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Fruchttellers etwa oder auch ein<br />
kniender Putto, der als tragendes<br />
Element eines Taschenuhrständers<br />
dient, gehen auf seinen Balustraden-<br />
Zierrat Berliner Brücken zurück.<br />
BERLINS PRIVATGIESSEREIEN<br />
Neben der Königlichen Eisengießerei<br />
existierten in Berlin Anfang des 19.<br />
Jahrhunderts zahlreiche private Gießereien.<br />
Von Beruf nicht selten Goldschmiede<br />
und Gelbgießer, öffnete<br />
ihnen das entfachte Gefallen am Eisenkunstguss<br />
neue Einnahmequellen.<br />
Zu den wenigen, die mit beachtlichen<br />
eigenen Modellen hervorgetreten<br />
sind, gehörte der Juwelier und<br />
Goldarbeiter Johann Conrad Geiss.<br />
Seine Schmuckstücke zählen zu den<br />
schönsten und plastischsten Bijouterie-Waren<br />
aus Eisenguss. Bestes<br />
Beispiel: das Proserpina-Kollier von<br />
1820/25. Filigrane Weinlaubblätter<br />
wechseln einander ab mit durchbrochenen<br />
Medaillons, in denen Darstellungen<br />
von der Entführung Proserpinas<br />
in die Unterwelt wie freigestellte,<br />
erhabene Gemmen erscheinen.<br />
Ähnlich bedeutsam wie Geiss<br />
war Siméon Pierre Devaranne. Auch<br />
er kam aus der Bijouterie- und Juwelierbranche.<br />
Seine Güsse waren wie<br />
die von Geiss von einer nicht mehr<br />
zu überbietenden Feinheit und Zierlichkeit.<br />
Neben Schmuck fertigte<br />
Devaranne auch Ziergeräte wie den<br />
hier abgebildeten Taschenuhrständer.<br />
Büste des Berliner Arztes Ernst Ludwig<br />
Heim, Königl. Preuß. Eisengießereien, 1.<br />
Hälfte 19 Jh., H 27,5 cm (Foto: Archiv der<br />
Autorin)<br />
Streichholzhalter als Kiepenträger, unbek.<br />
Berliner Privatgießerei, um 1850, H<br />
16 cm (Foto: Archiv der Autorin)<br />
Bedeutung bis weit in das 20. Jahrhundert<br />
hinein sollten die Gießereien<br />
von August Borsig, der 1837<br />
als Eisengusswarenhersteller den<br />
Grundstein zu einer Weltfirma auf<br />
dem Gebiet des Eisenbahnbaus legte,<br />
sowie von Hermann Gladenbeck<br />
bekommen. Das gusseiserne Paradestück<br />
von Gladenbeck & Sohn wurde<br />
die Reduktion des Rauch’schen Reiterstandbildes<br />
„Friedrich II. Unter<br />
den Linden" in den späten 1850er-<br />
Jahren. Gladenbeck hat, wie der 1918<br />
gegossene Bär von August Gaul<br />
offenbart, auch noch im 20. Jahrhundert<br />
an die Tradition des Berliner<br />
Kunstgusses angeknüpft.<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts gingen<br />
die Umsätze der Königlich Preußischen<br />
Eisengießereien stetig zurück.<br />
Der Berliner Klassizismus hatte seinen<br />
Zenit überschritten. Ein neuer<br />
künstlerischer Aufbruch fand nicht<br />
statt. 1874 wurde die Königliche Gießerei<br />
in Berlin geschlossen. Nur Gleiwitz<br />
blieb in Betrieb, die Sayner Hütte<br />
hatte man bereits 1865 an Alfred<br />
Krupp verkauft.<br />
Jabot-Nadel mit goldgefasster Gemme<br />
König Friedrich II. von Preußen, Königl.<br />
Preuß. Gießereien, Gleiwitz (?), um 1810<br />
(Foto: Alter Schmuck Almut Wager)<br />
Neogotische Kaminuhr in Form einer<br />
Kathedrale, grün gefasst, zum Teil vergoldet,<br />
Königl. Preuß. Eisengießerei, Berlin,<br />
um 1830, H ca. 45 cm (Foto: Kunsthandel<br />
am Fasanenplatz)