Magazin 199003
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den; die Bundesrepublik Deutschland kann<br />
das nicht! '")<br />
Als Verfasser dieses Artikels sehe ich mich<br />
durch den Verfassungs- und Völkerrechtler<br />
R. Schröder bestätigt, der die durch Ramstein<br />
und Remscheid virulent gewordenen Probleme<br />
nach Zuständigkeit und Abgrenzung im<br />
Falle einer Katastrophe ausschließlich auf<br />
das NATO-Zusatzabkommen projiziert. Für<br />
Unglücksfälle auf und über alliierten liegenschaften<br />
besteht somrt Handlungs- und Regelungsbedarf,<br />
insbesondere die Koordinierung<br />
vor Ort.<br />
Regelungsvorschlag und<br />
Zusammenfassung<br />
Wie kann eine pragmatische Lösung herbeigeführt,<br />
kann Klarheit geschaffen werden,<br />
damit die Verfahrensunterschiede, die Abstimmungs-<br />
und Kommunikationsprobleme,<br />
die Reibungsverluste von Remscheid und<br />
Ramstein künftig vermieden werden<br />
können?<br />
Das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut<br />
regelt im Artikel 53, daß<br />
- die Truppe innerhalb der eigenen liegenschaften<br />
ihre eigenen Vorschriften anwenden<br />
kann , wenn diese mindestens<br />
dem deutschen Recht ,ebenbürtig' sind.<br />
D. h., der Kommandeur/Dienststellenlerter<br />
prüft nicht nur diese ,Rechtsparität', sondern<br />
er ist auch der Ansprechpartner der<br />
deutschen Behörden und<br />
- die Truppen und das zivile Gefolge sicherzustellen<br />
haben, daß die deutschen Behörden<br />
die zur Wahrnehmung deutscher<br />
Belange erforderlichen Maßnahmen innerhalb<br />
der Liegenschaften durchführen<br />
können. Auch hier ist der Kommandeur/<br />
Dienststellenleiter der Verantwortliche.<br />
Nach deutschem Recht ist für den friedensmäßigen<br />
Katastrophenschutz (in Zuständigkeit<br />
der Bundesländer) der Hauptverwaltungsbeamte<br />
der unteren Verwaltungsebene,<br />
der Kreisebene verantwortlich. Je<br />
nach Land sind dies der Landrat/Oberbürgermeister<br />
bzw. Oberkreisdirektor/Oberstadtdirektor.<br />
Oie Lösung kann somit nur lauten:<br />
Zwischen dem Standortkommandanten der<br />
fremden Streitkräfte und dem Hauptverwaltungsbeamten<br />
sind gegenseitige Hilfeleistungsabkommen<br />
zu vereinbaren. Sie können<br />
auch als gemeinsame Katastrophenschutzpläne<br />
abgeschlossen werden.")<br />
In ihnen sind zu regeln (kein Ausschließlichkeitskatalog):<br />
- Zusammensetzung der Stäbe<br />
- Verantwortlicher Leiter des Stabes<br />
- Sitz der Stäbe (stationär/mobil)<br />
- Kommunikationsmittel (gleiche oder kompatible<br />
Geräte/Frequenzen etc.)<br />
- Fremdsprachigkeit (Übersetzer im jeweils<br />
anderen Stab)<br />
- gleiches Kartenmaterial (gleiche Maßstäbe/M<br />
eldegitter /Koordi naten)<br />
- zeitliche Festlegung von gemeinsamen<br />
Alarm-/Melde-/Einsatzübungen<br />
- Auflistung des Medizinischen/Sanitätspersonals<br />
- Auflistung der medizinischen Ausrüstung/<br />
Ausstattung<br />
- Auflistung der Versorgungs- und Transportmittel<br />
- Festlegung der Verfahren zur Versorgung<br />
und Betreuung von VerwundetenNerletztenNerirrten<br />
etc.<br />
- Bestellung des oder der leitenden Ärzte<br />
- Auflistung der Krankenhäuser und ihrer<br />
Aufnahmekapazitäten<br />
- Benennung der Ansprechpartner in den<br />
Kliniken (nicht namentlich, sondern nach<br />
Abteilung, Dienststeilung, z. B. Oberarzt<br />
Chirurgie, Tel.-Nr. ... )<br />
- Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser,<br />
insbesondere Intensivstation, Abteilungen<br />
für Brandverletzte<br />
- Durchführung von Sicherheits- und Absperrrnaßnahmen<br />
durch<br />
+ Polizeikräfte des Landes<br />
+ Militärpolizei<br />
+ gemeinsam, wenn ja - Leitung?<br />
+ Kommunikation, Karten etc. s. o.<br />
- Feuerwehrkräfte, Hilfsorganisationen,<br />
Stärke, Einsatzbereitschaft nach Zeit/Ausrüstung<br />
- ArtIWege der Alarmierung<br />
- Daten zur Fortschreibung des Alarmplanes<br />
- Adressenlisten der Hilfs- und Unterstützungskräfte<br />
(z. B. TransportiKrankenunternehmen)<br />
