Magazin 199003
Magazin 199003
Magazin 199003
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Artikel 35<br />
[Rechts- und Amtshilfe, Katastrophenhilfe]<br />
(1) Alle Behörden des Bundes und der<br />
Länder leisten sich gegenseitig Rechtsund<br />
Amtshilfe.<br />
(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung<br />
der öffentlichen Sicherheit<br />
oder Ordnung kann ein Land in Fällen von<br />
besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen<br />
des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung<br />
seiner Polizei anfordern, wenn<br />
die Polizei ohne diese Unterstützung eine<br />
Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen<br />
Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe<br />
bei einer Naturkatastrophe oder bei einem<br />
besonders schweren UnglÜCksfall kann<br />
ein Land Polizeikräfte anderer Länder,<br />
Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen<br />
sowie des Bundesgrenzschutzes<br />
und der Streitkräfte anfordern.<br />
(3) Gefährdet die Naturkatastrophe<br />
oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als<br />
eines Landes, so kann die Bundesregierung,<br />
soweit es zur wirksamen Bekämpfung<br />
erforderlich ist, den Landesregierungen<br />
die Weisung erteilen, Polizeikräfte<br />
anderen Ländern zur Verfügung zu stellen,<br />
sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes<br />
und der Streitkräfte zur Unterstützung<br />
der Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen<br />
der Bundesregierung nach Satz 1 sind<br />
jederzeit auf Verlangen des Bundesrates,<br />
im übrigen unverzüglich nach Beseitigung<br />
der Gefahr aufzuheben.<br />
Der Einsatz der Bundeswehr bei friedensmäßigen<br />
Gefahrenlagen ist eine ausdrücklich<br />
im Grundgesetz festgelegte ,Sonderleistung' .<br />
Diese Beurteilung wird auch durch den früheren,<br />
ab 17. November 1977 gültigen Erlaß<br />
des Bundesministeriums der Verteidigung<br />
(BMVg) zur . Hilfeleistung der Bundeswehr im<br />
Frieden" unterstützt. Diese Einzelerlasse<br />
wurden durch Ministerialblatt des BMVg vom<br />
21 . November 1988 neu gefaßt. Sie sollen im<br />
folgenden Abschnitt analysiert werden:<br />
Bundeswehr und<br />
Katastrophenhilfe/Notfallhilfe<br />
Heinz Breuer, Leiter des Zentralen Katastrophendienststabes<br />
(ZKD) bei der Behörde<br />
des Innern des Senats der Freien und<br />
Hansestadt Hamburg, stel~ in seinem Beitrag<br />
im ZMZ -Sonderhefl"! ein wenig ironisch, aber<br />
dem Zeitgeist entsprechend fest: . Es ist ja<br />
richtig, die Streitkräfte sind zuständig für die<br />
Abwehr äußerer Bedrohung ... Aber auch<br />
den zivilen Katastrophenschützern muß man<br />
das sagen, weil sie die ganze Armee schon<br />
für den Katastrophenschutz vereinnahmt<br />
haben."<br />
Selbst politische Parteien oder Gruppierungen,<br />
die für die Auflösung der Bundeswehr<br />
plädieren, können sich Streitkräfte als<br />
Helfer in der Not gut vorstellen. Flut- und<br />
Schneekatastrophen, Flugzeugabstü.rze und<br />
Eisenbahnunglücke oder Chemie-/Dlunfälle<br />
sowie Unfälle in kerntechnischen Anlagen<br />
könnten nach Vorstellung eines Bundeslandes<br />
Szenarien bei militärischen Übungen<br />
sein'! Alle vergleichbaren Einsätze der Bundeswehr<br />
im In- und Ausland brachten entscheidende<br />
Hilfe. Und der Generalinspekteur<br />
der Bundeswehr, Admiral Wellershoff, hat<br />
mit Erlaß vom 23. Oktober 1986 durchaus<br />
den Einsatz bei Katastrophen und die Mitwirkung<br />
bei Übungen als dem militärischen<br />
Auftrag förderlich angesehen.<br />
.Neben dem Verteidigungsauftrag nach<br />
Artikel 87 a Absatz 1 GG haben solche<br />
Hineleistungen (Katastrophen u. ä., Verl.)<br />
einen hohen Stellenwert."<br />
. Die Bedingungen, unter denen Hilfseinsätze<br />
erfolgen, weisen häufig eine weitgehende<br />
Übereinstimmung mit Bedingungen<br />
auf, unter denen Einsatzaufträge ... zu erfüllen<br />
sind."<br />
"Die Durchführung von Hilfseinsätzen bei<br />
Naturkatastrophen, schweren UnglÜCksfällen<br />
oder bei dringender Nothilfe dient neben dem<br />
humanitären Zweck in vielen Fällen zugleich<br />
auch der AUSbildungsförderung der Truppe."<br />
Trotzdem ist diese Amts- und Katastrophenhilfe<br />
unbestritten kein Aufgabenbereich<br />
