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CIMA 63 Titel Inhalt

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des „Bild- und Textredaktors― gehörte, der, von dem klassischen Paar ‚lerneifriger,<br />

wissbegieriger König‘ (Ptolemäus) und ‚gelehrter Berater‘ (Pythagoras) ausgehend, die<br />

historische Linie verlängerte über die ihm wahrscheinlich bekannte Beziehung<br />

zwischen Kaiser Friedrich II. und dem Hofastrologen und Berater Michael Scotus und<br />

antizipierend weiterführte zu seiner eigenen gegenwärtigen Situation, denn das gelehrte<br />

Bild- und Text-Werk für das gemeinsame Studium legte er in Tübingen Md 2 vor. Eher<br />

unwahrscheinlich ist es, daß sich hinter dem großen Lehrervorbild nun der recht<br />

bescheiden wirkende und heute völlig unbekannte Meister Joseph versteckt. Wer aber<br />

könnte sein hochrangiges, wenn auch nur in schmeichelnd erhöhender Absicht so<br />

imposant dargestelltes Gegenüber sein? Ist damit gleichzeitig der Auftraggeber,<br />

Empfänger und Besitzer des Kompendiums gemeint, oder eine diesem nahestehende<br />

Person? Das Bild ist wohl eine eigenständige Zutat nur dieser aufwendig gestalteten<br />

Handschrift, jedenfalls ist ein Vorbild nicht bekannt, und es dürfte nicht ohne Grund an<br />

so prominenter Stelle erscheinen.<br />

Vermutlich ist es wieder nur eine zufällige Namensgleichheit zum Doctor dietheric(us)<br />

de gottinge(n), wenn unter dem Tierkreiszeichen Stier ein wohl durchaus<br />

realitätsbezogenes Bild einen vornehmen jungen Mann zeigt, der in untertäniger<br />

Haltung mit Federbarett in der linken und Schlüsselbund in der rechten Hand auf einem<br />

Grasflecken steht mit einem Schriftband diderich hus knecht. Die Figur wird links<br />

gerahmt von einem Schriftband Ich bins gedingt vmb groen lon / darumb muß ich<br />

orgen vnd fruw vff tan (Bl. 66vb). Weist das Dienstverhältnis und der Name (wenn es<br />

eine Genetiv-Konstruktion wäre) vielleicht auf den herrschaftlichen Besitzer der<br />

Handschrift hin? Die Ungewissheit hinsichtlich des Besitzers ließe sich wohl klären,<br />

wenn es gelänge, die heraldische Beziehung des Wappenensembles auf Bl. 13v zu<br />

deuten, da sich daraus ableiten ließe, für welche hochrangige Persönlichkeit diese<br />

bedeutende Handschrift bestimmt war. 72<br />

Es ist vielleicht ganz nützlich, sich die konkreten Voraussetzungen für die Entstehung<br />

der einmaligen Handschrift Tübingen Md 2, die ein überlieferungsgeschichtlich<br />

vielfältiges Werk enthält, bewußt zu machen. Viele Faktoren wären gründlich zu<br />

bedenken, einiges soll und kann nur stichwortartig angedeutet werden. An der<br />

Herstellung dieser Handschrift dürften außer den Übersetzern/Bearbeitern der<br />

Werkteile mitgewirkt haben:<br />

— ein aus eigenem Antrieb oder im Auftrag handelnder Gelehrter und „Herausgeber―,<br />

der die Autorität, die Kenntnis der Tradition und Übersicht der Materie, die<br />

Verbindungen zu klerikalen und gelehrten Kreisen und die praktischen<br />

Möglichkeiten hatte, ein Konzept für das Gesamtwerk zu entwerfen, der<br />

bestimmte, welche inhaltlichen Teile in das Kompendium aufzunehmen waren<br />

bzw. die Vorlage(n) für Texte und Bilder beschaffte oder Zugang dazu hatte, und<br />

der über erhebliche Ressourcen verfügte, z.B. für die Papierbeschaffung in großer<br />

Menge, oder der mit einem potenten Auftraggeber zusammenarbeitete, um sein<br />

72 Für die Hilfe bei der heraldischen Beschreibung danke ich Herrn Prof. Dr. Dr.<br />

Heydenreuter, Bayer. Hauptstaatsarchiv München.

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