sichtlich verdutzt,<br />
er kann offenbar nicht glauben, dass ihm ein Typ, <strong>de</strong>r so<br />
aussieht wie ich, eine Abfuhr erteilt. Aber Mushrooms habe<br />
ich nur einmal aus Versehen genommen, weil ich dachte,<br />
es sei Schokola<strong>de</strong>. Amselgleich bin ich durchs Kölner<br />
Nachtleben geflogen und habe nicht wenigen Leuten wirre<br />
Geschichten erzählt. Das muss heute Abend nicht sein.<br />
Schließlich treffe ich nicht William Burroughs, son<strong>de</strong>rn die<br />
<strong>de</strong>rzeit weltbeste Popband.<br />
Digital Recording Heroes<br />
Man neigt schnell dazu, über die Musik <strong>de</strong>r fünf Briten<br />
in Superlativen zu sprechen. Denn für Leute, die sich für<br />
Clubkultur und gute Popsongs gleichermaßen interessieren,<br />
kann es <strong>de</strong>rzeit keine aufregen<strong>de</strong>re Band geben.<br />
Zwei Jahre nach <strong>de</strong>m Meilenstein »The Warning« veröffentlicht<br />
diese nun »Ma<strong>de</strong> In The Dark«.<br />
Bislang sind die Stücke immer in mühevoller Kleinstarbeit<br />
in <strong>de</strong>n Schlafzimmern <strong>de</strong>r Bandmitglie<strong>de</strong>r entstan<strong>de</strong>n,<br />
ganz in <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>r »Digital Recording Heroes«,<br />
ein Begriff, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n letzten Jahren auf Eigenbrötler wie<br />
Mike Skinner o<strong>de</strong>r Dizzee Rascal angewen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, die<br />
allesamt auf große Studios verzichtet haben. Alexis Taylor<br />
und Joe Gibbard waren bei Hot Chip die frickeln<strong>de</strong>n Masterminds,<br />
die an<strong>de</strong>ren drei eher Schulfreun<strong>de</strong>, die hinzugeholt<br />
wur<strong>de</strong>n, weil man für die anstehen<strong>de</strong>n Touren eine<br />
richtige Liveband zusammenstellen wollte. »Ma<strong>de</strong> In The<br />
Dark« wur<strong>de</strong> nun unter fast gleichberechtigter Mitwirkung<br />
aller zumin<strong>de</strong>st teilweise in einem richtigen Studio aufgenommen.<br />
Einen Produzenten brauchte man selbstre<strong>de</strong>nd<br />
nicht, dazu sind Alexis und Joe viel zu sehr die Kontrollfreaks.<br />
Aber <strong>de</strong>r Gang ins Studio be<strong>de</strong>utete immerhin einen<br />
kleinen Bruch mit <strong>de</strong>r DIY-Philosophie <strong>de</strong>r Band.<br />
Owen Clark<br />
Alexis: Wir haben ein bisschen mit Jonathan Digby gearbeitet,<br />
<strong>de</strong>r auch für unseren Livesound verantwortlich ist. Wir<br />
haben teilweise ohne Overdubs aufgenommen und einfach<br />
alle zusammen gespielt und aufgenommen. Wir hatten einen<br />
Raum mit einer ganz eigenen tollen Akustik. Die I<strong>de</strong>e<br />
war schon, dass wir versuchen, mehr wie eine konventionelle<br />
Band zu agieren, ein bisschen weg von diesem individualistischen<br />
Tüftlerimage. Das war schon an<strong>de</strong>rs als<br />
die Aufnahmen, die wir vorher gemacht hatten.<br />
Ist das nicht eher eine Legen<strong>de</strong>, dass ihr noch nie in einem<br />
richtigen Studio aufgenommen habt, o<strong>de</strong>r war es<br />
wirklich das allererste Mal?<br />
Joe: Wir hatten mal ein paar Sessions für die BBC gemacht<br />
in <strong>de</strong>ren Studios, aber abgesehen davon war es<br />
wirklich das erste Mal. Unsere Arbeitsweise unterschied<br />
sich halt immer signifikant von einer typischen Band. Wir<br />
saßen vor <strong>de</strong>m Computer in meinem o<strong>de</strong>r Alexis’ Zimmer<br />
und haben da gefrickelt. Es war also tatsächlich einigermaßen<br />
revolutionär für uns, so zu arbeiten.<br />
Trotz <strong>de</strong>r etwas professionelleren Aufnahmebedingungen<br />
bleiben die Stücke auf das Wesentliche reduziert. Aber<br />
das Album ist stilistisch noch weiter aufgefächert als die<br />
bei<strong>de</strong>n Vorgänger. Bei nahezu allen musikalischen Genres<br />
wird sich bedient, jenseits aller Kategorien von »gut«<br />
und »böse«: R. Kelly wird ebenso anzitiert wie <strong>de</strong>r Protest-<br />
Countrysänger Willie Nelson o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r opulent-schwülstige<br />
Todd Rundgren; im Opener »Out At Pictures« gibt es Saxofon-Eruptionen,<br />
die an Charlie Parker gemahnen, und<br />
das Stück en<strong>de</strong>t mit einem orgiastisch-entfesselten Geheule,<br />
das in einem Affengehege aufgenommen wor<strong>de</strong>n<br />
zu sein scheint. R’n’B, Postrock, Eurodance, Baile-Funk,<br />
Italo-Disco, alles wird gierig aufgesogen und fleißig verdaut.<br />
Die Zitathaftigkeit und die fehlen<strong>de</strong> Scheu vor Mainstream/Chartsmusik<br />
rückt sie ein bisschen in die Nähe<br />
von Scritti Politti. So überrascht es auch nicht, dass Alexis<br />
Taylor gera<strong>de</strong> ein Album mit <strong>de</strong>ren Bandlea<strong>de</strong>r Green<br />
Gartsi<strong>de</strong>, <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren großen Falsettisten <strong>de</strong>r Insel, aufgenommen<br />
hat.<br />
Nichts fin<strong>de</strong>t hier unter <strong>de</strong>m Deckmantel <strong>de</strong>r Ironie<br />
statt. Im Gegenteil. Wie schüchterne Schuljungs nähern<br />
sich die Londoner mit ihren kleinen Synthesizern und Key-