Magazin 199003
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Die DGzRS wird U5 Jahre alt<br />
Vor 125 Jahren, arn 29. Mai 1865,<br />
wurde die Deutsche Gesellschaft zur<br />
Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) gegründet.<br />
Seit jener Zeit fUhrt sie den<br />
Such- und Rettungsdienst im Seenotfall<br />
eigenverantwortlich und unabhängig<br />
durch. Mehr als 50(XX) Menschen<br />
verdanken inzwischen ihr Leben dem<br />
schnellen Eingreifen der Seenotretter.<br />
Wie wichtig eine moderne, leistungsstarke<br />
Rettungsflotte auch und<br />
gerade heute noch ist, belegen die<br />
Zahlen des in Bremen ansässigen Rettungswerks<br />
für das vergangene Jahr.<br />
Insgesamt waren die 130 festangestellten<br />
und über 200 freiwilligen Rettungsrnänner<br />
auf ihren 36 Booten<br />
2243mal im Einsatz (1988: 2005 Einsätze).<br />
Dabei wurden 188 Schiffbrüchige<br />
(1988: 334) gerettet und weitere<br />
1659 Pe~onen (1988: 1(08) aus Gefahr<br />
befreit. Zudem wurden 556 Kranke<br />
oder Verletzte von Seeschiffen,<br />
Inseln und Halligen zum Festland<br />
transportiert und in 72 Fällen Schiffe<br />
oder Boote vor dem Totalverlust bewahrt.<br />
Ferner konnten die Rettungsmänner<br />
der DGzRS 628mal Wasserfahrzeugen<br />
aller Art technische Hilfe<br />
leisten. Insgesamt legten die Einheiten<br />
der DGzRS 1989 in ihren Gebieten<br />
von Nord- und Ostsee rund 52500<br />
Seemeilen zurück (= ca. 97000 km).<br />
Sämtliche Einsätze im Seenotfall<br />
werden von der Seenotleitung Bremen<br />
der DGzRS zentral koordiniert. Hier<br />
laufen im Ernstfall alle Fäden zusammen.<br />
Die Seenotleitung Bremen ist<br />
darüber hinaus als Ansprechpartner<br />
und Vennittler tätig bei Seenotf1illen<br />
mit deutscher Beteiligung außerhalb<br />
des eigentlichen Zuständigkeitsbereichs<br />
der DGzRS. 132mal konnten im<br />
vergangenen Jahr wichtige Infonnationen<br />
ausgetauscht sowie Rettungsrnaßnahmen<br />
initiiert oder unterstützt<br />
werden.<br />
Den ersten schwierigen Einsatz verzeichnete<br />
die DGzRS im Februar<br />
1989, als 226 Personen von einem<br />
Fahrgastschiff abgeborgen werden<br />
mußten, das bei dichtem Nebel in der<br />
Ostsee auf Grund gelaufen war. Alle<br />
Hände voll zu tun hatten die Rettungsmänner<br />
dann vor allem fiir den Wassersport<br />
im April und noch einmal im<br />
Herbst des vergangenen Jahres, als<br />
schwere Stünne die Ostseeküste erschütterten.<br />
Ein weiterer Einsatzschwerpunkt<br />
war die Rettung von drei<br />
dänischen Fischern in der Nacht vom<br />
Rund um die Uhr, bei jedem Wetter klar zum Einsatz: Die Seenotrettungsboote und Seenotkreuzer der DGzRS.<br />
10. auf den 11. April 1989, deren<br />
Kutter vor Helgoland gesunken war.<br />
Allein während eines stünnischen Juli-Wochenendes<br />
wurden 35 Schiffbrüchige<br />
- vornehmlich Freizeitskipper<br />
und Fischer - zum Teil in Zusammenarbeit<br />
mit den Hubschraubern der Marine<br />
in Sicherheit gebracht. Ebenso<br />
waren die Seenotrener rechtzeitig zur<br />
Stelle, als im Herbst ein Schiff in<br />
Brand geraten war, das zu einer Seebestanung<br />
in der Deutschen Bucht ausgelaufen<br />
war. Trauergäste und Besatzungsmitglieder<br />
konnten abgeborgen<br />
werden, bevor anschließend das Feuer<br />
auf dem Havaristen unter Kontrolle<br />
gebracht wurde. Aufsehen ertegte<br />
schließlich auch die Kollision der<br />
Fracht- und Personenfahre "Harnburg"<br />
mit einem Handelsschiff vor '<br />
Helgoland, bei der drei Passagiere den<br />
Tod fanden und zahlreiche Pe~onen<br />
verletzt worden waren.<br />
Zu den kuriosen Ereignissen zählt<br />
die "Rettung" von vier Papageien, die<br />
zu der "Besatzung" einer Motoryacht<br />
gehörten, die vor Norderney Wassereinbruch<br />
