PICTURE ALLIANCE / DPA Einmarsch der westd<strong>eu</strong>tschen Olympiamannschaft 1972 ins Münchner Stadion, Funktionär Bach: Ist die Republik noch immer vers<strong>eu</strong>cht? KAI-UWE WÄRNER / PICTURE ALLIANCE / DPA 138 DER SPIEGEL 33/2013
Sport SPORTPOLITIK Weggucken, wegducken Der Aufschrei über das Dopingsystem der alten Bundesrepublik zeigt: Vielen Politikern und Funktionären fehlt das Interesse daran, die Vergangenheit aufzuklären und den Betrug von h<strong>eu</strong>te konsequent zu bekämpfen. Ein einziger Tag im September 2011 hätte genügt, um im d<strong>eu</strong>tschen Sport ein Beben auszulösen. Damals präsentierten Historiker aus Berlin und Münster der Presse, was sie über den Betrug im westd<strong>eu</strong>tschen Sport erforscht hatten. Zwei Jahre lang hatten sie Archive durchforstet und Zeitz<strong>eu</strong>gen befragt, das Ergebnis war ein Bild des Schreckens: Vor der Wende existierte in der Bundesre - publik ein umfassendes Dopingsystem, betrieben von Sportärzten, gedeckt von Funktionären, gefördert vom Staat. Am selben Tag, dem 26. September, beschrieb der SPIEGEL (39/2011) auf fünf Seiten, was der damalige Zwischenbericht der Forscher im Detail enthielt. Es ging um kriminelle Energie und Cliquenwirtschaft, um medaillenhungrige Politiker, die im Kalten Krieg mit der DDR mithalten wollten, um rücksichtslose Mediziner und missbrauchte St<strong>eu</strong>ermillionen, um eine ganze Menge also, was einen Aufschrei hätte auslösen können. Es passierte: fast nichts. Die Resonanz unter Politikern, Funktionären und in der Öffentlichkeit blieb verhalten. Es überraschte wohl niemanden mehr, dass auch im Westen gedopt worden war, anders organisiert als im Osten, klüngelhafter, aber ebenfalls systematisch. Nun, im zweiten Anlauf, kommt es doch noch zu dieser Empörung. Am Samstag vor einer Woche berichtete die „Südd<strong>eu</strong>tsche Zeitung“ über die Studie; inhaltlich N<strong>eu</strong>es war darin kaum zu finden, allerdings stellte sich nun heraus, dass seit März 2012 ein rund 800 Seiten dicker Abschlussbericht der Berliner Forschergruppe existiert – ohne veröffentlicht worden zu sein. Sollte das Konvolut im Keller verstauben? Der Verdacht liegt nahe, da solle etwas vertuscht werden, weil es einigen nicht in den Kram passt. Das hat die Aufregung ebenso entfacht wie die Tatsache, dass die Studie ältere Erkenntnisse bestätigt und das Bild erweitert, strukturiert und zusammenfügt. Schon 1991, kurz nach der Wende und während der Enthüllungen um den DDR-Sport, war zum Beispiel eine Untersuchungskommission des D<strong>eu</strong>tschen Sportbundes Hinweisen auf der Spur, die stark an der Saga vom sauberen Westen kratzten. N<strong>eu</strong>e Fragen werden nun gestellt: Wenn damals so systematisch gedopt wurde, ist die Bundesrepublik immer noch vers<strong>eu</strong>cht? Wird genug dagegen unternommen? Manche bezweifeln das. So melden sich Befürworter eines d<strong>eu</strong>tschen Anti-Doping-Gesetzes wieder zu Wort, um die Gunst des Moments zu nutzen. Sie hoffen auf Gehör, denn ihr Unterfangen hat sich als mühsam erwiesen. Erkennbar ist, wie sehr es vielen Sportfunktionären und Politikern an Interesse SPIEGEL-Artikel 2011 über Doping im Westen: Kriminelle Energie fehlt, sich mit der Vergangenheit aus - einanderzusetzen. Auf die plötzliche Wucht, mit der debattiert wird, reagieren sie beschwichtigend. Das Bundesinnenministerium versucht, die Studie zu einem „bestenfalls stark überarbeitungsbedürftigen Zwischenprodukt“ kleinzureden. Ähnlich bremst das Bundesinstitut für Sportwissenschaft, immerhin