CIMA 63 Titel Inhalt
CIMA 63 Titel Inhalt
CIMA 63 Titel Inhalt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10<br />
als „uralter Kalender― der „auch hin und her mit vielerley Farben schlecht gemahlte<br />
Bilder begreifft―. Die Handschrift wird dort wie folgt beschrieben: „Es ist ein starker<br />
Foliant, der in Holtz, das mit Leder überzogen, eingebunden ist, von 324 Blättern, ohne<br />
Titul―. 5 Die Angabe 324 Blätter zeigt, daß bereits damals die Handschrift unvollständig<br />
gewesen sein muß, und daß das letzte nur noch fragmentarisch vorhandene Blatt (heute<br />
Bl. 325) deswegen nicht mitgezählt wurde. Wie die Handschrift in den Besitz J.J.<br />
Schmids gelangt ist, lässt sich nicht mehr feststellen.<br />
Während die von Hauber vorgenommene Lokalisierung der Handschrift in den Raum<br />
Ulm/Urach als sehr wahrscheinlich gelten kann, ist die Datierung auf 1404, die er<br />
anhand des Textes auf Bl. 33rb und Bl. 49va vornimmt, nicht haltbar. Sicher ist heute<br />
auf Grund der Wasserzeichenbefunde und der Datierung des Einbandes, daß die<br />
Handschrift in den Siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts im Raum Ulm/Urach<br />
entstanden ist und zwischen 1471 und 1496 in der Kartause Güterstein gebunden<br />
wurde.<br />
Während Hauber 6 annimmt, die Handschrift sei eine Auftragsarbeit Ulmer<br />
Patrizierkreise, kommt Roland Deigendesch 7 in seiner Dissertation zu einer sehr<br />
plausiblen Annahme. „Zu Güterstein dürfte sich abgesehen von dem Einband mit den<br />
bekannten Stempeln, kaum eine Beziehung herstellen lassen. Zu sehr ist diese<br />
Handschrift auf Repräsentation aus, die den bekannten Handschriften des Klosters<br />
gänzlich abgeht. Der Einband könnte damit eher zur Bibliothek Graf Eberhards V. in<br />
Urach als nach Güterstein gehört haben. In dessen Bibliothek befanden sich<br />
bekanntlich eine ganze Reihe kalendarischer und medizinischer Schriften. Diese<br />
Hypothese könnte eine Stütze darin finden, daß Eberhard, gerade was Gesunderhaltung<br />
anging, enge Beziehungen zum Ulmer Arzt Johannes Münsinger 8 unterhielt, und daß<br />
sich auf zwei der sogenannten Planetenkinderbilder das württembergische Wappen<br />
findet. Allerdings sind diese nicht besonders auffällig plaziert, und es finden sich in der<br />
Handschrift auch die Wappen weiterer Dynastenfamilien. Schließlich müsste noch die<br />
offensichtliche Entfremdung der aufwendigen Handschrift in Privatbesitz erklärt<br />
werden, was angesichts des Fehlens der ersten Blätter aus dem Kodex heraus kaum<br />
möglich sein wird. Die Zuweisung zur Bibliothek Eberhards bleibt also fraglich... ―.<br />
5 Tübingische Berichte von gelehrten Sachen auf das Jahr 1752. Tübingen, 1752, S. 17-19.<br />
6 HAUBER (wie Anm. 1), S. 10.<br />
7 Roland DEIGENDESCH. Die Kartause Güterstein. Geschichte, geistiges Leben und personales<br />
Umfeld. Leinfelden, (2001), S. 217.<br />
8 Zu Johannes Münsinger (1426 – nach 1502), dem Leibarzt Eberhards und dem<br />
Berichterstatter über Eberhards Reise ins Heilige Land siehe: Eberhard im Bart und die Wallfahrt<br />
nach Jerusalem im späten Mittelalter. Hrsg. von Gerhard Faix und Folker Reichert. Stuttgart<br />
1998.