CIMA 63 Titel Inhalt
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ist, sind im Computus-Kapitel der II. Distinctio Textabschnitte unter Überschriften wie<br />
„De notitia aurei numeri qui ponitur iuxta dies kallendarii― oder „De notitia eclipsis<br />
solis et lune― oder „De notitia cicli 12 signorum et de ipsorum varietate per quattuor<br />
estates anni― enthalten, die auch entsprechend im Kalenderbuch formuliert sind, wie<br />
zum Beispiel …wie die zit gedeilt it vß zwolffen jn vier vnd iglichem vierteil dry monet<br />
als jn dier figuren gemalet it (Bl. 23r). Ebenso werden astromedizinische Fragen<br />
behandelt, wozu auch die Zeichnungen der Mikrokosmos-Figuren gehören. 53<br />
Auffällig ist selbst bei sehr oberflächlicher Betrachtung, daß anscheinend auch für den<br />
astronomisch/geomantischen Hauptteil weitere Elemente aus dem ‚Liber<br />
introductorius‘ übernommen worden sind, vielleicht sogar die heute allerdings recht<br />
unlogische, sogar als „chaotisch― charakterisierte Gesamtkonzeption eines<br />
Kompendiums. 54 Nicht zu verkennen ist andererseits, daß wesentliche Teile<br />
grundlegend verändert wurden insofern, als die mathematische Astronomie mit den<br />
zahlreichen Tabellen und Diagrammen astronomischer Berechnungen zurückgedrängt<br />
wurde, während die Geomantie in Tübingen Md 2 beherrschend wurde. Zwar werden<br />
auch bereits die geomantischen Figuren im ‚Liber introductorius‘ verzeichnet, ebenso<br />
wie ihre Verbindung zu den Tierkreiszeichen und Planeten, und auch eine kleine<br />
Tabelle mit den arabischen Namen der Mondstationen findet sich, aber die Geomantie<br />
mit ihren Figuren ist nicht als durchgehend strukturierendes System eingesetzt wie in<br />
Tübingen Md 2. Ganz offenkundig ging es bei der Übertragung in eine<br />
volkssprachliche Fassung 55 um eine bewußte Adaptation und Anpassung der Materie<br />
an eine veränderte Zeit und Situation, wobei die Texte teilweise stabil blieben, aber<br />
anders zusammengefügt wurden, während die Bilder für bestimmte Teile entweder an<br />
den Text fixiert zu einem sakrosankten Kanon gehörten, oder aus anderen, wohl<br />
hauptsächlich byzantinischen Überlieferungszusammenhängen übernommen und<br />
weiterentwickelt wurden, oder eigenständig für Tübingen Md 2 erfunden wurden.<br />
53 Es ist ein sehr bedauerlicher Umstand, daß der ‚Liber introductorius‘ niemals ediert wurde.<br />
Immerhin war es mir möglich, mit Hilfe eines Mikrofilms in der ältesten und gleichzeitig<br />
vollständigsten erhaltenen Abschrift des Werkes (München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm<br />
10268) stichprobenartig einige wenige Textstellen zu vergleichen, um festzustellen, daß<br />
zumindest einige Abschnitte mit ihren Überschriften und bestimmte formalisierte Reihungen und<br />
Formulierungen in Tübingen Md 2 entsprechen. Ansonsten bleibt für einfache<br />
Textuntersuchungen eben nur die Arbeit von Ulrike BAUER mit einer leider nicht vollständigen<br />
Liste der Incipits für die Abschnitte der drei Distinctionen. Für die hier zitierten Überschriften<br />
vgl. BAUER, 1983, S. 23 (LI fol. 67r-69r, = Tüb. Bl. 7r), S. 24 (LI fol. 99r, = Tüb. Bl. 10rv), S. 21<br />
(LI fol. 58v, = Tüb. Bl. 23r), S. 93f. (LI fol. 94v, = Tüb. Bl. 12v). – Lynn THORNDIKE, 1965, hat<br />
auf breiterer Handschriftenbasis thematisch ausgewählte lateinische Textstellen paraphrasiert. –<br />
Kurzbeschreibung Clm 10268: MÜTHERICH/SCHALLER, 1977, Bd. 1, S. 653-654, Nr. 818, Abb.<br />
611. – Zur Figur des Mikrokosmos s.a. Anm. 11.<br />
54 THORNDIKE, 1965, S. 6-7. – PALMER, 1992, Sp. 966.<br />
55 PALMER, 1992, Sp. 969 unterscheidet (vorläufig) fünf deutschsprachige Fassungen des<br />
Planeten- und Sternbilderkatalogs.