Auftraggeber der Historiker: Methodisch sei unsauber gearbeitet worden, so der Vorwurf. Der Sportausschuss des Bundestags fordert jetzt, näher aufgeklärt zu werden – nachdem sich seine Mitglieder lange vertrösten ließen, wenn sie mehr über die Inhalte des Berichts erfahren wollten. Und Thomas Bach, 59, Präsident des D<strong>eu</strong>tschen Olympischen Sportbundes (DOSB)? Hält sich zugute, schon als Athletensprecher gegen das Doping eingetreten zu sein, hatte einst als Fechter allerdings nie etwas davon mitbekommen. Sagt der oberste Sportwart der Nation, der doch sonst bestens vernetzt ist. Mit geringer Auskunftsfr<strong>eu</strong>de haben die Historiker bei ihrer dreijährigen Arbeit oft zu kämpfen gehabt, Archive waren schwer oder gar nicht zugänglich (siehe Interview Seite 140). Manchmal war der Widerstand grotesk. Als der SPIE- GEL (40/2011) meldete, die Forscher hätten einen Brief entdeckt, der belege, bei der Weltmeisterschaft 1966 seien bei drei Nationalspielern feine Spuren von Ephedrin gefunden worden, reagierte der D<strong>eu</strong>tsche Fußball-Bund. Doch während sich die englische Boulevardpresse über aufgeputschte d<strong>eu</strong>tsche WM-Verlierer amüsierte, verging dem DFB der Humor. Er ließ einen Juristen ein 16-seitiges Gutachten erstellen, das jeglichen Verdacht aus der Welt schaffen sollte, hierbei habe es sich um Doping gehandelt. In zwei bis drei Wochen will der Sportausschuss nun in einer Sondersitzung Fragen stellen. Innenminister Hans-Peter Friedrich hat sein Kommen zugesagt, auch Bach erhielt eine Einladung. Allerdings wird er keine Zeit haben – zu viele andere Termine. Er will am 10. September zum Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewählt werden, es wäre der letzte Schritt auf seinem langen Weg zum mächtigsten Mann des Weltsports. Bach lässt sich zu allerlei Anlässen von der Politik hofieren, das gibt schöne Bilder. Rechenschaft gegenüber Volksvertretern mag er weniger gern ablegen. Kaum hatte die Aufregung um die Dopingstudie begonnen, da verkündete er, der DOSB werde zur Aufklärung eine unabhängige Kommission ins Leben rufen, geleitet vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo Steiner, 73. Er steht Bach nahe. Steiner hatte vor vier Jahren bereits geholfen, eine Debatte um Olympiapferde, die mit verbotenen Mitteln behandelt worden waren, geräuschlos zu beenden. Bachs Vorstoß klingt nach Tatkraft und d<strong>eu</strong>tscher Gründlichkeit, aber die Erfahrung mit solchen Kommissionen im Sport ist ernüchternd. Meist nützen sie nur je- DER SPIEGEL 33/2013 139
- Seite 5 und 6:
Hausmitteilung 12. August 2013 Betr
- Seite 7:
Verurteilt aus Mangel an Beweisen S
- Seite 12:
Nr. 31/2013, Wie Car-Sharing das Le
- Seite 16 und 17:
Panorama PARTEI EN Unsaubere Method
- Seite 18:
Deutschland BOTSCHAFTEN „Gefahren
- Seite 21 und 22:
Deutschland tag vorvoriger Woche er
- Seite 23 und 24:
Demonstranten am US-Komplex im hess
- Seite 25 und 26:
sen, das in keinem anderen Überwac
- Seite 28 und 29:
MANFRED VOLLMER / IMAGETRUST REGULI
- Seite 30 und 31:
dern: Es handelt sich um das neue a
- Seite 32 und 33:
Schilderfreie Zone, Bauhof in Bohmt
- Seite 34 und 35:
Deutschland CSU-Kontrahenten Söder
- Seite 36 und 37:
CSU ist nicht mehr wie in Strauß
- Seite 38:
Deutschland Rösler: Alle führende
- Seite 44 und 45:
steht, hat er in vielen Interviews
- Seite 46 und 47:
Deutschland AFFÄREN Männerfreunde
- Seite 48 und 49:
von zwei bewaffneten Beamten. Besuc
- Seite 50 und 51:
Überläufer Carney (l.) mit Freund
- Seite 52 und 53:
Szene Was war da los, Herr Herrera?
