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ten seien, dann muss er eine Weile überlegen.<br />
Der Betriebsrat hat 31 Mitglieder.<br />
„Vier müssten es sein“, sagt Einenkel, „ich<br />
weiß es aber nicht genau. Die treten nicht<br />
groß in Erscheinung.“<br />
Im Dezember erklärte der Kanzlerkandidat<br />
Peer Steinbrück in einer Talkshow,<br />
es sei sinnlos, das Bochumer Werk zu<br />
retten, es sei wirtschaftlich am Ende. Und<br />
es folgte einer dieser Tage, an denen<br />
Einenkel zu den Sozialdemokraten im<br />
Opel-Betriebsrat ging und ihnen sagte:<br />
„Nehmt es nicht persönlich.“ Der parteilose<br />
Einenkel, der früher Kommunist war,<br />
ist inzwischen geübt darin, Sozialdemokraten<br />
zu trösten.<br />
Es sei seltsam, sagt Einenkel, mit dem<br />
Wirtschaftsministerium des Landes habe<br />
er kaum noch Kontakt. Schlage er morgens<br />
seine Pressemappe auf, entdecke er<br />
nie einen Artikel über Opel, in dem Hannelore<br />
Kraft vorkomme. Äußert sie sich<br />
dazu nicht, weil sie hier nichts mehr gewinnen<br />
kann? Einenkel gibt noch nicht<br />
auf. Vor Jahren sei ihm schon einmal mitgeteilt<br />
worden, das Werk werde geschlossen.<br />
Ein Datum für das Ende wurde genannt,<br />
und eine Uhrzeit. Aber das Werk<br />
hat überlebt.<br />
Fragt man Einenkel, ob es für die Opel-<br />
Arbeiter noch Gründe gebe, SPD zu wählen,<br />
antwortet er: „Einen Grund muss es<br />
noch geben, ja.“<br />
Welchen?<br />
„Vielleicht wegen der sozialen Gerechtigkeit.“<br />
Wo sehen Sie die?<br />
Er versucht, etwas zu entgegnen, aber<br />
ihm fällt nichts ein. Schließlich sagt er:<br />
„Es ist nicht so, dass wir meinen: Die SPD<br />
hilft uns.“<br />
Sozialdemokraten sind hier nicht die<br />
Guten und nicht die Bösen. Sie sind hilflose<br />
Beobachter. Das kann man bedauern,<br />
aber man kann es Hannelore Kraft nicht<br />
vorwerfen. Es wäre aber an der Zeit zu<br />
fragen: Was kommt, wenn Opel geht?<br />
Gibt es ein sozialdemokratisches Bild der<br />
Zukunft, einen Entwurf, irgendetwas, das<br />
die politische Phantasie anspricht? Ein<br />
Versprechen, das besser in die Zeit passt<br />
als Opel?<br />
Vor langer Zeit war die SPD in Nordrhein-Westfalen<br />
eine Macht der Ern<strong>eu</strong>erung,<br />
inzwischen ist sie ein Reparatur -<br />
betrieb, dessen Chefin sich überlegt, für<br />
welchen Schaden sie zuständig ist, für<br />
welchen nicht. Der fröhliche Materia -<br />
lismus, den die SPD einst in wirtschaftlich<br />
stabileren Zeiten verströmte, ist einem<br />
engagierten Flickschustern gewichen, das<br />
viel Geld kostet.<br />
130 Milliarden Euro Schulden hat<br />
Nordrhein-Westfalen angehäuft. Solange<br />
die St<strong>eu</strong>ereinnahmen so hoch sind wie<br />
im Augenblick, ist Krafts Politik nicht<br />
akut in Gefahr. Verringern sich die<br />
Einnahmen, droht sofort die Grundlage<br />
zu zerbrechen. Im März rügte das<br />
Landesverfassungs gericht in Münster<br />
zum dritten Mal Nordrhein-Westfalens<br />
Haushalt. Der Haushalt sei verfassungswidrig,<br />
wegen der hohen Kredite, so etwas<br />
ist bei früheren Landesregierungen<br />
nicht vorgekommen.<br />
Blickt man argwöhnisch auf Hannelore<br />
Kraft, dann kann man sagen: Sie baut<br />
ihre Regierung zu einem Landessozialamt<br />
um. Sie vergrößert die Basis der<br />
poli tisch Begünstigten, aber sie verkleinert<br />
den gestalterischen Ehrgeiz an der<br />
Spitze. Die SPD hat keine Idee gefunden,<br />
die nach vorn weist, das ist ihr Problem.<br />
Wen vertritt die Partei, wenn es immer<br />
sinnloser wird, sich für Fabrikarbeiter<br />
starkzumachen, von denen es immer<br />
weniger gibt? Was hat die SPD einem