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KERAMIK<br />
bildeten sich Produktionsschwerpunkte.<br />
Mit Katharina von Medici<br />
kam das Luxusgut nach Frankreich,<br />
wo es nach seinem Ausgangspunkt<br />
„Faïence" benannt wurde. Gleichzeitig<br />
brachten italienische Handwerker<br />
das Know-How in die Niederlande.<br />
Detail einer Enghalskanne mit Chinesen<br />
und Architektur in Landschaft, Hanau,<br />
um 1700/10 (Inv. Nr. E 2719)<br />
Detailansicht eines Walzenkruges mit<br />
Hirschjagd, Crailsheim, Periode Johann<br />
Georg Weiß sen., um 1760/65 (Inv. Nr. E<br />
2723)<br />
UMWORBENE SPEZIALISTEN<br />
Die Frankfurter Fayencerie erlangte wegen<br />
ihrer Purpurmalerei Berühmtheit:<br />
Birnkrug mit Barockblumengebinde,<br />
Periode Johann Christian Fehr (1666-<br />
1693), um 1680/90 (Inv. Nr. E 2353)<br />
Enghalskanne mit Neptun und Amphitrite,<br />
Nürnberg, Hausmalerei von Johann<br />
Heel (1637-1709), um 1680/90 (Inv.<br />
Nr. E 2520)<br />
Dass die Fayencekunst über Jahrzehnte<br />
hinweg die Tafeln der europäischen<br />
Fürsten- und reichen Bürgerhäuser<br />
erobern konnte, verdankt<br />
sie vor allem zwei einschneidenden<br />
Entwicklungen: Zum einen brachten<br />
portugiesische und niederländische<br />
Schiffe im frühen 17. Jahrhundert chinesisches<br />
und japanisches Porzellan<br />
nach Europa und lösten damit einen<br />
unvergleichlichen Hunger nach diesen<br />
Kostbarkeiten unter den Herrschenden<br />
aus. Während sie allerorten<br />
fieberhaft nach dem Arkanum,<br />
dem Geheimnis des „weißen Goldes"<br />
forschen ließen, musste ihr Bedürfnis<br />
nach Repräsentation zwischenzeitlich<br />
gestillt werden. Mit der Fayence<br />
gelang es – einigermaßen. Zum<br />
anderen konnten sich die deutschen<br />
Fürsten der Fertigkeiten von Handwerkern<br />
aus den Niederlanden und<br />
Frankreich bedienen, die in der Folge<br />
des Dreißigjährigen Krieges als Religionsflüchtlinge<br />
ihre Heimat verlassen<br />
mussten. Die hochkarätigen Spezialisten<br />
wurden mit Privilegien umworben<br />
und protegiert. Im Geist des<br />
Merkantilismus versprach man sich<br />
von der Einrichtung neuer Produktionsstätten<br />
einen wirtschaftlichen<br />
Aufschwung und die Vermeidung<br />
teurer Importe.<br />
So gründete 1653 in der westfälischen<br />
Grenzstadt Ahaus der Fürstbischof<br />
von Münster, Christoph Bernhard<br />
von Galen, die erste Fayencemanufaktur<br />
auf deutschem Boden.<br />
Doch der erwartete Erfolg blieb aus,<br />
die Produktion rentierte sich nicht,<br />
das Interesse erlosch bald. Vier Jahre<br />
später musste die Manufaktur wieder<br />
schließen. Rund 18 Teile eines Services<br />
mit dem fürstbischöflichen<br />
Wappen sind aus dieser Zeit erhalten<br />
und werden heute in einem Torhaus<br />
des Ahauser Barockschlosses<br />
ausgestellt.