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CIMA 63 Titel Inhalt

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110<br />

Konzept einer engen Verbindung von Text und Bild – Bilder veranschaulichen den<br />

Text, Texte erklären und verdeutlichen die Bildkomposition, wie auch kompliziert<br />

wirkende Tabellen und Diagramme – bedingt eine Kooperation auf hohem Niveau<br />

mehrerer an der Herstellung der Handschrift Beteiligter. Tritt in vielen Textpassagen,<br />

auch schon im Kalenderbuch, ein anonym bleibendes, aber recht selbstbewußt<br />

wirkendes Gelehrten-Ich hervor, das charakterisiert ist durch profunde Kenntnis der<br />

„Kunst― der Astronomie und Geomantie und ihrer praktischen Ausübung, aber auch<br />

durch literarische Kenntnisse, die sich aus dem Zitat des ‚Buchs der sieben weisen<br />

Meister‘ ableiten lassen, <strong>63</strong> so steht ihm ein nicht weniger gelehrter und geübter Meister<br />

der Federzeichnungen gegenüber, dem ein reiches ikonographisches Repertoire zur<br />

Verfügung steht. Im Bild-Text-System des Kompendiums gliedern die kolorierten<br />

Federzeichnungen kleinteilig die komplexe Materie, betonen bestimmte Themen und<br />

haben mnemotechnische Funktion, genau wie Rubriken, Initialen oder astronomische<br />

Symbole, um den mit der Materie bereits Vertrauten wie in einem bebilderten<br />

Handbuch an die gesuchte Stelle zu leiten.<br />

Vielleicht kann die im Verlauf der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts – vielleicht sogar<br />

wesentlich früher – erfolgte Rezeption der lateinischen Überlieferung und die<br />

gleichzeitige Adaptation dieses im Sinn des Mittelalters komplexen Wissensgebietes in<br />

deutscher Sprache, wie auch im Bildmedium, als Gemeinschaftswerk einer Gruppe<br />

gelehrter Persönlichkeiten verstanden werden, von Theologen/Philosophen, Ärzten und<br />

Astronomen, die nach ihrem Studium – in Paris? in Wien? – als Berater in hohen<br />

Adelskreisen, Moralpädagogen und Lehr- und Schulmeister vor allem im süddeutschen<br />

Raum und im Umkreis eines intellektuellen Zentrums oder auch in Verbindung mit<br />

einer regen monastischen Gemeinschaft mit einer gut ausgestatteteten Bibliothek und<br />

angeschlossenem Scriptorium wirkten. Als Beweis für diese Annahme könnte gelten,<br />

daß Tübingen Md 2 eine ganz eigenständige und ungewöhnliche Bildfolge mit<br />

Darstellungen offenkundig zeitgenössischer Gelehrter enthält, die durch ihre Attribute<br />

als Arzt, Theologe/ Philosoph oder Geomant und Astronom bezeichnet sind, die aber<br />

trotz einiger Beischriften noch nicht alle identifiziert werden konnten.<br />

Im Kalenderbuch findet sich an zentraler Stelle das schon erwähnte Bildnis eines<br />

Arztes oder Apothekers Eyn meynter der latwergen, der wohl bewußt anonym bleiben<br />

soll (Bl. 22rb) und im Kapitel über die Geomantie das bereits beschriebene Bildnis<br />

eines ihrer gelehrten Hochmeister, bezeichnet auf einem Schriftband wellicher meiter<br />

die kunte hat von oben herabe dem 9 grat (Bl. 34vb). Der dritte der dargestellten<br />

Kalenderbuch-Gelehrten, der ein vor sich auf dem Lesepult liegendes aufgeschlagenes<br />

<strong>63</strong> Zu der Rubrik Von der frauwen Caepia ein keierin zu rome wart ge=macht eyn buch von<br />

7 wien meitern jn den frijen kunten die wolt ie alle betriegen vnd den keyer der hatte eynen<br />

one der wart ir meiter myt kunten des getyrnes (Bl.314va) vgl. das Incipit im Heidelberger<br />

Cod.Pal.germ.149, Hagenau, um 1450, zu dem Buch „das da sagt von dem Kaiser Pontianus und<br />

von seiner Frauen, der Kaiserin, und von seinem Sohne, dem jungen Herren Dyocletianus, wie er<br />

den henken wollte, und ihn sieben Meister erlösten alle Tage, jeglicher mit seinem Spruch―. Zit.<br />

nach E.MITTLER/W.WERNER. Mit der Zeit. Die Kurfürsten von der Pfalz und die Heidelberger<br />

Handschriften der Bibliotheca Palatina. Wiesbaden 1986, S. 92, Nr. 18.

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