sprachenportraits 12 12 2007 - Ãsterreichisches-Sprachen ...
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Chinesisch ( 中 文 , zhōng wén)<br />
Chinesisch ist eigentlich keine Sprache,<br />
sondern eher eine <strong>Sprachen</strong>gruppe, deren<br />
einzelne Dialekte oder <strong>Sprachen</strong> untereinander<br />
nicht verständlich sind. Besser ist es,<br />
von regionalen Varianten des Chinesischen<br />
zu sprechen. Alle Chinesischsprachigen können<br />
sich aber über die chinesische Schrift<br />
verständigen, welche in allen chinesischen<br />
Varianten ausspracheunabhängig benutzt<br />
wird. Die weitaus bedeutendste chinesische<br />
Sprache ist das Mandarin oder Hanyu<br />
(‚Sprache der Han’) in Nord- und Zentralchina,<br />
auch in der Hauptstadt Beijing, das von<br />
etwa drei Vierteln (880 bis 900 Mio.) aller<br />
Chinesischsprachigen gesprochen wird.<br />
Weitere wichtige chinesische <strong>Sprachen</strong> sind<br />
Yue oder Kantonesisch in Guangdong und<br />
Hongkong (mehr als 80 Mio. Sprecher), Wu<br />
(77 Mio.) um Shanghai an der Ostküste und<br />
die vor allem im Süden gesprochenen Varianten<br />
Gan (20 Mio.), Hakka (25 Mio.), Min<br />
(45 Mio., v.a. in Taiwan) und Xiang (36 Mio.). Mandarin bildet auch die Grundlage der offiziellen gesprochenen Sprache (Pǔ<br />
tōng hùa, oft vereinfacht Putonghua geschrieben), die seit 1956 landesweit in den Schulen unterrichtet wird.<br />
Gemeinsam mit dem Tibetischen, dem Burmesischen und vielen anderen <strong>Sprachen</strong> der Himalayaregion und Ost- und Südostasiens<br />
gehört Chinesisch zur sinotibetischen Sprachfamilie (nach der lateinischen Bezeichnung Sina für ‚China’). Alle <strong>Sprachen</strong><br />
dieser Familie sind Tonsprachen, d.h. die Tonhöhe oder der Verlauf eines Tones, in dem eine Silbe gesprochen wird, ist<br />
bedeutungsunterscheidend. Die Zahl der Töne ist von Sprache zu Sprache unterschiedlich: Mandarin hat vier Töne (hoch,<br />
steigend, fallend-steigend, fallend; sie werden in der Umschrift durch die Zeichen ¯ ´ ˇ `über den Vokalen wie in zhōng wén, s.o.,<br />
oder durch Zahlen neben den Vokalen wiedergegeben: zhong1wen2); Wu hat sieben und Kantonesisch (Yue) neun Töne.<br />
Die Wortwurzeln dieser <strong>Sprachen</strong> sind meist kurz (einsilbig) und unveränderlich, d.h. es gibt keine Umlautänderung im<br />
Stammvokale und Endungen (wie im Deutschen bei Band – Bänder). Vor allem die Wortstellung und manchmal auch angefügte<br />
Silben markieren die Bedeutung im Satz.<br />
Die chinesische Schrift gibt nicht die Laute der dargestellten Wörter wieder wie unsere Alphabetschriften, sondern ordnet<br />
jedem Wort ein Zeichen oder eine Zeichenkombination zu. Das moderne Chinesisch besitzt mehr als 47.000 Zeichen, für<br />
die Lektüre eines Alltagstextes reicht jedoch die Kenntnis von 3.000 bis 4.000 Zeichen. Mit 1.000 Zeichen wird mehr als 90%<br />
des Inhalts eines Texts wiedergegeben.<br />
Die ältesten Schriftzeichen aus dem frühen 14. Jahrhundert v. Chr. fand man auf Schildkrötenpanzern oder Schulterblättern<br />
von Rindern. Sie wurden in Orakeln verwendet. Viele Prinzipien der Schreibung sind seit damals gleich: Da nur wenige Wortbedeutungen<br />
als Bilder gezeichnet werden können (z.B. 木 mù ‚Holz’, das noch einen Stamm und Wurzeln erkennen lässt,<br />
oder 門 mén ‚Tor’ mit zwei Flügeln), sind die meisten Schriftzeichen aus einem laut- und einem bedeutungsandeutenden Zeichen<br />
zusammengesetzt (z.B. 松 sōng ‚Kiefer’, dessen erster Teil zeigt, dass es sich um einen Baum handelt) oder bestehen<br />
aus zwei oder mehr Zeichen, deren Inhalt mit dem neuen Gesamtinhalt zusammenhängt (z.B. 林 lín ‚Wald’: zwei Bäume,<br />
wobei der erste verkürzt gezeichnet wird, oder 好 hăo ‚gut’, aus 女 nǚ ‚Frau’ und 子 zĭ ‚Kind’). In Wörterbüchern ist jedes<br />
Wort einem von 214 Klassenzeichen (Radikal, bùshǒu) zugeordnet. Die oben genannten Beispiele für ‚Wald’ und ‚Kiefer’,<br />
sind unter bùshǒu Nummer 75 ( 木 mù ‚Baum’) zu finden. Dann muss man die weiteren Striche zählen: 林 lín ‚Wald’ schreibt<br />
man mit vier zusätzlichen Strichen und ist im Wörterbuch in einer Gruppe mit 松 sōng ‚Kiefer’ mit ebenfalls vier Strichen zu<br />
suchen. 杉 shān shā, den Namen einer chinesischen Fichtenart, findet man davor, da er sich nur mit drei Zusatzstrichen<br />
schreibt, 楓 hùa, ‚Birke’, mit neun zusätzlichen Strichen, weit dahinter.<br />
Dieses Schriftsystem hat einen großen Vorteil: man kann sich schriftlich auch mit Menschen verständigen, die man mündlich<br />
nicht versteht, und kann Wörter unterscheiden, die gleich ausgesprochen, aber unterschiedlich geschrieben werden. Es erlaubt<br />
jedoch keine Entlehnung einzelner Wörter aus anderen <strong>Sprachen</strong>: Diese werden entweder übersetzt, wie z.B. ‚Demokratie’<br />
民 主 制 度 mín zhǔ zhì dù aus ‚Volk’ + ‚Herr’ + ‚Gesetz’ + ‚Regel’ oder – meist im Falle von Eigennamen – durch ähnlich<br />
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