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CIMA 63 Titel Inhalt

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112<br />

Tierkreiszeichen Schütze, studierter Astronom, Ordensgeistlicher und Lehrer.<br />

Allerdings scheint es sich auch hier um einen bisher völlig unbekannt gebliebenen<br />

Gelehrten zu handeln. 66<br />

Das letzte dieser Gelehrtenbilder, das vermutlich Johannes von Gmunden zeigt, wurde<br />

bereits beschrieben (Bl. 322rb).<br />

Das Bildmedium dient der Beglaubigung des Textes durch das bildliche Zitat<br />

anerkannter Autoritäten der Zeit. Auffällig gewandelt hat sich das Symbol des Buches:<br />

es ist nicht mehr die Heilige Schrift, die inspiriert aufgezeichnet und abgeschrieben,<br />

studiert und gelehrt wird, sondern ein wissenschaftliches Werk, das nach exakter<br />

Beobachtung der natürlichen Welt durch gelehrte, weise gewordene Menschen<br />

entstand. Bei dieser Bildergalerie scheint es sich ikonographisch nicht um den Typ des<br />

traditionellen Autoren- oder Schreiberbildes zu handeln, sondern dieser<br />

Darstellungstyp ist vermutlich aus dem Motiv des lehrenden Christus mit dem Buch<br />

des Gesetzes entwickelt worden. Die Gelehrten sind an die Stelle Christi getreten, das<br />

neue Buch von der aus göttlicher Weisheit geschaffenen kosmischen Ordnung, deren<br />

Teile die sichtbaren Gestirne und der vernunftbegabte Mensch sind, hat die Heilige<br />

Schrift ersetzt. Die bildliche Darstellung bringt das neuzeitliche Selbstverständnis der<br />

Gelehrten zum Ausdruck. Viel deutlicher als der Text es aussagt wird das<br />

Gelehrtenbild zum Symbol für den Umbruch des mittelalterlichen Denkens in der Zeit<br />

der Frührenaissance. 67<br />

Indirekt erschlossen wurde, daß zu einer solchen Gelehrtengruppe möglicherweise<br />

Johannes Münzinger, Magister und Leiter der Schulen in Ulm, für den lateinischen<br />

Kalender, und sein als studens in Ulm bezeichneter Schüler Johannes Wissbier von<br />

Gmünd (am Traunsee) für die deutsche Version gehört haben könnten. 68 In einer<br />

späten Quelle wird der Name Johannes Hartlieb aus Neuburg a.d. Donau, 69 der 1440<br />

herzoglicher Leibarzt Albrechts III. wurde, mit Mondwahrsagetexten in Verbindung<br />

gebracht; oder auch der Ulmer Arzt Johannes Münsinger (1426 - nach 1502), Leibarzt<br />

Graf Eberhards V., wurde in Betracht gezogen. 70 Erwähnt werden soll hier der<br />

Vollständigkeit halber Konrad von Megenberg (1309-1374, Leiter der Regensburger<br />

Domschule seit 1349/50), der nicht nur Johannes de Sacroboscos ‚Sphaera mundi‘ in<br />

einer deutschen Bearbeitung verantwortete, sondern auch die große Naturenzyklopädie<br />

‚De natura rerum‘ des Thomas de Cantimpré (um 1201 - um 1270) übersetzte und<br />

bearbeitete, die ihre größte Verbreitung zwischen 1430 und 1460 fand. Die letzten<br />

sechs Kapitel des ersten Teils handeln u.a. von Empfängnis und Geburt des Menschen<br />

66 Nicht nachweisbar in: Lexikon des Mittelalters, Verfasserlexikon, Thorndike/Kibre, Incipit<br />

Verzeichnis, Biographischer Index, Zinner, Verzeichnis der astronomischen Handschriften,<br />

Thorndike, History of magic…, Duhem, Système du monde. lt. freundlich erteilter brieflicher<br />

Auskunft von Prof. Dr. Uta Lindgren, Bayreuth, vom 4.10.2004.<br />

67 Zur Entwicklung und zum Typ des Gelehrtenbildes s. LENHARDT, 1983, S. 181.<br />

68 S. oben Anm. 5.<br />

69 HAUBER, 1916, S. 249. – Zu Johannes Hartlieb s. FÜRBETH, 1992, S. 50-52.<br />

70 Zu Johannes Münsinger s. BRINKHUS, Beschreibung der Handschrift…‘.

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