CIMA 63 Titel Inhalt
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Buch studiert und in der rechten erhobenen Hand einen Quadranten hält, der so einen<br />
Ausschnitt des Sternenhimmels in der linken oberen Bildecke tangiert, während auf<br />
einem Stuhl darunter ein Stundenglas steht, ist dem Text zufolge der philoophus huß<br />
(Bl. 36va). 64 Im historischen Kontext dieser Handschrift erscheint das bildliche Zitat<br />
des am 6. Juli 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannten Jan Hus, der 1409/1410 auch<br />
Rektor der Prager Universität war, bemerkenswert.<br />
Im Teil II folgt im Abschnitt des Tierkreiszeichens Zwilling das Bild eines Mannes, der<br />
auf einem Wiesengrund steht mit einem Astrolab in der erhobenen linken Hand und<br />
einem Codex, dessen aufgeschlagene Seiten ‚geomantische Spiegel‘ zeigen in der<br />
rechten. Das Spruchband über der Figur bezeichnet ihn als meiter Joseph (Bl. 75ra). In<br />
der Nachschrift zum Abschnitt über die Planetenhäuser begegnet der Name noch<br />
einmal: Als die alten meiter jn der werlet vnd ich Josep… auch dicke befunden habe<br />
Als hieuor gemalet tet von beeronge dier lere mercket man mere vnd it nit<br />
verge=zenha[? unleserlich] Als leen will fat ge=ubet yn das die bildunge balde<br />
geehen(?) hat(?) (Bl. 321vb, Fehlstelle), und es ist vermutet worden, daß die beiden<br />
(Schul-?)Meister Joseph identisch sind und sich hinter diesem Namen die<br />
Persönlichkeit findet, die maßgeblich an diesem Kompendium mitgearbeitet hat. 65 Wer<br />
allerdings dieser gelehrte Astronom sein könnte, der es wagte, sich mit klassischen<br />
Autoritäten wie zum Beispiel dem im Bild vorgestellten Pythagoras (Bl. 273v) in eine<br />
Reihe zu stellen, ist ungeklärt geblieben, was sehr erstaunlich ist, weil die Konzeption<br />
des Werkes nicht nur außerordentlich gute Kenntnisse der gesamten lateinischen<br />
astronomisch-geomantischen Text- und Bildüberlieferung voraussetzt, sondern auch<br />
zeitgenössische Bedürfnisse berücksichtigt, was man eigentlich nur einem längst<br />
namhaft gewordenen Gelehrten zutrauen kann.<br />
Ein weiteres Bild im Abschnitt des Tierkreiszeichens Schütze zeigt unter der Sternfigur<br />
des Weges einen Geistlichen mit einem Quadranten in der linken Hand, er steht vor<br />
einem schwenkbaren Lesepult mit einem Codex, dessen aufgeschlagene Seiten wieder<br />
‚geomantische Spiegel‘ zeigen; rechts über der Figur steht im Schriftband Doctor<br />
dietheric(us) de gottinge(n), gemeint ist Göttingen bei Langenau/Württ. (Bl. 116vb).<br />
Mit einem hellgrauen Gewand und Sandalen bekleidet könnte ein Dominikaner<br />
dargestellt sein. Der begleitende Textabschnitt erklärt genau die Bedeutungen, die an<br />
dieser Stelle Das Nunde huß hat: …betudet fremde kunt die man uß dem mae vnd<br />
zirckel pliget zu wircken Auch zauberij Alchemy… Vnd it eyn huß der geitlicheit vnd<br />
betudet geitliche lude vnd die heilge Chritlich kirche… vnd lude die ander lude<br />
lerent… . Text und Bild stimmen wieder vollkommen überein und bezeichnen die<br />
wesentlichen Eigenschaften des Doctor dietheric(us): geboren unter dem<br />
64 HAUBER, 1916, S. 10 u. 249.<br />
65 HAUBER, 1916, S. 9 u. 214: mit Hinweis auf einen bei Albertus Magnus in seinem ‚De<br />
mineralibus‘ genannten Joseph. – Eventuell gehört zu diesem Gelehrten-Ich auch die Datierung<br />
…nach dem als ich mich vertan zu dier zit 1445… (Bl. 286ra). – Wenn Blume allerdings<br />
definitiv die Tübinger Handschrift als ―Ein kalendarisches Hausbuch aus Ulm‖ von ―Meister<br />
Joseph aus Ulm‖ bezeichnet, ist das in keiner Weise gerechtfertigt. BLUME, 2000, S. 172-176,<br />
Abb. 219.