- Seite 54 und 55:
Gesellschaft LEBENSRETTER Discounte
- Seite 56 und 57:
verfolgten: billig, schmucklos, zuv
- Seite 58 und 59:
58 Gesellschaft Narayana-Klinik-Gel
- Seite 60 und 61:
DEUTSCHLAND, WIE GEHT’S? (II) Dem
- Seite 62 und 63:
Serie Koalition eine weitgehend sch
- Seite 64 und 65:
Wahlkämpfer Kraft, Steinbrück in
- Seite 66 und 67:
Serie FOTOS: KARSTEN SCHÖNE / DER
- Seite 68:
Serie Menschen zu sagen, der keine
- Seite 71 und 72:
Wirtschaft Bauarbeiten an der A100
- Seite 73 und 74:
Es ist Tag eins nach dem Verkauf de
- Seite 75 und 76:
Wirtschaft VERMÖGEN „Der Gewinne
- Seite 77 und 78:
Wirtschaft häufig sehr viel schlec
- Seite 79 und 80:
GÜNTER WICKER / LIGATUR HAUPTSTADT
- Seite 81 und 82:
Mitunter kommt es vor, dass Mieter
- Seite 83 und 84:
Ausland JOHAN ORDONEZ / AFP Bauern
- Seite 85 und 86:
nichts zu tun, selbst die Jobs auf
- Seite 87 und 88: 27 junge Männer starben damals auc
- Seite 89 und 90: Ausland „Emirs“ Asadullah al-Sc
- Seite 91 und 92: Ausland Bündnis, dem Regierungsche
- Seite 93 und 94: wusstsein, ein Gemeinsinn, der vorh
- Seite 95 und 96: Abtransport eines Ergenekon-Verurte
- Seite 98 und 99: Szene AUSSTELLUNGEN Goldstaub über
- Seite 100 und 101: Schauspielerin Juri als Romanfigur
- Seite 102 und 103: Filmszene aus „Feuchtgebiete“:
- Seite 104 und 105: Kultur AUTOREN Sex im Konjunktiv De
- Seite 106 und 107: Kultur KAPITAL Popstar aus Stahl We
- Seite 110 und 111: Falke Layla im Wohnzimmer, Popdiva
- Seite 112 und 113: Autorin Cahalan SACHBÜCHER Irre Ei
- Seite 114: Kultur Vom anderen Stern FILMKRITIK
- Seite 117: Wissenschaft · Technik CATERS NEWS
- Seite 120 und 121: Mathelehrer die Tochter auf dem Kie
- Seite 122 und 123: 122 Titel drei Jahren jobbt sie in
- Seite 124 und 125: „Die Noten sind gut, Klavier kann
- Seite 126 und 127: Wissenschaft UMWELT Die Rettung der
- Seite 128 und 129: Technik des Baums so gut wie er, ke
- Seite 130 und 131: Technik Eigenbau-Objekte Akkuschrau
- Seite 132 und 133: Jungmediziner in Hannover: Das Kind
- Seite 134 und 135: Präsident Putin, Chefredakteurin S
- Seite 137: Szene Sport SURFEN Exot aus Germany
- Seite 141 und 142: Dopingvorgänge gab. Die Nationale
- Seite 143 und 144: Register GESTORBEN George Duke, 67.
- Seite 145 und 146: VISION MEDIA / BULLS PRESS No Porno