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Magazin 199003

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Bundesrepublik Deutschland seit 1. Juli 1963<br />

in Kraft, das die Rechtsstellung der Truppen<br />

der Vertragsparteien während ihres Aufenthalts<br />

auf dem Hoheitsgebiet einer anderen<br />

Vertragspartei regelt, ist vom friedensmäßigen<br />

Rettungswesen oder Katastrophenschutz<br />

nicht die Rede.<br />

Im Zusatzabkommen zu dem oben genannten<br />

Abkommen zwischen den Parteien<br />

des Nordatlantikvertrages über die RechtssteIlung<br />

ihrer Truppen hinsichtlich der in der<br />

Bundesrepublik Deutschland stationierten<br />

ausländischen Truppen - NATO - Zusatzabkommen<br />

vom 3. August 1959 (seit 1. Juli<br />

1963 für die Bundesrepublik Deutschland in<br />

Kraft), geändert durch Abkommen vom 21 .<br />

Oktober 1971 , das am 18. Januar 1974 in<br />

Kraft gesetzt wurde, finden sich expressiv<br />

verbis die Begriffe Katastrophe, Notfall etc.<br />

nicht. Die folgenden Artikel dieses Zusatzabkommens<br />

stellen jedoch den Bezug zu friedensmäßigen<br />

Notsituationen her:<br />

Im Artikel 3 .Zivil-Militärische Zusammenarbeit"<br />

werden die Prinzipien<br />

- Förderung und Wahrung der Sicherhert<br />

sowie Schutz des Vermögens der Bundesrepublik<br />

und<br />

- Förderung und Wahrung der Sicherhert<br />

sowie auf den Schutz des Vermögens von<br />

Deutschen<br />

benannt.<br />

Um diese Grundsätze als Rechtsgut zu<br />

schützen bzw. sie auszufüllen, isVsind<br />

- die Zusammenarbeit durch gegenseitige<br />

Unterstützung zwischen den Behörden<br />

von Aufnahme- und Entsendestaatsicherzustellen,<br />

- die Zusammenarbeit durch geeignete<br />

Maßnahmen und enge gegenseitige Verbindung<br />

zu gewährleisten und<br />

- erforderliche Maßnahmen gegebenenfalls<br />

durch Verwaltungsabkommen oder andere<br />

Vereinbarungen vorzusehen.<br />

Es läßt sich durchaus feststellen, daß die<br />

alliierten Truppen auf dem Staatsgebiet der<br />

Bundesrepublik Deutschland eine evidente<br />

Pflicht zum Schutz und für die Sicherheit der<br />

Bundesbürger und ihrer Güter haben und<br />

damit eine Analogie zum nationalen Verfassungsrecht,<br />

Art. 2, Abs. 2, Satz 1 .Jeder hat<br />

das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit"<br />

hergestelrt wird.<br />

Neben diesen Grundlagen weisen vor allem<br />

die Artikel 53 .Sicherheitsmaßnahmen<br />

bei überlassenen Liegenschaften" und 54<br />

.Zusammenarbeit im Gesundheitswesen"<br />

wichtige Bezüge zum Katastrophenschutz<br />

und Rettungswesen auf. Prinzip in beiden<br />

Artikeln ist - nach Auffassung des Verf. sehr<br />

bedeutend - , daß<br />

a) die Truppe die zur befriedigenden Erfüllung<br />

ihrer Verteidigungspflichten oder der<br />

Erhaltung der Gesundheit erforderlichen<br />

Maßnahmen innerhalb der ihr zur ausschließlichen<br />

Nutzung überlassenen liegenschaften<br />

treffen kann, das heißt jederzeit,<br />

nach eigener Entscheidung, in eigener Zuständigkeit<br />

und in selbst zu bestimmenden<br />

Rahmen,<br />

b) die Truppe ihre eigenen Vorschriften<br />

anwenden kann, soweit sie gleichwertige<br />

oder höhere Anforderungen stellen als das<br />

deutsche Recht und<br />

c) die eigenen nationalen Behörden, soweit<br />

deutsches Recht berührt ist, mit den<br />

Behörden der Truppe Vereinbarungen<br />

schließen.<br />

Insbesondere die in Satz b) den Alliierten<br />

rechtlich zugestandene EntsCheidung der<br />

Anwendung eigenen Rechts, sofern es dem<br />

deutschen gleichwertig ist, zeigt, daß die<br />

eigenen Rechte der Bündnispartner neben<br />

den Rechten der Bundesrepublik Deutschland<br />

stehen. Sie sind nicht untergeordnet,<br />

sondern beide Rechte sind zu koordinieren.<br />

Diese Gleichrangigkeit hat im Zusammenhang<br />

mit den Unglücksfällen von Ramstein<br />

und Remscheid aber auch der Lagerung<br />

chemischer Waffen auf dem Gebiet der Bundesrepublik<br />

Deutschland (z. B. Lager Fischbach/Pfalz)<br />

zur Diskussion um die Souveränität<br />

der Bundesrepublik Deutschland gerade<br />

in jüngster Zeit geführt. Wenn auch<br />

durch Abgeordnete des . Iinken Lagers' und<br />

durch Vertreter der Friedensbewegung einseitig,<br />

überzeichnend und nicht ohne eine<br />

gewisse Demagogie die Souveränität generell<br />

- zu Unrecht - in Zweifel gezogen<br />

worden ist, so ist auch festzuhalten, daß die<br />

Antworten der Regierungsparteien einen zu<br />

optimistischen Status konstatierten.<br />

Daher soll im Rahmen dieses Beitrags in<br />

einem Exkurs die Bewertung der Souveränität<br />

