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Jahresbericht 2000-01 - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

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kle<strong>in</strong>es Lebensmittelgeschäft <strong>und</strong> müsse jeden<br />

morgen um vier Uhr aufstehen, um Brot <strong>in</strong><br />

Empfang zu nehmen. Für die Frau aus New<br />

Brighton war bereits der erste Tag <strong>in</strong> Deutschland<br />

überreich an neuen Erfahrungen: Zum<br />

ersten Mal <strong>in</strong> ihrem Leben ist sie im Ausland,<br />

hatte vorher noch nie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Flugzeug gesessen.<br />

»Hier werde ich behandelt wie all die<br />

anderen auch, es gibt den Unterschied nicht, den<br />

ich seit me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit gewohnt b<strong>in</strong>.«, fasst die<br />

dunkelhäutige Frau ihre ersten E<strong>in</strong>drücke<br />

zusammen.<br />

D I R E K T P A R T N E R S C H A F T<br />

Seit Mitte der 80er-Jahre entwickelten sich <strong>in</strong> Dekanaten<br />

<strong>und</strong> Propsteien der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nassau</strong><br />

Direktpartnerschaften, also kont<strong>in</strong>uierliche Beziehungen zu<br />

Distrikten oder Diözösen von Partnerkirchen <strong>in</strong> Übersee.<br />

Gegenseitige Besuche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Rhythmus haben e<strong>in</strong>e<br />

zentrale Bedeutung.<br />

Auf dem Boden liegen bunte Tücher, e<strong>in</strong><br />

Eimer mit Blumen verschiedenster<br />

Farben steht daneben. Barbara Demus,<br />

e<strong>in</strong>e der Organisator<strong>in</strong>nen des<br />

Besuchs, erklärt warum: »Auf Gottes<br />

Erde gibt es viele Blumen, auch wir s<strong>in</strong>d so verschieden.«<br />

Jeder solle sich e<strong>in</strong>e Blume herausnehmen<br />

<strong>und</strong> dann von sich erzählen. Zunächst<br />

s<strong>in</strong>d Gäste wie Gastgeber e<strong>in</strong> wenig verlegen <strong>und</strong><br />

kommen der fre<strong>und</strong>lichen Aufforderung schon<br />

wegen der Sprachbarriere nur zögerlich nach.<br />

Bald jedoch lösen sich die Zungen <strong>und</strong> längst<br />

verloren geglaubte Englisch-Kenntnisse erwachen<br />

zu neuem Leben.<br />

Als Helena Maqungu nach vorne tritt, ist das<br />

erste Eis gebrochen. Immer wenn sie ihren<br />

Namen sagt, schnalzt sie mit der Zunge – das gehört<br />

zur korrekten Aussprache. Die anfängliche<br />

Erheiterung schlägt <strong>in</strong> gebanntes Staunen um,<br />

als sie erzählt: In ihrem Haus lebe sie mit ihrer<br />

Tochter, ihren zwei bl<strong>in</strong>den Söhnen <strong>und</strong> ihrer 6-<br />

jährigen Enkel<strong>in</strong> zusammen. Sie selbst habe e<strong>in</strong><br />

Wie verschieden die Biografien <strong>und</strong> Lebensweisen<br />

s<strong>in</strong>d, fasz<strong>in</strong>iert alle <strong>in</strong> der R<strong>und</strong>e. »Im<br />

Mittelpunkt steht, füre<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> vone<strong>in</strong>ander<br />

zu lernen«, erklärt Claus Braun, Beauftragter für<br />

Mission <strong>und</strong> Ökumene <strong>in</strong> der Propstei Starkenburg,<br />

<strong>und</strong> Eva Simon, Gründungsmitglied der<br />

Partnerschafts<strong>in</strong>itiative, ergänzt: »Durch die<br />

Begegnung werden wir gezwungen, uns selbst zu<br />

fragen, was wir ausstrahlen.« Mit f<strong>in</strong>anzieller<br />

Unterstützung <strong>in</strong>des halten sich die Darmstädter<br />

ganz bewusst zurück. »Um ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige<br />

Abhängigkeit zu erzeugen«, begründet Claus<br />

Braun. Das Kernstück der Partnerschaft bilden<br />

gegenseitige Besuche <strong>in</strong> Abständen von zwei<br />

Jahren. Eva Simon gehörte zu e<strong>in</strong>er Delegation,<br />

die nach Südafrika reiste, <strong>und</strong> er<strong>in</strong>nert sich: »Die<br />

Herzlichkeit, mit der wir aufgenommen wurden,<br />

war bewegend – als ob man zu Geschwistern<br />

kommt.« Doch längst nicht alles begeisterte sie:<br />

»Ich habe bei e<strong>in</strong>er Familie übernachtet, die<br />

immer wieder bedauerte, sie habe e<strong>in</strong>e Tochter<br />

verloren«, erzählt sie, »<strong>und</strong> da dachte ich natürlich,<br />

die wäre gestorben. Als ich jedoch erfuhr,<br />

dass sie ›verloren‹ war, weil sie e<strong>in</strong> uneheliches<br />

K<strong>in</strong>d hatte, war ich schockiert.«<br />

Die Unterschiede zwischen den Kulturen s<strong>in</strong>d<br />

Dauerthema auf beiden Seiten. Zwölf Jahre<br />

besteht die Partnerschaft bereits, die auf<br />

afrikanischer Seite von acht Geme<strong>in</strong>den der<br />

Moravian Church (Herrnhuter Brüdergeme<strong>in</strong>e)<br />

getragen wird. Die Begegnung im September <strong>2000</strong><br />

<strong>in</strong> Darmstadt ist die sechste, zwei fanden zuvor<br />

<strong>in</strong> Südafrika, drei <strong>in</strong> Deutschland statt. Untergebracht<br />

s<strong>in</strong>d die Gäste jeweils <strong>in</strong> Familien.<br />

Organisiert hat den diesjährigen Besuch e<strong>in</strong>e<br />

Gruppe von gut 30 meist Ehrenamtlichen aus<br />

verschiedenen Darmstädter Geme<strong>in</strong>den. Barbara<br />

Demus erklärt die Struktur der dreiwöchigen<br />

Treffen: »E<strong>in</strong>e Woche Kennenlernen, e<strong>in</strong>e Woche<br />

thematische Arbeit, e<strong>in</strong>e Woche Auswertung.«<br />

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