Jahresbericht 2000-01 - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
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K I R C H E N M U S I K<br />
Die <strong>Kirche</strong>nmusik spielt <strong>in</strong> der evangelischen Tradition schon<br />
seit der Reformation e<strong>in</strong>e besondere Rolle. Die EKHN hat <strong>in</strong> den<br />
Städten starke <strong>und</strong> leistungsorientierte Chöre, die große geistliche<br />
Konzertprogramme bewältigen. Daneben bietet sie viele offene<br />
Gruppen <strong>und</strong> damit die Möglichkeit für alle mitzus<strong>in</strong>gen.<br />
Statistik 1999<br />
lich durch die Glieder: Sie hat die Hände schon<br />
zum Klatschen erhoben – <strong>und</strong> lässt sie dann<br />
doch wieder s<strong>in</strong>ken. »Schade, wenn man da nicht<br />
mitklatschen kann«, sagt sie. Aber das sei <strong>in</strong> Lich<br />
nicht üblich.<br />
Fre<strong>und</strong>schaftlich unkompliziert<br />
In Watzenborn ist das anders. Seit die »Joyful<br />
Voices« e<strong>in</strong> fester Bestandteil des Geme<strong>in</strong>delebens<br />
geworden s<strong>in</strong>d, ist im Gottesdienst zu<br />
klatschen ke<strong>in</strong> Tabu mehr. Auch das Verhältnis<br />
zwischen Gospel- <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong>nchor ist fre<strong>und</strong>schaftlich<br />
<strong>und</strong> unkompliziert. Nur e<strong>in</strong>es betrübt<br />
die traditionellen Chorsänger: Dass ihnen der<br />
Nachwuchs fehlt. »Bei uns s<strong>in</strong>d die jüngsten 40<br />
bis 50 Jahre alt«, klagt Aenni Schäfer (72), »schade,<br />
dass die Jungen nicht beides machen« – im<br />
Anzahl<br />
Chöre 1.308<br />
Chormitglieder 30.520<br />
Posaunenkreise 445<br />
Mitglieder <strong>in</strong> Posaunenkreisen 6.664<br />
Instrumentalkreise 805<br />
Instrumentalisten 6.088<br />
Konzerte 3.431<br />
Besucher/-<strong>in</strong>nen 288.757<br />
Mitarbeiter/-<strong>in</strong>nen<br />
<strong>Kirche</strong>nmusiker/-<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>sgesamt<br />
(Kantor(<strong>in</strong>n)en, Chorleiter/-<strong>in</strong>nen,<br />
Organist(<strong>in</strong>n)en) 2.321<br />
davon hauptamtliche Stellen 120<br />
davon mit halben Stellen 12<br />
davon nebenamtlich 2.189<br />
Gospelchor s<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> den <strong>Kirche</strong>nchor verstärken.<br />
Daniel Starke macht beides. Wenn se<strong>in</strong>e Frau<br />
männliche Verstärkung braucht, hilft der Bariton<br />
aus – egal, ob barocke Chorsätze oder Gospel auf<br />
dem Programm stehen. Die verm<strong>in</strong>derten<br />
Septimakkorde, die so typisch s<strong>in</strong>d für schwarze<br />
Musik, nennt er liebevoll »Pfefferm<strong>in</strong>zakkorde« –<br />
süß <strong>und</strong> scharf zugleich.<br />
Für Fabienne Lischper dagegen gibt es<br />
zum Gospel ke<strong>in</strong>e Alternative. Herkömmliche<br />
<strong>Kirche</strong>nmusik f<strong>in</strong>det die 25-Jährige schlichtweg<br />
langweilig, an Gospel dagegen fasz<strong>in</strong>iert sie,<br />
»dass es echt ist, dass es gefühlt ist«. E<strong>in</strong> Konzert<br />
der Birm<strong>in</strong>gham S<strong>in</strong>gers vor drei Jahren gab den<br />
Anstoß. Danach saß sie mit zwei Fre<strong>und</strong><strong>in</strong>nen im<br />
Eiscafé <strong>und</strong> stellte fest: »So was wollen wir<br />
auch.« Auf e<strong>in</strong>e Anzeige im Geme<strong>in</strong>deblättchen<br />
meldeten sich weitere Gospelfans <strong>und</strong> mittlerweile<br />
ist die Truppe auf 25 Mitglieder gewachsen<br />
– e<strong>in</strong> großer Teil von ihnen verstärkt den Jugendchor<br />
beim Festgottesdienst.<br />
Direkt <strong>in</strong>s Herz<br />
Gospel <strong>in</strong> Deutschland – geht das überhaupt?<br />
»Die amerikanischen Chöre, die wir hier hören,<br />
s<strong>in</strong>d Profis«, erklärt Ursula Starke, »<strong>in</strong> Deutschland<br />
kommen dagegen oft Leute zum Gospel, die<br />
gar nicht s<strong>in</strong>gen können.« Gospel hat für sie<br />
nichts mit Herkunft oder Hautfarbe zu tun,<br />
sondern mit Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Stimmbildung <strong>und</strong><br />
Improvisationstalent. »Schaun Sie«, sagt die<br />
Kantor<strong>in</strong>, stellt sich aufrecht h<strong>in</strong>, <strong>und</strong> unvermittelt<br />
erkl<strong>in</strong>gt »Nun lob me<strong>in</strong>’ Seel’ den Herren«<br />
– klar <strong>und</strong> gerade gesungen. »Das ist e<strong>in</strong>e<br />
w<strong>und</strong>erschöne Melodie <strong>und</strong> wenn man Glück<br />
hat, geht die <strong>in</strong>s Ohr <strong>und</strong> über den Kopf <strong>in</strong>s<br />
Herz.« Und dann stimmt sie »Sw<strong>in</strong>g low, sweet<br />
chariot« an. Nur diese e<strong>in</strong>e Zeile, aber die bebt<br />
<strong>und</strong> schluchzt <strong>und</strong> pulsiert: »Das geht direkt <strong>in</strong>s<br />
Herz.« Bis dah<strong>in</strong> ist es allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> weiter Weg.<br />
Und deshalb gibt es beim Festgottesdienst <strong>in</strong><br />
Lich auch ke<strong>in</strong>en »echten Gospel« zu hören,<br />
sondern »Sakropop«, wie Ursula Starke manche<br />
modernere <strong>Kirche</strong>nlieder nennt: durcharrangierte<br />
Musik, die nach Noten e<strong>in</strong>studiert wird, ohne<br />
freie Improvisationen.<br />
Die Zuhörer s<strong>in</strong>d trotzdem angetan. »Jung<br />
<strong>und</strong> frisch«, so empf<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Besucher<strong>in</strong> die<br />
Musik: »Nur so kann man junge Leute begeistern.«<br />
Und die Teilnehmer s<strong>in</strong>d auch glücklich: »Wann<br />
s<strong>in</strong>gen wir das nächste Mal zusammen?«, haben<br />
sie die Dekanatskantor<strong>in</strong> gefragt. Vielleicht<br />
wird ja noch e<strong>in</strong>e Tradition daraus, aus dem<br />
Licher Festgottesdienst zum Sonntag Kantate.<br />
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