der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen<br />

werden, die für die Kompetenz­<br />

Prüfung bei der Zuständigkeit von Katastrophenschutzbehörden<br />

beziehungsweise von<br />

alliierten Streitkräften und Behörden unerläßlich<br />

ist.<br />

Als aktueller Anlaß ist die Verweigerung<br />

der Besuchserlaubnis des rheinland-pfälzisehen<br />

Wirtschaftsministers und stellvertretenden<br />

Ministerpräsidenten, Rainer Brüderle<br />

(F.D.P.) in Fischbach zu sehen. Dieser erstaunlich<br />

wenig bei Kritikern unseres Staatswesens<br />

registrierte Affront wurde im April<br />

1989 in der in Ludwigshafen erscheinenden<br />

RHEINPFALZ gemeldet: . Brüderle darf Giftgaslager<br />

in Fischbach nicht besuchen." Der<br />

kurze Artikel vom 29. April 1989 sagt folgendes:<br />

.Der rhein land-pfälzische FDP-Vorsrtzende<br />

darf das Giftgaslager in Fischbach<br />

nicht besuchen. Dies geht aus einer Mitteilung<br />

der Liberalen hervor. Brüderle hatte sich<br />

im Zusammenhang mit der beabsichtigten<br />

Vernichtung der dort gelagerten Chemiewaffen<br />

davon überzeugen wollen, daß die Bestände<br />

in einem transportfähigen Zustand<br />

seien. Der FDP-Chef bezeichnete die Weigerung<br />

der Amerikaner, ihm Zutritt zum Depot<br />

zu gewähren, als eine vertane Chance, das<br />

deutsch-amerikanische Verhältnis in Fragen<br />

der Abrüstung zu festigen." Die maßvolle und<br />

zurückhaltende Reaktion der Landesregierung<br />

und der F.D.P. war dann nochmals in<br />

der RHEINPFALZ vom 9. Mai 1989 sichtbar.<br />

Unter der Überschrift . Brüderle: NATO-Truppenstatut<br />

überarbeiten" wird ausgeführt:<br />

. Der rhein land-pfälzische FDP-Vorsitzende<br />

Rainer Brüderle hat sich für eine Überarbeitung<br />

des NATO-Truppenstatuts ausgesprochen.<br />

Er begründete dies vor der Landespressekonferenz<br />

mit den nach seiner Einschätzung<br />

unzureichenden Rechten der<br />

Deutschen auf ihrem eigenen Territorium."<br />

Dieses Ereignis, das in den Parteien und<br />

der Presse weniger im rechtlichen, denn im<br />

politisch-atmosphärischen Bereich zu sehen<br />

ist, soll nachfolgend anhand der profunden<br />

Ausführungen von Prof. Dr. Dieter Schröder,<br />

Berlin, im März 1989 einer Analyse unterzogen<br />

werden. Die in seinem Beitrag . Die Reste<br />

des Besatzungsrechts in der Bundesrepublik<br />

Deutschland " genannten Fakten und Thesen<br />

werden in verkürzter Form vorgestelrt:8)<br />

Die Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945<br />

bildet den Ausgangspunkt unserer BetraChtungen.<br />

Die alliierten Oberbefehlshaber (Eisenhower,<br />

SChukow, Montgomery und Lattre<br />

de Tassigny) erließen eine Erklärung, in der<br />

sie den völkerrechtlichen Bestand Deutschlands<br />

feststellten . (Deutschland bleibt<br />

Rechtssubjekt, nach Alois Mertes am 13.<br />

Juni 1985.)<br />

Der zweite historisch und rechtlich bedeutsame<br />

Vertrag war der Deutschland-Vertrag<br />

von 1952/54 (in Kraft seit 5. Mai 1955),<br />

der als sog. "Generalvertrag" der Bundesrepublik<br />

Deutschland die Souveränität für alle<br />

inneren und äußeren Angelegenheiten übertrug.<br />

Damit wurde das Ende des Besatzungsrechts,<br />

das vom 8. Mai 1945 bis zum 5. Mai<br />

1955 andauerte, für die Bundesrepublik<br />

Deutschland, nicht aber für .Ganz" Deutschland<br />

(in den Grenzen von 1937) geregert.<br />

Zugleich blieb das Recht auf Stationierung<br />

von Truppen erhalten. Reste des Besatzungsrechts<br />

(nach einer Übersicht vom 28.<br />

September 1961, Beilage zum Bundesanzeiger<br />

Nr. 187) blieben in Art 79, Abs. 1 GG<br />

verankert. Diese Normierung wurde mit dem<br />

4. Gesetz zur Änderung des GG vom 26. März<br />

1954 im Deutschen Bundesta9 beschlossen.<br />

Die aktuellen Rechte und Pflichten der<br />

Alliierten auf unserem Terrrtorium wurden im<br />

NATO-Truppenstatut plus Zusatzabkommen<br />

(s. vorstehend) geregert, zu dem der Deutsche<br />

Bundestag am 18. August 1961 erklärte,<br />

daß . es sich um einen völkerrechtlichen<br />

Vertrag und kein Besatzungsrecht handle".<br />

Rechtshistorisch ist zudem die Haager<br />

Landkriegsordnung von 1907 bedeutsam,<br />

die eine Besetzung ohne Besatzungsrecht<br />

ermöglicht. Nur im Falle der fehlenden .Inneren<br />

Stabilität" beziehungsweise von funktionsfähigen<br />

Landesgesetzen - also bei<br />

mangelnder Sicherheit und Ordnung kann<br />

das Besatzungsrecht eingeführt werden. Damit<br />

wird die Erste Säule der Zivilen Verteidigung,<br />

d. i. ,Aufrechterhaltung der Staats- und<br />

IBEVOLKERUNGSSCHUfZ-MAGAZIN 31901 27

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