Jahresbericht 2000-01 - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

Patrick ist dort nachmittags anzutreffen, wenn er
von seinem Vormittag in der Heinrich-Steul-
Sonderschule zurückgekehrt ist. Als kleiner
Bub war er vor neun Jahren gekommen: Er
konnte sich weder aufrichten, geschweige
denn krabbeln. Er lag nur da und schaute vor
sich hin. Der Vierjährige mit einer schweren
spastischen Behinderung war eines der ersten
Kinder, das in die integrative Kindertagesstätte
aufgenommen worden ist.
Unbeirrtes Engagement
Hinter seiner Aufnahme steht ein langer, mühseliger
Prozess. An eine neue Einrichtung konnte
überhaupt nur gedacht werden, weil Mitte der
achtziger Jahre der alte Bau des Kindergartens
abzusacken drohte. Pfarrer Burkhard Sulimma
sah die Chance und favorisierte beim Neubau
von vornherein eine integrative Einrichtung.
»Alle Kinder, die im Stadtteil geboren werden,
sollen auch im Wohnort bleiben können«, forderte
der Pfarrer. Die »wohnortnahe Integration« ist
inzwischen von der Landesregierung verbindlich
vorgeschrieben. Zunächst war das Projekt bei der
Schwanheimer Bevölkerung sehr umstritten. Es
habe anonyme Anrufe gegeben und Beschimpfungen,
dass behinderte Kinder den anderen,
den gesunden, die Plätze wegnähmen. Pfarrer
Burkhard Sulimma, Giesela Gläser und andere
haben sich nicht aufhalten lassen. Ganz im
Gegenteil – eröffnet wurde die Kindertagesstätte
mit einer integrativen Kindergartengruppe. Drei
Jahre später wurde dieses Konzept auf alle drei
Gruppen erweitert. Zwei Erzieherinnen oder
Sozialpädagoginnen kümmern sich um die
Mädchen und Jungen einer Gruppe, unterstützt
von Zivildienstleistenden, Praktikantinnen und
Studierenden.
»Heute kann Patrick laufen, er kann sogar sprechen«,
sagt die Leiterin der Tagesstätte, Giesela Gläser.
»Er wurde gefordert, die anderen haben ihn
immer mit einbezogen, so hat er sich immer
weiter entwickelt.« Aber integrative Erziehung
kennt auch noch ganz andere Erfolge. Eltern und
Erzieherinnen machen immer wieder die gleiche
Erfahrung: Wo behinderte und nichtbehinderte
Kinder gemeinsam aufwachsen, da profitieren
nicht nur die vermeintlich Schwächeren. Auch
die nichtbehinderten Kinder gewinnen weit
mehr Erfahrungen und Einsichten im immer
mehr gefragten Bereich Sozialkompetenz als ihre
Altersgenossen. Sie lernen – vom Leben für das
Leben.
Ziele der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in
der EKHN
Kinder und Jugendliche sollen sich mit dem Evangelium vertraut
machen können; dabei geht es um Erfahrungen der Freiheit, Vertrauen
in die Welt zu gewinnen und Mut zum Leben zu fassen.
Kindern und Jugendlichen werden Erfahrungen von Gemeinschaft
ermöglicht. Sie erfahren Unterstützung für das Einüben von
gegenseitigem Verständnis und einen weiten Blick über den eigenen
Verstehenshorizont hinaus.
Kindern und Jugendlichen werden Möglicheiten gezeigt, eigene
Erlebnisse und Erfahrungen im Kontext der christlich-jüdischen
Tradition zur Entwicklung eigener Perspektiven einer gelingenden
Lebensgestaltung zu deuten.
Kindern und Jugendlichen werden Kenntnisse der biblischen,
religiösen und philosophischen Tradition vermittelt. Sie erfahren
Unterstützung für eine Auseinandersetzung mit geistigen Strömungen
und Wertvorstellungen der Gegenwart auf der Suche nach lebbaren
und glaubwürdigen Antworten im Alltag.
Kinder und Jugendliche werden zur Übernahme gesellschaftlicher und
politischer Verantwortung für ein öffentliches Engagement gestärkt.
AMT FÜR KINDER- UND JUGENDARBEIT
Das Amt für Kinder- und Jugendarbeit unterstützt die
gemeindliche Jugendarbeit und hält den Kontakt zu den freien
Jugendbünden.
Es bietet Seminare, Freizeiten, Workshops, Ausbildungsgänge
und Sozialarbeit an. Dafür stehen in der EKHN besondere Orte
zur Verfügung:
■ die Jugendburg Hohensolms in Oberhessen
■ die Jugendbildungsstätte Kloster Höchst im Odenwald
■ die Jugendwerkstatt Gießen
■ fünf Stadtjugendpfarrämter in Darmstadt, Mainz, Wiesbaden,
Frankfurt und Gießen.
Statistik 1999
Mitarbeiter/-innen
Statistik 1999
Anzahl
Hauptamtliche Mitarbeiter/-innen
(häufig mit eingeschränkter Stelle) 175
davon Dekanatsjugendreferenten 55
davon Gemeindepädagog(inn)en 120
schulbezogene Sozialarbeiter/-innen 8
Stadtjugendpfarrer/-innen 5
Nebenamtliche Dekanatsjugendpfarrer/-innen 45
Ehrenamtliche 21.700
Veranstaltungen
Anzahl
Seminarangebote 832
davon Ausbildung Ehrenamtlicher 345
Teilnehmer/-innen 7.602
davon Jugendbildungsseminare 419
Teilnehmer/-innen 2.383
davon Reflexionstagungen 68
Teilnehmer/-innen 1.565
KINDER- UND JUGENDARBEIT IN DEN GEMEINDEN
Anzahl
Kinder- und Jugendkreise 3.120
Eltern-Kind-Gruppen 1.578
Kinderbibelwochen 518
Konfirmationen 18.218
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