im Maschinenraum gemeldet<br />
hatte. Und mancb ein Heuler (ein kleiner,<br />
vom Muttertier verlassener Seehund)<br />
konnte von den Rettungsmännern<br />
aufgefunden und in eine Aufzuchtstation<br />
gebracht werden.<br />
Auch 1989 gab es Unglücksfälle,<br />
bei denen der Einsatz vergeblich war<br />
und die See sich als stärker erwiesen<br />
hat. Tragisches Beispiel hierfür ist der<br />
Tod von fiinf Wattwanderern, die im<br />
Herbst im nordfriesischen Wattenmeer<br />
vom plötzlichen Seenebel und<br />
auflaufendem Wasser überrascht wurden<br />
und von illrer Wanderung nicht<br />
mehr zurückkehrten.<br />
Für das Jubiläumsjahr 1990 sind<br />
von seiten des Seenotrettungswerks,<br />
das ausschließlich von freiwilligen<br />
Zuwendungen getragen wird, keine<br />
großen Feierlichkeiten vorgesehen.<br />
Schwerpunkt der Aktivitäten wird<br />
vielmehr die Fortsetzung der Modernisierung<br />
der Rettungsflotte sein. Hierzu<br />
zählen die Tochterboot-Neubauten fUr<br />
zwei im Dienst befindliche Seenotkreuzer,<br />
der Bau eines 8-m-Seenotrettungsbootes<br />
sowie die Indienststellung<br />
von drei Seenotkreuzer-Nachbauten<br />
der bewährten 23-m-Klasse.<br />
Im Zuge der politiscben Veränderungen<br />
in der DDR werden 1990 zudem<br />
Gespräche mit den Kollegen des<br />
staatlichen Seenotrettungsdienstes der<br />
DDR im Mittelpunkt stehen. Mit der<br />
Öffnung der Grenzen wird eine starke<br />
Zunahme des Fährverkehrs, vor allem<br />
aber des Wasse~ports im Bereich der<br />
westlichen Ostsee und der zur DDR<br />
gehörenden Küste erwartet. Die<br />
DGzRS ist darauf vorbereitet, die<br />
DDR bei der Ve~tärkung ihres Rettungsdienstes<br />
im benachbarten Einsatzbereich<br />
zu unterstützen. Dies<br />
könnte nach den Vo~tellungen der<br />
DGzRS zum Beispiel durch die Abgabe<br />
ausgemusterter Einheiten erfolgen.<br />
E~te Gespräche zwischen Vertretern<br />
beider Seenotrettungsdienste, die im<br />
übrigen auch bislang schon kollegial<br />
und unbürokratisch zusammengearbeitet<br />
haben, sind auf Wunsch der<br />
DDR fiir Januar 1990 geplant.<br />
Im Rahmen des 125jährigen Jubiläums<br />
der Deutschen Gesellschaft zur<br />
Rettung Schiffbrüchiger ist am 29.<br />
Mai 1990 im Bremer Rathaus ein Festakt<br />
vorgesehen, im Anschluß daran<br />
die Taufe des e~ten 23-m-Seenotkreuzer-Nachbaus.<br />
Am Sonntag, dem 10.<br />
6. 1990, wird dann vom Betriebsgelände<br />
der DGzRS-Hauptverwaltung in<br />
der Werderstraße 2 in Bremen das<br />
I(XX). Hafenkonzert von Radio Bremen<br />
übertragen, dem sich fiir die Bevölkerung<br />
ein "Tag der offenen Tür"<br />
anschließen wird. Die Gesellschaft<br />
hofft natürlich, daß gerade im Jubiläumsjahr<br />
viele Bürgerinnen und Bürger<br />
Anteil nehmen an der Arbeit des<br />
Rettungswerks, und freut sich über<br />
jede zusätzliche Geburtstagsspende.<br />
Anläßlich des Jubiläums gibt die<br />
Deutsche Bundespost ab dem 3. Mai<br />
1990 eine 6O-Pfennig-Sonderbriefmarke<br />
heraus. die DGzRS selbst bietet<br />
ihren Freunden und Förderern eine<br />
Gedenkrnedaillen-Serie in Silber an,<br />
auf denen die drei grnßen Epochen in<br />
der Entwicklung des deutschen Seenotrettungswesens<br />
- die Zeit der Ruderboote,<br />
der Motortettungsboote und<br />
schließlich der Seenotkreuzer - festgehalten<br />
sind, wobei die Gesellschaft<br />
ganz bewußt auch die Bedeutung des<br />
Menschen im Seenotrettungsdienst<br />
betont. Wichtigste Voraussetzung fiir<br />
den erfolgreichen Einsatz auf See sind<br />
trotz aller Technik heute wie darnals<br />
die Rettungsmänner, illre uneingeschränkte,<br />
selbstlose Einsatzbereitschaft<br />
auf rein freiwilliger Basis und<br />
illre hohe Qualifikation.<br />
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