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sprachenportraits 12 12 2007 - Österreichisches-Sprachen ...

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Bosnisch / Kroatisch / Serbisch (bosanski / hrvatski /<br />

Bosnisch, Kroatisch und Serbisch, früher<br />

Serbokroatisch, sind je nach Sprachdefinition<br />

eng verwandte <strong>Sprachen</strong> oder Varianten<br />

einer einzigen südslawischen Sprache, die<br />

in den Ländern Kroatien, Bosnien-Herzegowina,<br />

Serbien und Montenegro sowie in angrenzenden<br />

Ländern gesprochen wird. Die<br />

Unterschiede zwischen ihnen betreffen alle<br />

Ebenen des Sprachsystems, die Aussprache,<br />

den Wortschatz, die Schreibung, die<br />

Grammatik und den Satzbau.<br />

Die Weichen für diese Entwicklungen wurden<br />

im Zuge der Christianisierung und der<br />

damit verbundenen unterschiedlichen kulturellen<br />

Orientierung gestellt. Auch die nationale<br />

Geschichte der slawischen Völker auf<br />

der nördlichen Balkanhalbinsel führte dazu,<br />

dass sich gleichzeitig an mehreren Orten<br />

unterschiedliche Standardvarianten ohne überregionale Verwendung entwickelten. Denn nur von 1918 bis 1941 und von<br />

1945 bis 1991 lebte der größte Teil der Sprecherinnen und Sprecher dieser Sprachgruppe in einem gemeinsamen Staat.<br />

Bereits die ältesten schriftlichen Zeugnisse aus dem 11. und <strong>12</strong>. Jahrhundert sind im Einflussgebiet der katholischen Kirche (in<br />

Kroatien) in glagolitischer (altslawischer), später in lateinischer Schrift, im Gebiet der orthodoxen Kirche (in Serbien) in kyrillischer<br />

Schrift erhalten. Ab dem 14. Jahrhundert verwendete man in Kroatien zunehmend die Lateinschrift. In Bosnien kam mit dem<br />

Islam im 15. Jahrhundert auch die arabische Schrift auf, obwohl dort meist in türkischer oder arabischer Sprache geschrieben<br />

wurde. Nur für volkstümliche Dichtung wurde bis ins 19. Jahrhundert die bosnische Sprache in arabischer Schrift verwendet.<br />

Neben den Unterschieden in der Schriftverwendung spielen auch die Dialekte eine bedeutende Rolle. Zum einen unterteilt<br />

man diese <strong>Sprachen</strong>gruppe nach dem Wort für ‚was’ (što, kaj, ča) in das Štokavische, Kajkavische und das Čakavische,<br />

zum anderen nach der Weiterentwicklung des altslawischen jat’ in (i)je, i oder e (rijeka, rika, reka ‚Fluss’) in das Jekavische,<br />

Ikavische und Ekavische. Als Zentren der Schriftsprache entwickelten sich seit dem Mittelalter Nordkroatien (um<br />

Zagreb, Kajkavisch), Bosnien, Dubrovnik in Dalmatien (Kroatien) und Slawonien im nördlichen Serbien (Štokavisch).<br />

Bei der so genannten Wiener Schriftsprachenvereinbarung (Bečki književni dogovor) von 1850 einigten sich Vertreter der<br />

Serben und Kroaten unter Anleitung des Wiener Slawisten Jernej Kopitar auf den ostherzegowinischen Dialekt als Basis<br />

für eine gemeinsame Schriftsprache in zwei Schriften (lateinisch und kyrillisch).<br />

Dieses Abkommen wurde 1954 in Novi Sad erneuert (Novosadski dogovor); allerdings schrieb man in Serbien weiterhin<br />

ekavisch (dve ‚zwei’ – weibliche Form, mleko ‚Milch’) und in Kroatien (dvije, mlijeko) vor allem ijekavisch. Auch der Wortschatz<br />

wurde nicht vereinheitlicht, so dass z.B. viele türkische und griechische Ausdrücke den serbischen Standard prägten,<br />

Einflüsse aus dem Deutschen, Italienischen und Lateinischen, aber auch slawische Bildungen nach dem Vorbild des<br />

Tschechischen die kroatische Schriftsprache. Das Bosnische ist in beiden Abkommen nicht genannt. Im Allgemeinen ist die<br />

bosnische Sprache dem Kroatischen näher als dem Serbischen, verwendet aber mehr Ausdrücke aus dem Türkischen.<br />

Alle diese Unterschiede wurden im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen Kroatiens (1991) und Bosnien-Herzegowinas<br />

(1992) noch stärker betont.<br />

Zu den auffälligsten Unterschieden gehören z.B. die Namen der Monate, die im Kroatischen slawisch sind (siječanj,<br />

veljača, ožujak, …), im Serbischen aber international-lateinisch (januar, februar, mart, …). Auch der Alltagswortschatz ist<br />

verschieden: ‚Brot’ kroatisch kruh – serbisch hleb, ‚Tausend’ kroatisch tisuća – serbisch hiljada (aus dem Griechischen),<br />

‚Bahnhof’ kroatisch kolodvor – serbisch stanica, ‚Arzt’ kroatisch liječnik – serbisch lekar. Das Serbische verwendet außerdem<br />

wie einige andere <strong>Sprachen</strong> des Balkans keine Nennform des Zeitwortes.<br />

Dennoch sind die <strong>Sprachen</strong> Kroatiens, Bosniens, Serbiens und Montenegros (wo Serbisch gesprochen wird) gegenseitig<br />

fast vollständig verständlich.<br />

Die Sprache der burgenländischen (und westungarischen Kroatinnen und Kroaten) wurde von Einwanderern des 16.<br />

Jahrhunderts mitgebracht. Sie unterscheidet sich durch die Jahrhunderte lange Trennung vom Rest der Sprachgemeinschaft<br />

in vielerlei Hinsicht (Wortschatz, Grammatik, Aussprache) vom Kroatischen in Kroatien.<br />

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