der Militärischen Landesverteidigung.<br />
Die Grundlagen der Hilfeleistungen der<br />
Bundeswehr im Frieden sind als EinzeIerlasse<br />
im Ministerialblatt des BMVg vom 21.<br />
November 1988 veröffentlicht. 6 !<br />
Aus diesen Richtlinien sind folgende wesentlichen<br />
Grundsätze beschrieben:<br />
Zum Einsatz von Rettungsmitteln der Bundeswehr<br />
im Rahmen des zivilen Rettungswesens:<br />
a) Alle Rettungsmittel der Bundeswehr<br />
dienen vornehmlich der medizinischen Versorgung<br />
von Bundeswehr-Angehörigen.<br />
b) Der Einsatz von Rettungshubschraubern<br />
im Rahmen des militärischen Such- und<br />
RettungSdienstes (SAA) hat absoluten Vorrang<br />
vor Einsätzen im zivilen Bereich.<br />
c) Die Einsätze von Rettungshubschraubern<br />
und Notarztwagen sind grundsätzlich<br />
auf 50 km UmkreiS um das jeweilige Rettungszentrum<br />
beschränkt.<br />
In Ausnahmefällen kann dieser Radius auf<br />
80 km erweitert werden.<br />
d) Die Entscheidungsbefugnis der Bundeswehr<br />
über die Durchführung des Einsatzes<br />
bleibt unberührt.<br />
e) Alle Einsätze sind kostenpflichtig; es<br />
werden Kostenpauschalen erhoben, die<br />
durch das BMVg festgesetzt und von der WBV<br />
mit den zivilen Kostenträgern und Organisationen<br />
vereinbart werden.<br />
Zu Hilfeleistungen der Bundeswehr bei<br />
Naturkatastrophen oder besonders schweren<br />
UnglÜCkSfällen und im Rahmen der dringenden<br />
Nothilfe:<br />
a) Der Einsatz ist grundsätzlich nur zulässig,<br />
wenn das betroffene Land oder die<br />
zuständige Katastrophenschutzbehörde bei<br />
regionaler Gefährdung gem. Art 35, Abs. 2<br />
GG die Hilfe anfordert<br />
b) oder bei überregionaler Gefährdung die<br />
Bundesregierung den Einsatz beschließt und<br />
das BMVg einen entsprechenden Befehl<br />
gem. Art 35, Abs. 3 GG erteilt.<br />
c) Die Bw leistet Hine nur solange, bis<br />
zivile Einrichtungen und Organisationen am<br />
Katastrophenort einsatzbereit sind.<br />
d) Über Art und Umfang des Einsatzes<br />
entscheiden die regional oder örtlich zuständigen<br />
territorialen Befehlshaber/Kommandeure<br />
(TerrKdo - VKK) im Einvernehmen mit<br />
den Kommandobehörden und Einheitsführern<br />
der Teilstreitkraft.<br />
e) Die zuständige Wehrbereichsverwaltung<br />
ist zu beteiligen.<br />
f) Ist bei Naturkatastrophen oder besonders<br />
schweren Unglücksfällen sofortige Hilfe<br />
geboten, die vorherige Anforderung der Bundeswehr<br />
durch die zuständigen Katastrophenschutzbehörden<br />
jedoch nicht oder nicht<br />
rechtzeitig möglich, hat jeder Kommandeur,<br />
Dienststellenleiter und Einheitsführer selbständig<br />
die für die sofortige Hilfe erforderlichen<br />
Maßnahmen zu treffen. In diesem Falle<br />
ist die zuständige Behörde unverzüglich über<br />
die Hilfeleistung der Bundeswehr zu unterrichten.<br />
Die verantwortliche Gesamtleitung des<br />
Einsatzes geht auf den Katastropheneinsatzleiter<br />
der zuständigen Behörde der inneren<br />
Verwaltung über, sobald dieser zur Stelle ist<br />
oder Anordnungen trifft.<br />
g) Der den Einsatz der Truppenteile und<br />
Dienststellen leitende Offizier erhält seine<br />
Weisung für den Einsatz von dem für den<br />
Gesamteinsatz aller beteiligten Helfer verantwortlichen<br />
Katastropheneinsatzleiter der zuständigen<br />
Behörde der inneren Verwaltung<br />
der Länder.<br />
h) Die zur Hilfeleistung eingesetzten Bundeswehrwehrangehörigen<br />
bleiben ihren<br />
Kommandeuren, Dienststellenleitern und<br />
Einheitsführern unterstellt. Werden mehrere<br />
Truppenteile und Dienststellen oder Angehörige<br />
verschiedener Truppenteile und Dienststellen<br />
der Bundeswehr eingesetzt, übernimmt<br />
zunächst der dienstälteste Soldat den<br />
Befehl, bis durch den regional zuständigen<br />
Befehlshaber/Kommandeur des Territorialheeres<br />
oder den nächsten gemeinsamen<br />
Truppenvorgesetzten ein Offizier mrt der Leitung<br />
des Einsatzes beauftragt wird. Der<br />
jeweilige leitende Offizier ist auch befugt,<br />
eingesetzten Beamten und Arbertnehmern<br />
der Bundeswehr dienstliche Anordnungen zu<br />
erteilen.<br />
i) Die für die Katastrophenhine entstandenen<br />
Aufwendungen sind der Bundeswehr zu<br />
erstatten.<br />
IBEVOLKERUNGSSCHUTZ·MAGA.ZlN 3/901 25