(Oie Abfolge der Punkte bedingt keine<br />
Priorität)<br />
Diese Auflistung bedarf sicher der Vervollständigung.<br />
Sie ist darüber hinaus der jeweils<br />
speziell örtlichen Situation anzupassen. Dies<br />
kann sein unter anderem Flugplatz, Heeresdepot,<br />
Kaserne/Bundesland - fremde Streitkräfte/Größe<br />
der militärischen Liegenschaft.<br />
Besonders wichtig ist auf der Seite der<br />
fremden TruppenNerbündeten die Kompetenz<br />
des militärischen Vertragspartners. Sie<br />
hängt nicht nur von der Person des militärischen/zivilen<br />
FührersiDienststelienleiters,<br />
sondern auch von der Kommandostruktur der<br />
Streitkräfte ab. Beide Elemente bestimmen<br />
die Effizienz des Hilfeleistungsabkommens.<br />
Zu beachten sind<br />
- DienststeIlung<br />
- Dienstgrad<br />
- Mitwirkung/Mitzeichnung der vorgesetzten<br />
Behörde/Kommandoebene<br />
- Frage nach der persönlichen Bindung des<br />
Vertrages an die Person des Unterzeichnenden<br />
(hier ist gemeint, ob das Abkommen<br />
nicht mit der Versetzung des militärischen<br />
Vertragspartners außer Kraft tritt)<br />
Oie letzte Frage ist heikel und mrt Fingerspitzengefühl<br />
zu prüfen. Ein amerikanischer<br />
General ist ohne Zustimmung (schriftlich!)<br />
oder ohne Auftrag von USAREUR (oberste<br />
Kommandobehörde in Europa) in Heidelberg<br />
nicht befugt, ein bilaterales Abkommen abzuschließen.<br />
Die beschriebene Situation ist<br />
von Nation zu Nation unterschiedlich.<br />
Als Berater bei den Verhandlungen, wegen<br />
der Sprachkenntnisse, wegen der militärischen<br />
Gliederung, wegen der milrtärischen<br />
Besonderheiten der anderen Nation, wegen<br />
des Kennens der verantwortlichen Ansprechpartner<br />
und vielem anderen mehr sollte<br />
dringend der jeweilige territoriale Kommandeur<br />
der Bundeswehr (VB- beziehungweise<br />
VK-Kommandeur) hinzugezogen werden. Er<br />
kennt die speziellen Vorgaben, großteils aus<br />
Erfahrung.<br />
Resümee<br />
Ramstein hat eine traurige Bilanz: 71 Tote,<br />
400 teilweise SChwerstverletzte, 250 Millionen<br />
DM Sachschaden. So traurig diese Bilanz<br />
ist, das Unglück hat auch bewirkt, daß über<br />
Verbesserungen bei Großschadenslagen, wie<br />
schweren Unglücksfällen und Katastrophen,<br />
nachgedacht wird. Das Land Rheinland-Pfalz<br />
hat laut RHEINPFALZ vom 26. Juni 1989 die<br />
Konsequenzen gezogen. Das Staatsministerium<br />
des Innern und für Sport .hat eine<br />
Mustervereinbarung entwickelt, die am 23.<br />
August 1989 durch den Innenminister Rudi<br />
Geil persönlich und dem Kommandierenden<br />
General der 17. Luftflotte (US), Generalmajor<br />
Robert L. Rutherford, unterzeichnet wurde.<br />
Bei meinem Vortrag am 27. April 1989 in<br />
Zweibrücken erfuhr ich, daß das Land die<br />
vorgeschlagene Lösung einer Vereinbarung<br />
selbst beabsichtigt.<br />
Der Anästhesist Prof. Dr. W. Ahnefeld hat<br />
in seinem Vortrag vor der Schutzkommission<br />
beim Bundesminister des Innern ,Ramstein<br />
- SChlußfolgerungen aus einer Analyse "'~<br />
verdeutlicht, daß funktionsfähige Konzepte<br />
für eine effektive Schadensbewältigung aus<br />
medizinischer Sicht nicht vorhanden waren.<br />
Er fordert daher: "Wichtiger erscheint es mir,<br />
Schlußfolgerungen zu ziehen, die eine übergeordnete<br />
Bedeutung haben ... Darüber hinaus<br />
wäre es wünschenswert, generelle Vorkehrungen<br />
zu treffen, die eine Koordination<br />
und Kooperation zwischen deutschen Hilfsorganisationen,<br />
der Polizei und des KatastrophenSChutzes<br />
mit alliierten Streitkräften verbessern.<br />
Bei jedem Massenanfall von Verletzten,<br />
insbesondere in einem Katastrophenfall,<br />
sollte die Möglichkeit bestehen, die<br />
Hilfe der alliierten Streitkräfte in Anspruch zu<br />
nehmen. Von gleicher Bedeutung erscheint<br />
bei einem Massenanfall von Verletzten bzw.<br />
einer Katastrophe die Zusammenarbeit mit<br />
der Bundeswehr ... Dem Fachausschuß V ist<br />
nicht bekannt, ob hierfür ausreichende Konzepte<br />
vorliegen."<br />
I BEVOLKERUNGSSCHUTZ -MAOOIN 3/90 I 29