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KUNSTHANDWERK 97<br />
Kaiser ab 1745),den Gemahl von<br />
Maria Theresia,erfuhren damit mehrere<br />
Sammlungsgebiete starke Förderungen;<br />
so errichtete er auf eigene<br />
Kosten ein Naturalien- und ein Physikalisches<br />
Kabinett,das Münz- und<br />
Medaillenkabinett erhielt wissenschaftliche<br />
Mitarbeiter. Eine letzte<br />
erhebliche Vermehrung an Objekten,<br />
insbesonders an italienischen Skulpturen<br />
des Mittelalters und der Renaissance,kam<br />
auf dem Erbweg mit<br />
der „Estensischen Kunstsammlung"<br />
über den Thronfolger Erzherzog<br />
Franz Ferdinand (1863-1914) zu den<br />
bisherigen Beständen. Nach Errichtung<br />
und Eröffnung der beiden Hofmuseen<br />
1891 wurden die unterschiedlichen<br />
Objekte hauptsächlich<br />
an das Kunsthistorische und Naturhistorische<br />
Museum aufgeteilt.<br />
ABSCHAFFUNG DER MONARCHIE<br />
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges<br />
und der Abschaffung der Monarchie<br />
in Österreich übernahm die neu<br />
gegründete Republik auch die Kunstsammlungen<br />
des Habsburg-Lothringischen<br />
Kaiserhauses in ihr Eigentum.<br />
Dem Kunsthistorischen Museum<br />
wurde die ehemals separat<br />
verwaltete kaiserliche Schatzkammer<br />
angegliedert,wie auch rund<br />
900,durch ihre außerordentliche<br />
Qualität und ihren guten Erhaltungszustand<br />
wertvolle Tapisserien,<br />
die vorher zur Ausstattung der zahlreichen<br />
kaiserlichen Besitzungen<br />
verwendet worden waren. Die verschiedenen<br />
Gruppen von Kunstgegenständen<br />
wurden dann als<br />
„Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe"<br />
zusammengefasst,und nach<br />
mehreren zwischenzeitlichen Namensänderungen<br />
wurde dafür 1991<br />
die Bezeichnung „Kunstkammer"<br />
wieder in Verwendung genommen,<br />
trotz aller berechtigten Einwände.<br />
Da die Präsentation der Kunstwerke<br />
im Hinblick auf die konservatorischen<br />
Rahmenbedingungen,die museale<br />
Technik sowie die didaktische<br />
Aufbereitung internationalen Standards<br />
nicht mehr entsprachen,erreichte<br />
die vorige Direktion endlich,<br />
dass die Kunstkammer im Frühjahr<br />
2002 geschlossen wurde,um die<br />
vollständige Sanierung hinsichtlich<br />
der Ausstattung und Gestaltung der<br />
20 Räume mit einer Gesamtfläche<br />
von rund 2700 m 2 und die Restaurierung<br />
der über 2.500 auszustellenden<br />
Objekte durchführen zu können. Die<br />
Gesamtkosten für die allseitige Erneuerung<br />
betrugen 18,56 Mio. Euro,<br />
wovon 15,06 Mio. Euro das zuständige<br />
Ministerium übernahm,3,5 Mio.<br />
Euro aus Sponsorgeldern stammten.<br />
In der neugestalteten Kunstkammer<br />
werden die ausgestellten Objekte in<br />
der Abfolge der Räume weniger nach<br />
ihrem hauptsächlich verwendeten<br />
Material oder der überwiegend angewandten<br />
Technologie angeordnet,<br />
sondern im Blick auf ihre kunst- und<br />
kulturhistorische Bedeutung im Zusammenhang<br />
mit den Persönlichkeiten,die<br />
entscheidend für das Zustandekommen<br />
und die Erhaltung der<br />
habsburgischen Kunstkammer verantwortlich<br />
waren. In Seitenkabinetten<br />
werden Beispiele zu zeitgebundenen<br />
Themen oder zu hervorragenden<br />
Einzelstücken vorgeführt. Ein<br />
großer Teil der präsentierten Objekte<br />
kann in umschreitbaren Vitrinen aus<br />
kurzem Abstand betrachtet werden,<br />
die Beschriftung dazu beschränkt<br />
sich auf die wichtigsten Angaben;<br />
bei einer Anzahl fehlen diese,finden<br />
sich lediglich Hinweise für einen Audioguide-Benutzer.<br />
Gehoben wird<br />
der gediegen wirkende Eindruck der<br />
Schauräume in mehreren von diesen<br />
durch wandfüllende Tapisserien,die<br />
in den fürstlichen Palästen nördlich<br />
der Alpen bis in das 17. Jahrhundert<br />
zu den prunkvollsten Ausstattungsstücken<br />
zählten. Vom einst privaten<br />
Charakter einer Kunstkammer ist in<br />
dieser Schausammlung selbstverständlich<br />
kaum mehr etwas zu erahnen.<br />
Francesco Laurana (1430-1502), weibliche<br />
Büste, Idealporträt der Laura (?),<br />
Mailand (?), um 1490 (?), Marmor,<br />
Wachs, teilweise bemalt (Foto:© Kunsthistorisches<br />
Museum Wien)