Jahresbericht 2000-01 - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

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Der Regen des erbarmungslosen Sommers 2000 ist im Sauerland besonders dicht. Die Wiese auf der Lichtung hat sich vollgesogen, der Bach plätschert zwar, doch der Regen übertönt sein sanftes Gurgeln. In das schwarze Gemeinschaftszelt weht der Regen von der Seite, vor dem Küchenzelt stehen Mädchen, 12-jährige, 13-jährige, geduckt unter ihren Kapuzen. Keine mault, die Leiterinnen geben ein paar Kommandos – es ist Zeit für das Mittagessen beim Zeltlager der Heliand-Pfadfinderinnen aus Wiesbaden und Mainz. Auf der Wiese eines Bauern bei Bad Berleburg haben sie für zwei Wochen ihre Zelte aufgeschlagen und kein Gewitter, keine Sommerkälte können sie vertreiben. Susanne Kosmehl, 20, ist eine der Leiterinnen. Sandra, eine 12-Jährige, hängt sich an sie, umarmt sie, aber Susanne Kosmehl wehrt ab. Noch ist keine Zeit für Ruhe, für ein intensives Gespräch, jetzt muss das Essen organisiert werden. Später aber wird Gelegenheit sein für ein Gespräch über Gott und die Welt, sich mit Fragen des Glaubens auseinander zu setzen. Christlich, emanzipatorisch und ökologisch wollen die Pfadfinderinnen sein. Im Alltag bedeuten diese großen Worte, dass die Mädchen ihre Persönlichkeit ausbilden und stärken können und mit der Natur leben, nicht gegen sie. »Wir werden unseren Lagerplatz wieder so verlassen, wie wir ihn vorgefunden haben.« Susanne ist Pfadfinderin seit sie neun Jahre alt ist. Ihre Mutter, Barbara Kosmehl, 43, hat die Heliand-Mädchen-Pfadfinderschaft 1989 in Wiesbaden mitgegründet und zehn Jahre lang geleitet. Als der Altersabstand zu den Kindern zu groß wurde, gab sie die Leitung ab. Ihre Tochter ist seit einem Jahr Mitglied des Leitungsdreiecks der Heliand-Pfadfinderinnen in Hessen – ehrenamtlich, versteht sich. »Pfadfinderin sein, das ist mein Lebensgefühl«, sagt die junge Frau mit den hennaroten Haaren. »Es tut so gut, hier im Lager die Natur zu spüren und sich auf das Wesentliche zu beschränken. Manchmal habe ich das Gefühl«, und sie ist nachdenklich bei diesen Sätzen, »das Lebensgefühl Susanne Kosmehl und die Heliand-Pfadfinderinnen in Wiesbaden einfache Leben hier in der Natur ist ein bisschen wertvoller als das normale in der Stadt.« Ihr normales Leben – das ist ein Studium in Gießen und wöchentlich einmal Leitung der Mädchen- Gruppe in Wiesbaden. Und so will sie nach dem Lager, das sie »hauptsächlich für die Mädchen in ihrer Gruppe macht«, mit drei älteren Mitpfadfinderinnen auf Fahrt gehen, nach Finnland mit Zelt und Kanu. Der Pfadfinderinnen-Kodex stellt auch dabei ganz wörtlich genommen, denn genau das ist Susanne Kosmehl wichtig: »Wir reden oft über unseren Glauben, etwa darüber, wann wir Gott deutlich spüren, nämlich dann, wenn wir uns besonders freuen oder total traurig sind.« Susanne sitzt jetzt auf einem Fell im weißen Tipi-Zelt, dem Ruheraum des Lagers. Hier klingt das Prasseln des Regens fast beruhigend. Ansprüche an sie: Sie wollen von Ort zu Ort ziehen, dabei zumindest ihre dunkelrote Bluse und das blaue Halstuch als erkennbare Tracht tragen, jede Nacht ihr Zelt an einem anderen Platz aufschlagen und in ihren Gesprächen immer mal wieder auf die Frage ihrer Gottesbeziehung kommen. Und auch dabei wird Regen sie nicht von ihrem Ziel abbringen. Auf dem Boden stehen blaue Kerzen, an einer Schnur aufgehängt sind Zettel mit Gedanken zum Thema »Grenzen«. Das ist dieses Jahr das Lager-Thema. »So ein Zelt gibt es bei einer Jungen-Pfadfinder-Gruppe sicher nicht«, sagt Susanne. Sie ist überzeugte Pfadfinderinnen- Leiterin. »Es ist viel ungezwungener ohne Jungen, hier müssen die Mädchen sich nicht dauernd beweisen und können sich besser entfalten.« Es gibt auch keine Mutproben als Eingangsbedingung, dafür legen die Mädchen das Versprechen ab, eine gute Kameradin zu sein und Neben den Heliand-Pfadfinderinnen, gibt es im Gebiet der EKHN noch ■ den Pfadfinderbund »Die Kreuzfahrer«, ■ die Mädchenschaft »Edith Stein« ■ und den Landesverband der Christlichen Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP). Der VCP ist in Hessen Mitglied im Diakonischen Werk und im Evangelischen Jugendwerk. Er hat ca. 4.000 Mitglieder in 50 Stämmen. Weitere Informationen unter www.vcp.de. 52
H E L I A N D - P F A D F I N D E R I N N E N Statistik 2000 Anzahl Sippen (Gruppen in einer Gemeinde) 4 Gruppen (regionale Einheiten) 10 Ehrenamtliche Leiterinnen 18 Mitglieder insgesamt 108 Die Heliand-Mädchen-Pfadfinderschaft ist in Wiesbaden, Darmstadt, Frankfurt und Butzbach Kirchengemeinden angegliedert und gehört zum Evangelischen Jugendwerk in der EKHN. 53
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