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<strong>D<strong>eu</strong>tschland</strong><br />
tag vorvoriger Woche erwecken sie den<br />
Eindruck, als hätten sie plötzlich einen<br />
Pfad im Nebel gefunden. Da antwortete<br />
der Bundesnachrichtendienst (BND) auf<br />
entsprechende Fragen des SPIEGEL, womöglich<br />
stehe er selbst hinter einem großen<br />
Teil der NSA-Daten aus <strong>D<strong>eu</strong>tschland</strong>.<br />
Und die kämen zudem vor allem aus Afghanistan.<br />
Ein paar Tage später dann ging die Regierung<br />
zur Attacke über. Der damalige<br />
Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier<br />
(SPD) sei es gewesen, der den Amerikanern<br />
im April 2002 in einem bislang unbekannten<br />
Abkommen den Zugang zu den<br />
d<strong>eu</strong>tschen Daten verschafft habe, verkündete<br />
Regierungssprecher Georg Streiter.<br />
Ist Steinmeier also schuld? Und der<br />
Merkel-Herausforderer Peer Steinbrück<br />
ein scheinheiliger H<strong>eu</strong>chler, weil er der<br />
Kanzlerin vorgeworfen hatte, sie habe ihren<br />
Amtseid verletzt? „Jämmerlich“ sei<br />
es, wie die Bundesregierung versuche,<br />
sich aus der Verantwortung zu stehlen,<br />
konterte Steinmeier. Damals, nach 9/11,<br />
sei es um die Aufklärung „eines grauenhaften<br />
Verbrechens“ gegangen, h<strong>eu</strong>te dagegen<br />
um die „lückenlose und flächendeckende<br />
Abschöpfung von Daten unserer<br />
Bürgerinnen und Bürger“.<br />
Merkels Helfer waren dennoch happy.<br />
Endlich Angriff. „Pure H<strong>eu</strong>chelei“ sei das<br />
Verhalten Steinmeiers gewesen, donnerte<br />
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe.<br />
An diesem Montag will Kanzleramtschef<br />
* Mit Geheimdienstkoordinator Günter Heiß am 25. Juli<br />
in Berlin.<br />
Ronald Pofalla das Abkommen vom 28.<br />
April 2002, das Grundlage für die Geheimdienstzusammenarbeit<br />
mit den USA ist, im<br />
geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium<br />
im Wortlaut präsentieren.<br />
Zudem erwägt die CDU, ihre Attacken<br />
auszubauen. Die SPD soll in ihrer Rolle<br />
als sauberer Ankläger demaskiert werden.<br />
Die Regierung des Sozialdemokraten Gerhard<br />
Schröder habe ihr Nein zum Irak-<br />
Krieg mit einer hohen Willfährigkeit bei<br />
der Kooperation der Geheimdienste kompensiert.<br />
„Die Aussage der bedingungslosen<br />
Solidarität könnte eine ganz n<strong>eu</strong>e<br />
Bed<strong>eu</strong>tung bekommen“, sagt Fraktionschef<br />
Volker Kauder.<br />
Doch der Verlauf der NSA-Affäre hat<br />
gezeigt, dass sich die Fronten gefährlich<br />
schnell verschieben können. Seit der SPIE-<br />
GEL in der vergangenen Woche berichtet<br />
hat, dass der massenhafte Transfer von<br />
Verbindungsdaten an die NSA wohl über<br />
den BND-Horchposten im bayerischen<br />
Bad Aibling und einen Stützpunkt in Afghanistan<br />
laufe, wähnt sich die Bundesregierung<br />
auf der sicheren Seite. Der BND<br />
selbst liefere die Daten, d<strong>eu</strong>tsche Staatsbürger<br />
seien nicht betroffen, alles entspreche<br />
Recht und Gesetz, so die offizielle<br />
Lesart. Tatsächlich aber wäre auch diese<br />
n<strong>eu</strong>e Erklärung nicht unproblematisch.<br />
Ein beträchtlicher Teil der millionenfach<br />
übertragenen Metadaten stammen nach<br />
SPIEGEL-Informationen aus der Funkzellenauswertung.<br />
Die Signale entstehen fortlaufend,<br />
wenn sich ein Handy über einen<br />
Sendemast in eine Funkzelle einloggt.<br />
Die blinde Weitergabe dieser Funkzellendaten<br />
an amerikanische Taliban-Jäger<br />
dürfte die politische Auseinandersetzung<br />
noch verschärfen. Blind deshalb, weil der<br />
BND gar nicht prüft, welche Signale er<br />
den Amerikanern im Einzelnen zur Verfügung<br />
stellt. Die in den Snowden-Unterlagen<br />
genannte gigantische Summe von<br />
500 Millionen d<strong>eu</strong>tschen Daten aus dem<br />
vergangenen Dezember („Germany –<br />
Last 30 Days“) hält der BND aber für<br />
„plausibel“.<br />
Der BND erfasst monatlich im Schnitt<br />
3,2 Millionen Inhaltsdaten mit XKeyscore.<br />
Sicher ist, dass XKeyscore, das Spähprogramm,<br />
mit dem BND und Amerikaner<br />
arbeiten, sehr weitreichende Möglichkeiten<br />
bietet. Es gehört wohl zu den größten<br />
Kostbarkeiten aus dem Arsenal der<br />
US-Lauscher (siehe SPIEGEL 30/2013).<br />
Im Parlamentarischen Kontrollgremium<br />
erklärte BND-Chef Gerhard Schindler<br />
am Donnerstag vorletzter Woche, sein<br />
Dienst habe 2012 monatlich im Schnitt<br />
3,2 Millionen Inhaltsdaten mittels XKey -<br />
score aus der Satellitenüberwachung erfasst.<br />
Die Auslandsaufklärer erfuhren<br />
demnach, was in Telefongesprächen besprochen<br />
oder in E-Mails und SMS geschrieben<br />
wurde. Das erklärt aber nur einen<br />
kleinen Teil des Datenstroms, den<br />
Kanzleramtsminister Pofalla*: Umschalten auf Attacke<br />
SOEREN STACHE / DPA<br />
DER SPIEGEL 33/2013 21