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CIMA 63 Titel Inhalt

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lateinischen Tradition hinreichend angedeutet, ohne daß diese Fragen hier weiter<br />

verfolgt werden könnten.<br />

Welche Position Tübingen Md 2 innerhalb der deutschsprachigen astronomischastrologischen<br />

literarischen Überlieferung einnimmt, wäre überhaupt erst nach<br />

gründlichen Textvergleichen zu bestimmen, Untersuchungen, die bisher vollkommen<br />

fehlen. Denn trotz wörtlicher Übereinstimmungen ist nicht einfach anzunehmen,<br />

Tübingen Md 2 überliefere mit diesen Texten, die nachweislich zwischen 1405 und<br />

1445 entstanden sind, eine direkte Übersetzung nach lateinischen Quellen. Dieser<br />

Annahme widerspricht schon allein die Anzahl illustrierter astronomisch-astrologischer<br />

Handschriften mit anscheinend sehr ähnlichen, sogar wörtlich gleichen Text- und auch<br />

Bildüberlieferungen. 59 Schon die Jahreszahl 1445 findet sich nicht nur in der bereits<br />

häufig zitierten Berliner Handschrift, sondern auch in einer in Passau „1445 per me<br />

Conradum Rösner de francia orientali― geschriebenen, illustrierten Handschrift; 60<br />

ebenso müßte die Zuordnung des Kalenderbuchs in die Gruppe der bisher bekannten 45<br />

Handschriften der Fassung A geklärt werden, um danach beurteilen zu können, ob<br />

Tübingen Md 2 nicht sogar eine erheblich später entstandene Abschrift einer bereits<br />

früher vollständig vorhandenen Vorlage ist. 61<br />

So eindeutig die Tradition der Bildüberlieferung für die Planeten- und Sternbilder zu<br />

sein scheint, so müssen außer den erwähnten doch noch weitere lateinische<br />

(byzantinische) aber auch deutsche Überlieferungsträger vorgelegen haben, ohne deren<br />

Kenntnis die Bilder nicht auszuführen gewesen wären. 62 Denn entweder fehlt im ‚Liber<br />

introductorius‘ zu den Textabschnitten die bildliche Darstellung, oder es sind nur<br />

einfache Strichzeichnungen, während Tübingen Md 2 bildmäßig reich ausgestaltet ist,<br />

was ohne direkte Vorlagen und Kenntnis der Tradition nicht denkbar ist. Dies gilt für<br />

die zwölfstrahlige Windrose mit lateinischen und deutschen Bezeichnungen (Bl. 13v),<br />

den Laßmann, die ‚Sphäre des Pythagoras‘, den Zodiakus (Bl. 43r) oder die getrennten<br />

Darstellungen des südlichen und nördlichen Sternenhimmels (Bl. 323). Das unter<br />

Beachtung der weitgehend sakrosankten Tradition systematisch verfolgte didaktische<br />

59 Vgl. das Incipit in: Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod.III, 1 4° 1, Bl. 15v-22v: „Nu sall<br />

ich etwas schriben von natur vnd aigenschaft der 12 zaichen…― , zit. nach Brévart, 1995/96,<br />

Anm. 88, mit der Formel in der Tübinger Handschrift Bl. 52rb Nu wil ich etwas chriben von<br />

nature vnd eigentchafft der zwolff zeichen…, oder Bl. 53va wan eyn knabe wirt geborn jn dem<br />

monet vnd der zit so die onne jn den wieder get…, in der Pariser Handschrift „Wirt eyn knabe<br />

geboren So die sonne gat In dem wieder…―.<br />

60 KAUTZSCH, 1897. KATALOG, 1991, Bd. 1, S. 412, 11.4.25 (Kassel, GHS-Bibliothek–<br />

Landesbibliothek u. Murhardtsche Bibl., 2°Ms.astron.1. – Blumes Annahme gewinnt an<br />

Wahrscheinlichkeit, daß im süddeutschen Raum ein Exemplar zirkulierte, das auch mehr oder<br />

minder teilweise als Vorlage diente (BLUME, 2000, S. 1<strong>63</strong>).<br />

61 s. BRINKHUS ‚Beschreibung der Handschrift…‘ mit der Datierung nach 1470 auf Grund der<br />

Wasserzeichen. In der jüngeren Forschung wurde nach stilistischen Kriterien die Entstehungszeit<br />

der Handschrift um die Mitte des 15. Jahrhunderts angesetzt (KATALOG, 1991, Bd. 1, S. 460);<br />

HAUBER, 1916, war noch von einer Entstehung 1404 ausgegangen.<br />

62 Zur spätmittelalterlichen Vermischung orientalischer und europäischer Tradition der<br />

Sternbilder s. SAXL/MEIER, 1953, Bd. 1 (Introduction), p. XLV-LI. – EUW, 1989.

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