Jahresbericht 2000-01 - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

Der Rock ist zu lang. Ursula Starke zieht
den schwarzen Stoff ein wenig höher,
dann steigt sie schwungvoll auf das
Podest und begrüßt die Chorsänger:
»Lobt den Herrn, denn er tut Wunder!«,
ruft sie und fährt fort: »Ein Wunder, dass ich
nicht vor leeren Bänken sitze!« Die Sänger und
Sängerinnen kichern. Rund 150 Chorsänger und
40 Bläser sind zum Festgottesdienst am Sonntag
Kantate in der Licher Marienstiftskirche angereist.
Normalerweise singen und spielen sie in
ihren Heimatgemeinden in Kleinlinden, Hungen
oder Wölfersheim, in Wohnbach und Trais, Langd,
Watzenborn und Münzenberg, in Lich oder Langgöns,
aber die Idee, einmal gemeinsam aufzutreten,
hat sie angesteckt.
Vor dem Singen kommt das Einsingen:
Ein kurzes Kommando der 37-jährigen Kantorin
und hundert Katzen seufzen wohlig »miiiau«,
hundert Pferde schnauben »brrr«, aus hundert
Fahrradreifen entweicht zischend die Luft:
»Schschsch«. Ursula Starke ist zufrieden.
Der Gospelchor im Dekanat Hungen/Oberhessen
Ansteckend
Kirchenmusik: Darunter stellen sich die meisten wohl immer
noch Bachkantaten und Orgelmusik vor.
Eine Kantorin in Oberhessen zeigt, dass Kirchenmusik
auch anders klingen kann. »Joyful Voices« heißt ihr Chor,
der sich um möglichst authentische Gospelklänge bemüht.
Noch drei Tage zuvor war sie »völlig deprimiert«,
schließlich hatten fast zwei Drittel der Interessenten
wieder abgesagt, die Band war plötzlich
abgesprungen und zu allem Überfluss hatte
sie selbst auch noch die Stimme verloren. Aber
jetzt bei der Generalprobe scheint alles zu
klappen: »Sieben Tenöre und neun Bässe! Das
wird ja immer besser!« Die barocken Harmonien
schwellen an und füllen die 500 Jahre alte Kirche
mit Wohlklang.
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